Grünen-Politiker irritiert über Zuger Regierung

«Die Kanti als Privatschule – das kann nicht sein»

Der Steinhauser Kantonsrat Andreas Hürlimann (ALG) will auf dem Zuger Bahnnetz vorwärtsmachen.

(Bild: zvg)

Die Digitalisierung an den Zuger Schulen löst einen Kostenschub für Eltern von schulpflichtigen Kindern aus. Und auch an der Kantonsschule müssen Eltern viele Extras übernehmen. ALG-Kantonsrat Andreas Hürlimann sieht nun die Chancengleichheit im Bildungssystem in Gefahr.

«Im Kanton Zug geht die Regierung einfach davon aus, dass sich alle Leute alles leisten können», sagt Andreas Hürlimann aus Steinhausen. «Dass dem nicht so ist, ist leider eine Tatsache.» Der grün-alternative Kantonsrat, der im Herbst zur Wahl in die Zuger Regierung antritt, übt harsche Kritik an ebendieser Regierung.

Diese hat in einer Antwort auf Interpellationen der ALG-Fraktion und der beiden CVP-Politikerinnen Anna Bieri und Laura Dittli ihre Sichtweise der Zuger Bildungspolitik ausgebreitet und dargelegt, wie im Kanton Zug Eltern für Extrakosten während der obligatorischen Schulzeit zur Kasse gebeten werden (zentralplus berichtete).

Computer ist kein Bleistiftspitzer

Einerseits stösst sich Hürlimann an der Begründung, warum die Eltern bei der Anschaffung von Computern in gemeindlichen Real- und Sekundarschulen mitbezahlen sollen. Die Zuger Regierung stützt sich nämlich auf eine Verordnung aus dem Jahr 1992, die besagt, dass persönliches Schul- und Gebrauchsmaterial Sache der Erziehungsberechtigten sei.

«Der Kanton respektive die Gemeinden müssen die Kosten tragen.»

Andreas Hürlimann, ALG-Kantonsrat, Steinhausen

«Das stimmt, wenn’s um den Schulrucksack, Turnschuhe, Bleistifte oder den Radiergummi geht», sagt Hürlimann. Jedoch habe 1992 die Erlangung von Medienkompetenz noch nicht im Pflichtenheft der Schulen gestanden, wie es nun der Lehrplan 21 vorsieht. Also habe man unter persönlichem Gebrauchsmaterial auch nicht die Anschaffung von teuren Geräten verstanden, so Hürlimann – für die ausserdem noch Reparaturkosten entstehen könnten, die in vielen Gemeinden wiederum bei den Eltern hängen bleiben.

Tablet wird so alltäglich wie ein Buch

Wenn der Kanton Zug wegen dem Lehrplan 21 eine Strategie der Digitalisierung an den gemeindlichen Schulen und am Untergymnasium der Kantonsschule festlegt, so Hürlimann, «dann bin ich der Meinung, dass der Kanton respektive die Gemeinden auch die Kosten dafür tragen müssen».

Für den Steinhauser sind Tablet-Computer mit anderen Lehrmitteln vergleichbar. «Früher oder später wird ein Tablet ein ähnlicher Gebrauchsgegenstand im Unterricht werden wie ein Buch», glaubt Hürlimann. Ausserdem werde es in Zukunft möglich sein, die Lehrmittel auf die Tablets zu laden. «Dann werden es auch keine Bücher mehr sein, die vom Kanton heute kostenlos an die Schüler abgegeben werden.»

Gerade für die jungen Museumsbesucher ist der interaktive Rundgang mit Tablet und App gleich viel attraktiver.

Tablets, wie hier im Luzerner Bourbaki-Panorama, werden auch in Zuger Schulen flächendeckend zum Einsatz kommen.

(Bild: Bild: Natalie Boo/AURA)

Via Sekundarschule zur Matura

Was Hürlimann aber so richtig auf die Palme bringt, ist die magistrale Sichtweise des Untergymnasiums an der Kantonsschule. Bekanntlich hat das Bundesgericht Anfang Jahr entschieden, dass der obligatorische Schulbesuch unentgeltlich zu sein hat und Eltern bei Exkursionen und Schulreisen nur Kosten bezahlen müssen, die sie durch die Abwesenheit des Kindes einsparen – also 10 bis 16 Franken für Verpflegung (zentralplus berichtete).

Nun fallen an der Kanti in Zug aber mehr Kosten für die Eltern an. Die Zuger Regierung versteift sich darauf, dass das Untergymnasium nicht zum Schulobligatorium zählt, selbst wenn die Schüler dort ihre obligatorische Schulzeit absolvieren. Mit Verweis auf ein Bundesgerichtsurteil will sie unentgeltlichen Unterricht nur an der Primarschule und an Real- und Sekundarschulen garantiert wissen. Es sei zumutbar, bis zum 9. Schuljahr die Sek zu besuchen und dann ans Kurzzeitgymnasium zu wechseln, um die Matura zu machen.

«Irritiert mich gewaltig»

«Das irritiert mich gewaltig», sagt Andreas Hürlimann. «Soll der Kanton doch gleich das Langzeitgymnasium abschaffen, wenn er im Bericht behauptet, dass die Sekundarschule für alle zumutbar ist und keine Schülerinnen und Schüler benachteiligt!»

Durch die Sichtweise des Regierungsrats erhalte die Kantonsschule Zug den Charakter einer Privatschule. Die Kanti werde zur «Elitenschule» und nur noch für Schüler von Eltern, die finanzstark genug sind. «Wollen wir wirklich eine kantonale Privatschule betreiben?», fragt Hürlimann rhetorisch. Das könne doch nicht das Ziel sein.

Keine Not schaffen

Zu den Unterstützungsmöglichkeiten, die bei den Gemeinden und den Kantonsschulen für knapp kalkulierende Eltern bestehen, meint Hürlimann: Ja, solche Fonds gebe es zum Teil durchaus. Nur falle es den Eltern oft schwer, sich zu outen oder um Unterstützung zu bitten, da sie ihre persönliche Situation eher für sich behalten möchten. «Sie sparen sich noch mehr vom Alltag und der Druck steigt dadurch noch mehr.» Eine Entwicklung, die Hürlimann durch die Überwälzung von Schulkosten auf die Eltern nicht weiter gefördert sehen will.

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