Luzerner Reform stösst auf Widerstand

Reiche Gemeinden lehnen sich gegen Kanton auf

Sechs Gemeindevertreter wehren sich gegen die Reformpläne des Kantons. Von links: Hans-Peter Hürlimann (Meggen), Esther Pfrunder (Weggis), Franziska Bitzi Staub (Stadt Luzern), Ignaz Peter (Schenkon), Michael Widmer (Sursee) und Michael Gisler (Mauensee).

(Bild: les)

Der Kanton Luzern plant eine grosse Reform. Darin werden die Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden neu geregelt – auch was die Finanzierung betrifft. Nun wehren sich sechs Gemeinden. Sie fühlen sich abgezockt. Und tatsächlich – eine ursprünglich vorgesehene rote Linie wird in einem Fall um Faktor 15 überschritten.

Die kantonale Aufgaben- und Finanzreform 2018 (AFR18) will die Aufgaben von Kanton und Gemeinden sowie deren Finanzierung neu regeln. Am 3. Mai 2018 veröffentlichte der Kanton Luzern das Massnahmenpaket, das in Zusammenarbeit mit dem Verband Luzerner Gemeinden (VLG) zustande kam (zentralplus berichtete).

Einer der Bestandteile im AFR18-Paket ist der neue Kostenteiler von 50:50 für die Volksschule. Weil der Kanton sich dadurch stärker an den Bildungskosten beteiligen müsste, macht dies eine Gegenfinanzierung von 160 Millionen Franken notwendig. Der VLG hat jedoch rote Linien für die Reform abgesteckt. So darf die maximale Mehrbelastung der Gemeinden von 5 Millionen Franken oder von maximal 60 Franken pro Einwohner pro Jahr nicht überschritten werden.

Der aktuelle Entwurf des Kantons sieht jedoch eine Mehrbelastung von 20 Millionen Franken für die Gemeinden vor. Pro Kopf am stärksten betroffen wäre Meggen. Die Gemeinde würde pro Einwohner nicht um 60 Franken mehrbelastet, sondern um 888 Franken.

 

Jetzt regt sich Widerstand

Die Gemeinden Luzern, Mauensee, Meggen, Schenkon, Sursee und Weggis wehren sich gegen die Reform und machten ihre Argumente diesen Montag an einer Medienorientierung publik. Sie gehören mehrheitlich zu jenen neun Gemeinden, die durch die AFR18 insgesamt mit 36 Millionen Franken pro Jahr stärker belastet würden. Die Pro-Kopf-Belastung liegt bei diesen Gemeinden zwischen 90 (Mauensee) und eben 888 Franken (Meggen). Insgesamt 17 Gemeinden tragen 92,4 Prozent der Gesamtbelastung durch die anvisierte Aufgaben- und Finanzreform.

Der neue Kostenteiler bei der Volksschule führe mit der vorgeschlagenen Gegenfinanzierung zu «neuen, systemwidrigen, massiven Verzerrungen» bei der finanziellen Beteiligung der Gemeinden, so die sechs Gemeinden. Eine ausgewogene Kostenbeteiligung von Kanton und Gemeinden sowie eine Neuregelung der Mitsprache müsse losgelöst von AFR18 gefunden werden, erläuterte die Stadtluzerner Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub. «Die Mehrbelastung der ressourcen- und wirtschaftsstarken Gemeinden führt zu negativen Effekten, die Auswirkungen auf den gesamten Kanton haben werden.»

  1. Verlust an Finanzkraft und Gefährdung des «kantonalen Wirtschaftsmotors» 

  2. Gefährdung der Solidarität unter den Gemeinden 

  3. Rückschritt im nationalen Standortwettbewerb 

  4. Die langfristigen Auswirkungen machen letztlich alle Gemeinden zu Verlierern 

Abgespeckte Version gefordert


Die sechs Gemeinden schlagen vor, dass der Kanton eine Reform mit einer «AFR light» und einem «Finanzausgleich light» angeht und dabei die Steuergesetzreform 2020 berücksichtigt. Dabei gelte es die Gesamtsicht der Entwicklungen zu betrachten. Die verstärkte Mitwirkung und Mitbestimmung der Gemeinden bei den Volksschulthemen müsse sichergestellt werden, so die Forderung. Schliesslich erwarten die sechs Gemeinden, dass der Kanton die Gemeinden im Zuge der Steuervorlage 17 hälftig an der Erhöhung des Kantonsanteils bei den Bundessteuern beteiligt. 


 

Immer wieder präsentieren die Gemeinden gute Rechnungsabschlüsse. Und gerade die reichen Gemeinden wie Meggen oder Schenkon müssten eigentlich nicht klagen. Doch der Finanzvorsteher von Sursee, Michael Wiedmer, lässt das nicht gelten. «Die guten Rechnungsabschlüsse kommen mehrheitlich durch Einmaleffekte zustande – etwa durch Landverkäufe.» Meggens Finanzvorsteher Hans-Peter Hürlimann lässt durchblicken, dass wohl auch eine Belastung über 60 Franken pro Einwohner möglich wäre. «Wir sind nicht stur, aber aktuell wird diese Zahl um Faktor 15 überschritten – das geht nicht.»

Gutachten kritisiert Eingriff in Gemeindeautonomie

Die Stadt Luzern stört sich an der Idee des Regierungsrates, den Gemeinden einen Steuerfussabtausch zu verordnen: Die Gemeinden hätten für das Jahr 2020 ihren Gemeindesteuerfuss zu senken, damit der Kanton im gleichen Jahr seinen Steuerfuss erhöhen könnte.

Diese angestrebte Anordnung verletzt ihres Erachtens die Gemeindeautonomie. Daher beauftragte sie Professor Andreas Glaser (Universität Zürich und Direktor des Zentrums für Demokratie in Aarau), ein Gutachten zu verfassen. Der Steuerfussabtausch «begegnet im Licht der Gemeindeautonomie schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken», heisst es darin.

Kaum Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen

Die Vorlage der Regierung ist erst ein Zwischenschritt. Sie erhofft sich aus den Vernehmlassungsantworten neue Informationen, um die definitive Version auszuarbeiten. Doch zu dieser können sich die Gemeinden anschliessend nicht mehr äussern. «Ein grosses Problem», waren sich die Referenten unisono einig. «Die Probleme müssen vorparlamentarisch gelöst werden», erklärte Franziska Bitzi Staub.

In den Grundzügen wird die Reform ja unterstützt. Die Regierung plant ein obligatorisches Volksreferendum. Wie sich die Gemeinden dort verhalten würden, ist noch unklar. «Wenn die Reform scheitert, nützt das niemandem etwas», kommentierte Bitzi Staub.

Die Weggiser Finanzvorsteherin, Esther Pfrunder, legt die Argumente dar. Man ist mit den Plänen des Kantons nicht einverstanden.

Die Weggiser Finanzvorsteherin, Esther Pfrunder, legt die Argumente dar. Man ist mit den Plänen des Kantons nicht einverstanden.

(Bild: les)

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