Das sagt der Killer von Emmenbrücke zu seiner Tat

«Führt die Todesstrafe ein – bindet mich an einen elektrischen Stuhl»

Der bestialische Mord in Emmenbrücke liess 2012 weit über die Kantonsgrenze aufhorchen. Nun stand die Gerichtsverhandlung an.

(Bild: giw)

«Es gibt keinen Grund, einen anderen Menschen umzubringen. Heute denke ich dasselbe.» Dies sagte am Donnerstag ein 39-jähriger Serbe, der sich vor Gericht für seine bestialische Bluttat von 2011 in Emmenbrücke verantworten musste. Für sich selbst forderte er dabei die Todesstrafe. 

«Führen Sie in der Schweiz die Todesstrafe ein. Man muss kurzen Prozess mit Mördern machen – obwohl ich selbst einer bin.» Dies sagt der heute 39-jähriger Mörder, der in der Nacht vom 13. November 2011 in Emmenbrücke den Mitbewohner seiner Freundin umgebracht hat (zentralplus berichtete). Acht Schüsse feuerte er auf den nigerianischen Asylbewerber ab. Nachdem dieser stark röchelnd zur Überraschung des Killers noch lebte, drückte ihm der Täter ein Kissen aufs Gesicht – bis zum letzten Atemzug.

«Bindet mich in zwei Wochen an einen elektrischen Stuhl», forderte der Killer am Donnerstag vor dem Luzerner Kriminalgericht. Ihn durchzufüttern, sei sinnlos. «Es gibt keinen Grund, einen anderen Menschen umzubringen. Heute denke ich dasselbe», so seine Worte.

Er ist ein kleiner, zierlicher Mann. Er hat braune Augen, umgeben von dichten Wimpern und dunklen Augenringen. Ganz in Schwarz gekleidet – wie an seiner eigenen Beerdigung – erscheint er im Gerichtssaal. Mit einem perfekt sitzenden Sakko, schwarzen Levis-Jeans und schwarzen, schweren Stiefeln. Gelassen sitzt er auf seinem Stuhl, kräuselt ab und zu seine Lippen. Rückt immer näher an das Richtergremium, damit der Schwerhörige auch besser hört.

Sprechen, prügeln, schiessen?

Vor den prüfenden Blicken der Luzerner Richter versucht er, die Tat zu erklären, der Mord sei so nicht geplant gewesen. Er habe nicht die Wohnung des Opfers aufgesucht, um dessen Leben ein Ende zu setzen. Vielmehr sei er da hin, um das Gespräch zu suchen, den Mitbewohner seiner Freundin aufzufordern, die Wohnung zu verlassen.

Der Killer ging zuvor eine Beziehung mit der kokainabhängigen Jasmina* ein. In ihrer Wohnung beherbergte sie einen abgewiesenen nigerianischen Asylbewerber, der im Drogenhandel tätig war. Er gab Jasmina das Koks, diese schlief mit ihm. Ein Deal der besonderen Sorte.

Nach Rückfragen der Richter widerlegt der Angeklagte seine Behauptung von zuvor. «Mit einem Dealer, einem Zuhälter setzt man sich nicht an einen Tisch, um mit ihm zu sprechen.» Er habe zwei seiner stämmigen Kollegen mitgenommen, um das Opfer förmlich aus der Wohnung zu prügeln.

Den geladenen Revolver habe er bei sich getragen, weil er das jeweils so handhabte. «Wenn ich nach Luzern ging, hatte ich immer einen geladenen Revolver dabei», meint er gelassen. Eine andere Exfreundin von ihm habe Suizid begangen. Deren Vater, der in Luzern wohne, machte ihn dafür verantwortlich und wolle deshalb an ihm Rache nehmen. Deshalb sei er in Luzern nie ohne geladene Pistole unterwegs gewesen.

«Breit und voll»

«Völlig breit und voll» sei er in Emmenbrücke angekommen, als sie die Wohnung betraten. «Ich war nervös und angespannt. Man geht nicht jeden Tag …», er verhaspelt sich, fängt sich wieder. «Man verprügelt ja nicht jeden Tag jemand anderen», so der gebürtige Serbe, dem eine Persönlichkeitsstörung attestiert wurde.

Zur Prügelei kam es jedoch nie. Bald zog er seinen geladenen Revolver aus dem Hosenbund, schob sie dem Opfer in den Mund. Er spannte den Hahn und liess gleichzeitig seinen Finger am Abzug. Als der erste Schuss fiel, sei er völlig überrascht gewesen. «Ein fataler Fehler.»

Er sei schockiert gewesen, dass der Schuss auch tatsächlich losging. Als Waffenliebhaber, der aus Spass auch mal aus dem Fenster oder im Wald um sich schoss, wusste er, dass sich das Abzugsgewicht des Revolvers verringert, sobald er den Abzugshahn der geladenen Waffe zog. Es braucht dann – nach Angaben des Killers – «gaaanz, ganz wenig» bis ein Schuss fällt. Und genau das passierte auch.

