Selbstversuch auf der Yogamatte

Faszien lösen – und dabei die Cellulite bekämpfen?

Sorgt für ein Comeback der Faszien: Fábia Zutt, Inhaberin und Yogalehrerin im «Studio Fayo».

(Bild: Sara Furrer)

Hatha Yoga, Nacktyoga, Bieryoga – Yoga ist in. Aber wer hat da noch den Durchblick? zentralplus testet in einer Serie ausgefallene Yogaarten. Nun setzen wir uns im «Studio Fayo» im Luzerner Tribschen auf die Matte – darum bemüht, der Cellulite den Kampf anzusagen. Ob’s was gebracht hat?

Tiefenentspannt, gelöst, erleichtert und zufrieden. Leicht wie ein Blatt. Ein Kribbeln durchfährt den gesamten Körper. Man hat das Gefühl, das Innerste seines Körpers zu spüren. Sind es womöglich die Faszien (siehe Box)? Das Wohlbefinden steigert sich, mit jeder Übung und jedem Atemzug.

Durch das offene Fenster hört man das Stadtleben. Vögel zwitschern, Autos brummen. Dennoch hat man das Gefühl, weit weg zu sein. Weg vom Alltagstrubel und all der Hektik.

Wir befinden uns im «Studio Fayo» im Tribschenquartier in Luzern. Direkt auf der Matte führt Fábia Zutt, Inhaberin des Studios und Yoga-Lehrerin, durch den Yoga-Flow – darum bemüht, die Faszien von uns Yogis zu lockern und zu beleben, um für deren Comeback zu sorgen.

Yoga ist im Trend – so hat zentralplus in einer losen Serie bereits Nacktyoga ausprobiert (zentralplus berichtete), Bieryoga (zentralplus berichtete) sowie Guerillayoga (zentralplus berichtete). Jetzt setzt sich zentralplus beim Workshop zum Thema Faszien auf die Matte.

Kopf aus, Herz- und Bauchgefühl an

«Lasst all eurer Gedanken weiterziehen – all das, was euch in diesem Moment beschäftigt», sagt die Kursleiterin. Ihre Stimme wirkt beruhigend. Die Beine zittern, allmählich sammelt sich ein zarter Schweissfilm auf der Stirn des einen oder anderen Yogis.

Über die Faszien

Was sind Faszien überhaupt? Und was haben ein Tennisarm und Cellulite gemeinsam? Auslöser von beidem können verklebte Faszien sein. Im ersten Teil des Workshops erfahren die Kursteilnehmenden von Sportarzt Roman Gähwiler aus medizinischer Sicht, wie wichtig Faszien für die Gesundheit sind. «Die menschlichen Faszien, das Bindegewebe, umhüllen ausnahmslos jeden Muskel, jeden Knochen, jedes Organ und selbst unsere Nerven», erklärt Roman Gähwiler. Wie ein feiner, netzartiger Strumpf – eine Art Spinnennetz – vernetzen sie so unseren ganzen Körper und halten ihn zusammen.

Aufgabe der Faszien ist es – salopp gesagt –, neben dem Zusammenhalt des Körpers, ihn elastisch und geschmeidig zu halten, sodass die Muskeln und Gelenke schmerzlos funktionieren können. «Ein Muskel ist nicht nur einfach ein ‹Rohr›», erklärt Roman Gähwiler. «Sondern er besteht aus vielen einzelnen Muskelsträngen, die gegeneinander gleiten müssen.» Faszien sorgen unter anderem dafür, dass Gelenke und Bandscheiben in ihrer Form bleiben, und sie schützen Muskeln vor Verletzungen. Wenn wir uns zu wenig bewegen, verkleben und verfilzen sie. Viele Verspannungen, Schmerzsyndrome oder gar Weichteilrheuma und Cellulite lassen sich auf verfilzte Faszien zurückführen.

