Selbstversuch am Zug Sports Festival

Mit Blob oder Baumstamm: Sport ist Mord in Zug

Fliegen wie ein Vogel: Blobber in Aktion.

(Bild: mam)

Zwei Tage lang kann man am Zuger Seeufer irre Sportarten ausprobieren. Wir wollten Rebounding betreiben und haben uns bis zum Wingsuit-Fliegen durchgekämpft – und dabei 10 Erkenntnisse gewonnen.

Einst gab’s in Zug das Boardstock-Festival. Dort konnte man Skatern und Bikern dabei zusehen, wie sie am Quai in den See hinaussprangen. Nun heisst der Anlass Zug Sports, hat sich auf einen Kilometer Uferzone ausgedehnt und bietet den Besuchern viele Möglichkeiten, sich selber ins Wasser zu katapultieren. Oder an Land irgendeiner seltsamen Sportart nachzugehen.

1. Nicht alles, was englisch ist, bezeichnet eine Trendsportart

Wir interessieren uns fürs Rebounding. Das klingt cool und neu und ist auch für die Ü30-Generation geeignet. Nun, eigentlich ist es ein Seniorensport und wird vermutlich deshalb frühmorgens ausgeübt, wie wir feststellen. Als wir uns am Samstag Mittag zum Stand der Pro Senectute in der Nähe des Hechtplatzes begeben, ist das Mini-Trampolin, auf dem man beim Rebounding trabt, während man sich an einem Geländer festhält, bereits verschwunden. Statt Rollator-Fitness wird nun Pétanque gespielt.

Als Trost erhalten wir am Stand der Schweizerischen Krebshilfe unser erstes Gratis-Müsterchen – einen Smoothie mit Fenchel oder Cicorino-Rosso-Salat. Beides schmeckt überraschend gut.

Patric Stalder vom Tauchclub Zug.

Patric Stalder vom Tauchclub Zug.

(Bild: mam)

2. Warten ist das halbe Leben – auch beim Sport

Beim Zug Sports Festival werden die Sportarten zielgruppengerecht präsentiert. Im Westen gibt’s das Trendige für jüngere Leute, im Osten finden Bodenständige und Ältere etwas für ihren Geschmack.

Seltsamerweise beschliesst der Stand fürs Bogenschiessen das Festival – und dort, bei den Sportsfreunden von Red Fox Zug, versuchen wir nun unser Glück. Und machen eine wichtige Erfahrung für den restlichen Tag: Bevor man etwas ausprobieren kann, muss man anstehen. Warten verschlingt beim Zug Sports Festival die meiste Zeit von allen Aktivitäten.

Anschliessend jagen wir ein paar Pfeile in die Mitte der Scheibe. Diese würde auf die vier, fünf Meter auch ein Blinder treffen – vielleicht ist der Stand deswegen noch hinter der Pro Senectute platziert worden.

 

3. Es gibt einen Sport für Autonome und Chaoten

Nun ab zum Rund des  Schwingerverbands auf dem Landsgemeindeplatz. Weil nächstes Jahr das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Zug stattfindet, wollen wir selber ins Sägemehl steigen und unsere Skills aus der Jugendzeit aufpolieren. Doch beim angekündigten Workshop wird nicht geschwungen – nein, Steinstossen steht auf dem Programm. Auch gut – es macht sicher Spass, einen gewaltigen Felsbrocken möglichst weit durch die Gegend zu werfen.

Steinstossen mit Pflastersteinen.

Steinstossen mit Pflastersteinen.

(Bild: mam)

Überraschend: Statt einen Teil des Gebirges werfen die Workshop-Teilnehmer Pflastersteine. Und es kommt auch nicht auf die grösste Weite an, sondern darauf, mit zwei Würfen genau auf zehn Meter zu kommen. Das würde sich ideal als Breitensport eignen und als Trainingssportart für Autonome und Chaoten, die sich auf die nächste unbewilligte Demo vorbereiten.

Das Publikumsinteresse ist wiederum beachtlich – nicht nur, weil es hier Gratiskarten fürs «Eidgenössische» zu gewinnen gibt.

