Ehemaliges C&A-Gebäude am Kapellplatz

Verzögerung beim Abriss: Geschäfte in Luzerner Altstadt leiden

Stück für Stück verschwindet das alte C&A-Gebäude hinter dem Fritschibrunnen.

(Bild: jwy)

Mit Hochdruck «knabbert» sich der Bagger durch das frühere C&A-Gebäude am Kapellplatz. Weil die Arbeiten im Verzug sind, jetzt auch am Samstag. Die Geschäfte klagen derweil über ausbleibende Kunden. Doch der Abbruch verträgt keinen Aufschub, auch wegen eines anstehenden Grossanlasses.

Wenn die Altstadt am offenen Herzen operiert wird, zieht das viele Schaulustige an. Touristinnen knipsen, wie der Bagger Abbruchschutt in eine Mulde schaufelt. Baustellen-Spotter stehen minutenlang neben dem Fritschibrunnen und verfolgen Staub, Dreck und Lärm. Nur die Geschäftetreibenden rund um den Kapellplatz finden die Baustelle weniger faszinierend – sie leiden unter der Situation, wie ein Besuch bei Betroffenen zeigt. «Schlimm» oder «grauenhaft», erhält man als Antwort, wenn man nach dem Befinden fragt.

Etwa im «Queen Camellia Tea House», das einen Laden sowie einen Team Room direkt an der Baustelle betreibt. Lärm und Dreck vertragen sich schlecht mit einer Tasse Tee in entspannter Atmosphäre. Karin Fölmi schaut besorgt, wenn sie daran denkt, dass die Baustelle noch über ein Jahr andauert. In den beiden Lokalen fehlt vor allem die Laufkundschaft, seit grosse Absperrungen vor der Tür stehen. Immerhin die Stammkunden halten die Treue, trotzdem nennt sie eine Umsatzeinbusse von 19 Prozent.

Ruhe bewahren und Tee trinken ist hier gerade etwas schwierig.

Ruhe bewahren und Tee trinken ist hier gerade etwas schwierig.

(Bild: jwy)

«Mühsam ist vor allem, dass die Gasse teilweise komplett gesperrt wurde», sagt sie. Informiert wurde sie im Vorfeld nicht. Sie dokumentiert die Situation laufend und leitet dies dem Hausbesitzer weiter. «Ich hoffe, dass wir zumindest eine Mietzinsreduktion kriegen», sagt sie, denn die Geschäfte in der Altstadt würden ohnehin schon leiden. Sonst werde es schwierig, die Einbusse wieder aufzuholen.

Weil die Bauarbeiten im Rückstand sind, wird momentan auch samstags abgerissen. «Das war der einzige Tag, an dem wir Hoffnung auf Ruhe hatten», sagt Fölmi. Sie bangt nun dem Ende der gröbsten Arbeiten entgegen: «Natürlich freuen wir uns auf das schöne Gebäude, das kommt», sagt sie bemüht positiv und lacht.

Viel mehr putzen

Dem alten Haus von 1962, das früher die ABM, später lange den C&A beheimatete, trauert kaum einer nach. Seit Juli steht es leer, seit Ende August wird es von einem riesigen Bagger Stück für Stück dem Erdboden gleichgemacht. Weil es in der dichtbebauten Altstadt steht, müssen die Arbeiter behutsam vorgehen. Um Staub zu vermeiden, wird Wasser auf das Objekt gespritzt. Noch bis Ende Oktober soll der Abriss dauern.

Etwas weiter oben in der Hans-Holbein-Gasse betreibt Ralf Schaub seine Goldschmiede. Trotz Lärm hockt er konzentriert hinter seinen Werkzeugen. Auch für ihn ist die Situation schwierig, das Geschäft ist rückläufig und er muss viel mehr putzen. «Ich habe mich natürlich auf die Baustelle vorbereitet», sagt er und lässt sich die gute Laune nicht verderben. «Es ist nicht ganz so schlimm wie befürchtet.» Die Verantwortlichen würden das so gut wie möglich machen, ist er überzeugt. «Alle geben sich Mühe und ich hoffe einfach, dass es schnell vorbeigeht.»

Auch Goldschmied Ralf Schaub hofft, dass es neben seinem Geschäft bald wieder ruhiger wird.

Auch Goldschmied Ralf Schaub hofft, dass es neben seinem Geschäft bald wieder ruhiger wird.

(Bild: jwy)

Dass Schaub die Situation etwas weniger dramatisch schildert, hat auch damit zu tun, dass sich ausbleibende Kunden nicht so direkt bemerkbar machen wie etwa im Tea House. Zwar sei auch sein Geschäft «volatil und launig», aber ausbleibende Buchungen würden sich womöglich erst in ein paar Monaten in den Büchern niederschlagen, vermutet er.