Ein Schielen nach links und rechts zeigt, dass die meisten von ihnen geübt sind, die Übungen mühelos meistern und leicht den Weg in die Stellungen finden. Und genau wissen, wie und wo die Hand, wo der Fuss und wo das Bein zu positionieren sind. Wann man geräuschvoll ein- und auszuatmen hat.

Mit der Zeit sind die Gedanken nicht mehr so fordernd. Genug gedacht – Zeit, den Körper zu fühlen und mit jeder Faser wahrzunehmen. Und die Faszien, die unseren Körper wie ein Spinnennetz von innen zusammenhalten.

Das Gefühl, ein Teig zu sein

Durch das Praktizieren von Yogaübungen, auch Asanas genannt, lassen sich Körperschichten verschieben. Die Faszien werden vorsichtig angeregt.

Direkt im Stehen beginnen wir mit den Asanas. Zuerst sind die Füsse an der Reihe. Wie selbstverständlich es doch ist, auf zwei Füssen durchs Leben zu laufen. Und wie speziell, wenn man auf einmal achtsam die Ferse hebt.

Um die Faszien in den Füssen anzuregen, stellen wir ein Bein auf dem Boden ab, mit der Fusssohle des anderen Beins steigen wir auf eine quer zum Fusssohlenverlauf gelegte Rolle. Mit leichtem Druck rollen wir die Fusssohle von der Ferse bis zu den Zehen. Kippt man den Fuss auf die Innen- oder Aussenseite, werden die seitlich verlaufenden Faszien zusätzlich angeregt.

Nachdem der erste Fuss bearbeitet wurde, schliessen die Yogis ihre Augen. Und erstaunt stellt man die Unterschiede der trainierten und untrainierten Körperseite fest. Die eine ist vollkommen gelockert und gelöst. Man empfindet das Gefühl, auf wabbeligen Beinen zu stehen. Die andere Seite fühlt sich angespannt an.

Von der schlängelnden Kobra zum Katzenbuckel

Für rund 40 Minuten stellen wir uns auf die Matte und arbeiten uns durch von einer Yogaposition zur nächsten. Von der Kobra geht’s in die «Cat-Cow-Pose». Man begibt sich auf alle viere in die Tischposition, macht abwechselnd einen runden Rücken – was in der Tat wie ein Katzenbuckel aussieht –, um darauf wieder ein Hohlkreuz zu machen. Wiederholt man dies, entspannen sich dabei der Nacken und der Rücken.

Plötzlich taucht ein Gefühl auf, etwas, das man so noch nie gespürt hat. «Von der Zehenspitze bis zur Stirn», sagt Fábia Zutt. «Je mehr Diversität der Bewegungen man entdeckt, desto mehr löst man sich auch.»

Immer wieder pendeln wir uns ein, finden zurück in die Stille – und so in die eigene goldene Mitte. Und mit der Zeit hat man wirklich das Gefühl, den Blick ins Innere der Körpers zu lenken, zu spüren, wie sich die Faszien bewegen und gleiten – vielleicht gar, wie sie sich lösen?

Nach dem Yoga-Flow fühle ich mich tiefenentspannt. Die Beine wackeln, mein ganzer Körper fühlt sich durchgeknetet an. Selten habe ich mich so ausgeglichen und gelöst gefühlt. Unbeschwert und leicht verlasse ich das Yogastudio.

Doch das Gefühl ist von kurzer Dauer und nach einer durchzechten Tanznacht verschwunden. Auch die Cellulite ist noch da. Aber dafür muss man sich wohl tatsächlich regelmässig auf die Matte schwingen, um den Kampf gegen Cellulite und Angespanntheit oder Ausgelaugtheit angehen zu können. Gut getan hat’s allemal. Und die Lust geweckt, sich wieder und wieder auf die Matte zu setzen, um sich wieder «teigig» zu fühlen.

Die Matten für die Yogis stehen bereit.

Die Matten für die Yogis stehen bereit.

(Bild: zvg)

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