4. Wingsuit-Fliegen kann total ungefährlich sein

Vor dem Zuger Regierungsgebäude treffen wir auf einen Wingsuit-Flieger. An einer Kleiderstange aufgereiht hängen Fledermaus-Kostüme, in die die Besucher reinschlüpfen können. Bei 25 Grad Aussentemperatur hält sich die Nachfrage in Grenzen.

Eine lange Schlange hat sich indes vor einer Liege gebildet, auf der man mittels Kamerabrille einen Wingsuit-Flug nacherleben kann. Während man virtuell aus dem Helikopter hüpft und dann entlang des Mittellegigrates über die hochwinterlichen Alpen fliegt, bläst ein Ventilatur ein Lüftchen ins Gesicht – und simuliert den Flugwind.

Beim nächsten Stand machen wir einen Wettbewerb, um einen Tandem-Fallschirmflug zu gewinnen, und hoffen auf unser Losglück.

Sport Stacking.

Sport Stacking.

(Bild: mam)

5. Was erst wie Betrug aussieht, ist hochseriös

Mittlerweile haben sich abschreckend lange Warteschlangen gebildet – vor dem Golf-Stand, dem Tauch-Stand oder der Tyrolienne (einer gigantischer Tarzanschaukel). Das lassen wir deshalb alles aus und begegnen dem Zuger Stadtrat Urs Raschle, der Passanten zu einer Töggeli-Challenge einlädt. Unser Interesse gilt indes einem Stand, an dem Leute mit Bechern hantieren und der von Ferne an das Hütchenspiel erinnert, welches gemeinhin zum Trickbetrug eingesetzt wird.

Von Nahem ist es der Stand des TSV Concordia Baar, der die Disziplin des Sport Stackings vorstellt. Becher in Formationen stapeln und schnell wieder abräumen – ein Geschicklichkeitssport, bei dem der Weltmeister erst 19-jährig ist, aber auch schon bald zum Alteisen gehört. Dennoch: eine interessante Abwechslung.

6. Sport ist Mord

Schon beim Schwingverband hat der Hinweis, dass eine Beteiligung am Schwingen auf eigenes gesundheitliches Risiko hin erfolge, aufrüttelnd gewirkt. Doch bei der Baumstamm-Challenge braucht’s keine Hinweise, um die Besucher abzuschrecken. Es gilt, mit einem Mountainbike über einen gekrümmten und leicht abgeplatteten Baumstamm zu fahren und ein Schwimmfloss zu erreichen. Wer das Gleichgewicht verliert, purzelt in den See. Es ist der einzige Stand, an dem absolut keine Warteschlange besteht. Dennoch: Wir lassen ihn aus. Zu sehr klingt Churchills Bonmot «Sport ist Mord» im Ohr.

Nachwuchsschwinger auf dem Landsgemeindeplatz in Zug.

Nachwuchsschwinger auf dem Landsgemeindeplatz in Zug.

(Bild: mam)

7. Blobben ist lustig –  vor allem zum Zuschauen

In der Katastrophenbucht befindet sich die «Wasser-, Fun- und Blobzone». Beim Stand-up-Paddle-Yoga treten sich die Interessenten gegenseitig auf die Füsse. Gleich daneben lernen wir einen unbekannten Sport kennen, der alljährlich eines der Highlights des Festivals darstellt. Blob heisst er. Er besteht darin, dass man sich auf ein riesiges Luftkissen legt und dann bis zu zehn Meter hoch oder weit in den See katapultiert wird, weil zwei Leute von einem Turm aus aufs selbe Luftkissen gesprungen sind.

Zum Zuschauen sieht es sehr lustig aus. Für die Teilnehmer kann es mutmasslich schmerzhaft werden. Jedenfalls legt dies eine Verzichtserklärung nahe, die man beim Anbieter – einem Paintballveranstalter – unterzeichnen muss, bevor man sich mit Helm, Neoprenanzug und Schwimmweste für den Blob rüstet. Weil wir unser Testament noch nicht gemacht haben, sparen wir uns die Erfahrung fürs nächste Mal auf.