Auch Ralf Schaub hätte sich eine aktivere Information des Bauherrn gewünscht. «Schliesslich haben sie eine Bringschuld», sagt er, bleibt aber optimistisch: «Es kommen auch extra Leute, welche die Baustelle anschauen.» Zudem sei es jetzt viel heller, jetzt, da das Nachbarhaus verschwindet.

Rückstand aufholen

Auch bei anderen Geschäften in der Nachbarschaft zur Grossbaustelle tönt es ähnlich, jedoch wollen sie nicht mit Namen hinstehen. Viele dokumentieren die Bautätigkeiten und Schwierigkeiten und klagen über ausbleibende Laufkunden.

Bauleiter Florian Achermann vom Luzerner Architekturrealisationsbüro WeberWaber sagt, dass die Abbrucharbeiten im Grossen und Ganzen gut laufen. «Der Bagger knabbert sich Stück für Stück durch den ausbetonierten Stahl-Skelettbau», beschreibt er die Situation. «Die Geräusche können wir nicht beeinflussen, aber gegen den Rest gehen wir so gut wie möglich vor.» Etwa mit Wasser gegen den Baustaub. Dieser ist zwar lästig, aber Achermann versichert: Sämtlicher Asbest wurde schon vorgängig komplett entfernt.

Touristen müssen wegen den Asperrungen Umwege in Kauf nehmen.

Touristen müssen wegen den Asperrungen Umwege in Kauf nehmen.

(Bild: jwy)

Druck wegen des Marathons

Er bestätigt, dass die Arbeiten etwas im Rückstand sind – wie viel genau, will er nicht verraten. «Die Abbrucharbeiten dauern noch drei bis vier Wochen», sagt er, dann folgen kleinere Arbeiten wie Teilausbrüche, Anpassungen und diverse Grabarbeiten. Ziel sei, dass im November die Hochbau-Arbeiten starten, ursprünglich war von Oktober die Rede.

Ob Reklamationen aus der Nachbarschaft die Verzögerungen verursachten, will er nicht sagen. Aber die Arbeiten gestalten sich in der engen Altstadt ohnehin kompliziert genug. Jeden Morgen bis 10 Uhr finden in der Altstadt Anlieferungen der Geschäfte statt und die Sicherheit der Passanten muss immer gewährleistet sein. Zudem war der Bagger wegen eines Brandfalls in Altdorf eine Woche weg, nun ist Aufholen angesagt. «Zum Glück ist das Wetter so gut», sagt er.

Achermann bestätigt, dass nun sechs Tage die Woche gearbeitet wird. «Das ist nötig, weil wir eine Deadline haben», sagt er. Diese ist am 28. Oktober, wenn der Lucerne Marathon über den Kapellplatz führt und dort die grösseren Absperrungen und Container bis dann aus dem Weg sein müssen, damit die Läufer freie Bahn haben.

Augen zu und durch

Auch bei der Besitzerin des Grundstücks, der Immobilienfirma Newport in Zug, ist man mit den Arbeiten zufrieden. «Der Abbruch läuft grundsätzlich gut und wir sind im Zeitplan», sagt der Zuständige Jérôme Lutz. Man wolle den Abbruch «so schnell wie möglich» hinter sich bringen, «darum arbeiten wir mit Hochdruck», so Lutz.

Gleichzeitig gehe man so sanft wie möglich vor. Wie gelingt dieser Spagat? «Man kann es nicht allen recht machen zu diesem Zeitpunkt», gibt Lutz zu. Darum sei man um Austausch und gute Kommunikation bemüht. «Wir tauschen uns regelmässig aus und sind auch Mitglied in der IG Kapellplatz», so Lutz.

Und so soll es dereinst auf dem Kapellplatz aussehen.

Und so soll es dereinst auf dem Kapellplatz aussehen.

(Bild: Visualisierung Newport)

Dass es keine Einsprachen gegen das Projekt gab, bestätigt für ihn: «Alle möchten das alte Gebäude möglichst schnell weghaben. Wenn der Abbruch schnell vorüber ist, ist das gut für alle.»

Über die künftigen Mieter kann Lutz derzeit noch nichts verraten, die Verträge seien noch nicht unterschrieben – in den nächsten Monaten werde dies der Fall sein. Was man weiss: Im UG, Erdgeschoss und 1. OG soll es Ladenflächen geben, in den drei Stockwerken darüber Wohnungen. Ende 2019 soll das neue Gebäude bezugsbereit sein.

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