Angst, dass sich das angeschossene Opfer wehrt

«Erst nach dem ersten Schuss bin ich wach geworden», so der Killer. «Doch dann war es bereits zu spät.» Er habe sich in einem «schlechten Albtraum» befunden, zeigt ein schiefes Lächeln, gibt ein «Ha-Ha» von sich. «Nein, eigentlich ist es wirklich nicht lustig gewesen.»

«Er rief mir zu: ‹You wanna kill me? So come and kill me, kill me!›»

Der Killer von Emmenbrücke

Die ersten Schüsse töten nicht, stattdessen sei das Opfer blutüberströmt aufgestanden. «Er rief mir zu: ‹You wanna kill me? So come and kill me, kill me!›»

Und der Killer erzählt, wie er die Trommel seines Revolvers leer feuerte. Er habe Angst gehabt, dass sich das Opfer – das Blut spuckte, Höllenqualen erlitt und mit dem Tod rang – sich zur Wehr setzen könnte. «Nach acht Schüssen?», fragt die Kriminalrichterin prompt, die Fassungslosigkeit steht ihr ins Gesicht geschrieben. «Wissen Sie, ich schiesse ja nicht jeden Tag auf Menschen», lautet die banale Aussage. Das Opfer «habe vielleicht so getan, als ob», um den Killer zu täuschen, ihn dann aus dem Nichts anzugreifen.

Absurde Rechtfertigungen

Immer wieder betont der Killer, dass der Mord im Affekt, im Schockzustand geschehen sei. «Bei einem geplanten Mord hätte ich eine Maske und Handschuhe getragen. Zudem wäre es nicht clever gewesen, zwei Kollegen mitzubringen, die mir beim Mord zusehen – das sieht man ja nur in einem schlechten Film.» Und er fügt an: «So behämmert bin ich ja nun doch wieder nicht.»

«Dann hätte ich da zwei Schüsse abgefeuert, dann wäre das so erledigt gewesen.»

Der Killer von Emmenbrücke

Bei einem geplanten Mord hätte er viel eher seine Freundin beauftragt, das Opfer nach draussen zu lotsen. «Dann hätte ich da zwei Schüsse abgefeuert, dann wäre das so erledigt gewesen.» Und der Killer versucht weiter, sich mit völlig absurden Rechtfertigungen zu verteidigen. So auch ein Termin seiner Freundin, der am Tag nach der Bluttat anstand: «Ich bringe doch nicht jemanden um, um am anderen Tag meine Freundin zum Zahnarzt zu begleiten.»

Kaltblütig, herzlos, ohne einen wirklichen Anschein von Reue

Die Tatmotive des Killers sind laut Staatsanwaltschaft von niederen Belangen. So etwa das Tatmotiv der Eifersucht. Dem Killer missfiel es, dass seine Freundin auf den Strich ging und ihrem Mitbewohner Sex für Drogen anbot.

«Der Beschuldigte hat das Opfer in eine Ecke gestellt, um es dort regelrecht zu exekutieren.»

Der Staatsanwalt

Wie die Staatsanwaltschaft betont, sei der Killer von Kaltblütigkeit und Gefühllosigkeit getrieben. Das Vorgehen sei aussergewöhnlich skrupellos und grausam. «Der Beschuldigte hat das Opfer in eine Ecke gestellt, um es dort regelrecht zu exekutieren», so der Staatsanwalt.

Der Beschuldigte bestritt, von Geldgier getrieben gewesen zu sein. Denn das Opfer führte in der Wohnung seine Drogengeschäfte, lagerte das Kokain und das Geld. «Nein, wir sind doch nicht solche Jungs», meint der 39-jährige Angeklagte auf die Frage, ob er auch an den Drogen interessiert gewesen sei. «Wir haben unser eigenes Geld und unser eigenes Koks.»

Seine Freundin habe sich mehrmals bei ihm ausgeweint. Sie meinte, dass sie aus diesem Drogensumpf ausbrechen wolle, so nicht überleben würde. Und da der Mitbewohner seine Freundin mit dem Stoff versorgte, musste er aus dem Weg geschaffen werden. Um jeden Preis. In seinen Augen sei das Opfer auch «kein lieber Typ gewesen», wenn er andere mit Drogen versorge. Die Ironie dahinter: Der Mörder selbst dealte in Serbien während Jahren mit Heroin. In der Schweiz soll er auch in Kokainhandel involviert gewesen sein.

Urteil erfolgt am Freitag

«Er ist ein wildgewordener Revolverheld, passenderweise betitelte er sich selbst als John Wayne», plädiert der Staatsanwalt. Er fordert 18 Jahre Freiheitsstrafe unter Anrechnung des vorzeitigen Strafvollzugs.

Das letzte Wort hat der Mörder. Es vergehe kein Tag, an dem er nicht bereue, was er getan habe. Doch er könne nun mal nicht rückgängig machen, was geschehen ist. «Es wäre nicht nötig gewesen, dass ich hier stehe. Es tut mir für alle leid.» Mit einem «Merci» beendet er von seiner Seite die Verhandlung. Und schlendert gelassen an seinen Platz zurück.

Am Freitagmorgen erfolgt die mündliche Urteilseröffnung.

* Zum Schutz der Betroffenen wurden die Namen geändert. Es handelt sich um zufällig gewählte Vornamen.

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