8. Beim Wort Challenge sollte man misstrauisch werden

Beim Schwimmverein Baar finden wir wieder ein Angebot, das auf unsere Fähigkeiten zugeschnitten ist: Nein, nicht der Aquafit-Workshop, sondern die Schwimm-Challenge reizt uns. Ein bisschen in der Katastrophenbucht rumcrawlen und den Blobbern aus der Nähe bei ihrem Salto mortale zusehen kann nicht schaden.

Den Blobber katapultiert es in den See.

Den Blobber katapultiert es in den See.

(Bild: mam)

Wir hätten diese Challenge auch ohne Zweifel gewonnen und uns ein halbes Jahr Gratis-Eintritt ins Hallenbad Lättich gesichert – wenn sie nur über 25 Meter gegangen wäre. Dummerweise haben die Schwimmer ein paar Hindernisse auf dem Parcours eingebaut – das Wort Challenge hätte uns misstrauisch machen sollen. Am Wendepunkt der Schwimmstrecke liegt eine aufblasbare Sprossenwand im Wasser.

Die Sprossen, über die man irgendwie kriechen sollte, türmen sich so hoch wie Felsen und erweisen sich für Hobby-Sportler im Funktionärsalter als unüberwindbare Hindernisse. Elegant tauchen wir darunter hinweg – vergeben so allerdings auch die letzte Chance auf den Gratis-Eintritt ins Hallenbad. Resigniert vernehmen wir, dass ein 16-jähriger Nachwuchsschwimmer des SV Baar den Parcours mühelos in eineinhalb Minuten absolviert hat.

9. Fürs Selbstvertrauen darf man auf billige Tricks zurückgreifen

Rache ist süss, denken wir und und begeben uns zum Stand des Tennisclubs Zug. Hier schlagen wir zwei Fliegen mit einem Klaps: Erstens verbessern wir unsere eigene Beziehung zum bestgehassten Sport, dem Tennis. Und zweitens weisen wir die junge Generation nun in ihre Schranken. Beim Aufschlag kann man dort nämlich die Geschwindigkeit messen, mit der man den Ball ins Netz drischt. Ein Dreikäsehoch, der zum ersten Mal den Tennisschläger in der Hand hält, bringt es auf 46 Stundenkilometer. Unsere 100 sind zwar auch nicht gerade berauschend, aber verbessern auf einfache Weise unser angeschlagenes Selbstvertrauen.

10. Am Sonntag gibt es eine zweite Chance

Nun eilen wir an der Hüpfburg und dem Laufrad-Rennen für Kids entlang zur Siehbach-Wiese. Dort finden wir den lokalen American-Football-Club, die Midland Bouncers, die mit vielen Übungen und der ganzen martialischen Ausstattung zahlreiche Kinder und Jugendliche in den Bann schlagen.

Maori-Look beim Rugby-Club Zug.

Maori-Look beim Rugby-Club Zug.

(Bild: screenshot)

Daneben liegt unser eigentliches Ziel, der Stand des Zuger Sportvereins mit dem unbestreitbar coolsten Logo der Region – des Rugby-Clubs Zug. Jedenfalls hatten sie bis vor kurzem das tollste Wappen, bis sie ihr Maori-Emblem gegen ein langweiliges Stierenbild austauschten.

Wie auch immer: Wir sind grimmig entschlossen, nach dem ganzen Pipapo und Weicheiersalat einen Sport für wahre Männer auszuüben, und würden beim Vollkontakt-Rugby jede Verzichtserklärung auf die eigene Gesundheit unterschreiben. Nur ist der Workshop eben zu Ende gegangen. Wir werden deshalb auf Sonntag vertröstet, wenn das Zug Sports Festival in seine zweite Runde geht und die ganzen Vereine der Umgebung ihre Sportarten nochmals vorstellen.

Beachten Sie unsere Fotostrecke zum Zug Sports Festival 2018!

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