Frauen gaben am Donnerstag auf Sonnenberg Ton an

B-Sides: das Klassentreffen der Luzerner Kultur

Kunst-Installateur Christof Bühler (links) mit Roger Schaffner (Mitte) und Manuel Mahler.

(Bild: pze)

Das B-Sides 2018 ist eröffnet. Am Donnerstag traf sich das Who’s who der Luzerner Kultur auf dem Sonnenberg zu Gesprächen und Konzerten. Der Abend stand im Zeichen der Female Artists. Nachdem es im letzten Jahr eine hoffnungsvolle Botschaft war, die das Luzerner Festival sandte, ist es in diesem Jahr eine politische.

Das riesige, hölzerne Windrad in der Mitte des Platzes dreht sich gemächlich. Nach den Stürmen der letzten Tage erfreut sich das Gebilde zusammen mit den ersten Besuchern über die seltene Barmherzigkeit des Luzerner Wetters. Wer hätte dies am Mittwoch gedacht? Trocken, ja warm war der Auftakt des B-Sides 2018.

Der Donnerstag war die Chance für Kurzentschlossene, das B-Sides in diesem Jahr zu besuchen. Für den Eröffnungstag gab es noch Tickets, der Rest des Wochenendes ist einmal mehr restlos ausverkauft. Das B-Sides zahlt es mit einer aufwendigen Dekoration zurück (zentralplus berichtete).

Ein «Kuchenfestival»

Doch der Donnerstag ist nicht mehr der «Geheimtipp», der er einmal war. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass der erste Festivaltag oft der entspannteste ist. «So viele bekannte Menschen, ich komme aus dem Umarmen nicht mehr raus», lacht eine Zuschauerin, als sie eine Gruppe Menschen begrüsst. So ist das auf dem Sonnenberg: Es ist das Klassentreffen der Luzerner Kultur. Ein «Kuchenfest» nennt es Bühnenbildner, Regisseur und Hansdampf in allen Gassen Christof Bühler, der an der diesjährigen Kunstinstallation mitgearbeitet hat.

Die mobile Bar war unterwegs.

Die mobile Bar war unterwegs.

(Bild: pze)

Eine Schlammschlacht sei der Aufbau gewesen in diesem Jahr. Der Regen liess die Helfer des B-Sides leiden. Knietief sanken sie in den Boden des Sonnenbergs ein, erzählt Bühler, ein Paar Turnschuhe taten ihre letzten Schritte, bevor die Sohle im Morast stecken blieb und er plötzlich in Socken dastand. Dazu kam ein, glücklicherweise glimpflich ausgegangener, Fahrradunfall in der letzten Kurve der nassen Strasse hinab nach Kriens. «Nur ein Blechschaden», resümiert Bühler mit einem Lachen. Blut, Schweiss und Schuhsohlen – alles im Sinne der Kunst und für das Luzerner Hausfestival.

B-Sides 2018: ein politisches Statement

Das B-Sides programmierte in diesem Jahr – erneut – mit einem sorgfältigen Konzept. Auf den letztjährigen Wunsch nach Hoffnung folgen in diesem Jahr konsequenterweise Taten. Auch deshalb steht bei gut der Hälfte der Bands mindestens eine Frau auf der Bühne (zentralplus berichtete). Am Donnerstag war diese Quote sogar noch höher. Sämtliche Acts, ausser der für die Afterparty verantwortliche DJ U.R.S.N und die Abschlussband Siselabonga, waren mit weiblicher Beteiligung. Dies darf durchaus als politisches Statement des Festivals gesehen werden.

Doch nicht nur programmiert wurde mit Frauen. Das B-Sides gibt sich selbst einen vermittelnden Auftrag. Im Rahmen des Projekts «Empowerment Day» spazierten am Donnerstag 15 wichtige Leute aus der Schweizer Musikindustrie mit je einer Künstlerin auf den Sonnenberg. Das B-Sides tut, was es seit Jahren gut kann: die Kulturszene vernetzen.

Auch Andreas Ryser, Präsident des Verbands unabhängiger Schweizer Musiklabels «Indie Suisse», war mit dabei. Eine «coole Sache», sagt er. Und die Musikerinnen überzeugen Ryser: «Ich bin sehr zufrieden mit den Konzerten.»

Andreas Ryser, Präsident von Indie Suisse.

Andreas Ryser, Präsident von «Indie Suisse».

(Bild: pze)

Ein vielseitiges Musikprogramm 

Nach der Eröffnung durch die Luzerner Lokalmatadorinnen Pink Spider, vor sitzendem B-Sides-Publikum, und Jon Hood, spielte die Musikerin Evelinn Trouble auf der Hauptbühne. Langsam füllte sich der Sonnenberg mit Zuschauern, die Energie der Sängerin wollte aber nur langsam auf das eintrudelnde Publikum übergehen.

Bei der nächsten Combo war das anders: Ester Poly, zwei Frauen aus Chur und Genf und eine Mischung aus Jazz und Punk, teilweise fast Rap, mit singender Schlagzeugerin – eine kraftvolle Mischung, welche die beiden Musikerinnen Martina Berther und Béatrice Graf auf die Bühne brachten.

«Wir waren relativ viel am Schwatzen, was man ja nicht tun sollte.»

Bettina, Zuschauerin

Es folgte die Headlinerin: Yasmine Hamdan begann ihr Konzert hinten auf der grossen Bühne. Die ersten Songs sang sie neben dem Schlagzeug. Erst im Verlaufe des Konzerts taute sie auf und mit ihr die Musik. Die Lieder wurden lauter, Hamdan begann zu tanzen und riss das Publikum mit. Die letzten Songs waren dann, wie eine Headlinerin auf der grossen Bühne sein muss: kraftvoll und so laut, dass die Gespräche zumindest vor der Bühne langsam verstummten.

«Wir waren relativ viel am Schwatzen, was man ja nicht tun sollte», sagte Zuschauerin Bettina. Sie und ihre Freundin Patrizia standen ganz hinten. Sie seien jedes Jahr am B-Sides. Der Sonnenbergevent, «das Festival mit der schönsten Aussicht», sei die «Eröffnung des Konzertsommers». Doch trotz ihrer anhaltenden Gespräche, die Zuschauerinnen lobten die «schönen Momente» von Hamdans Auftritt.

Das musikalische Highlight

Doch das musikalische Highlight war an diesem Donnerstagabend auf der kleineren Zeltbühne zu finden: Wildbirds & Peacedrums. Das schwedische Duo besteht aus verschiedenen Perkussionselementen und der einnehmenden Stimme von Sängerin Mariam Wallentin. Und die beiden zeigten eindrücklich: Ein Schlagzeug ist mehr als blosse Rhythmusmaschine. Es werden Harmonien erzeugt, welchen die Stimme wiederum folgte. Nichts fehlte, obwohl Gitarre, Bass oder Synthesizer abwesend waren.

Die Headlinerin Yasmine Hamdan – erst verhalten, dann richtig gut.

Die Headlinerin Yasmine Hamdan – erst verhalten, dann richtig gut.

(Bild: pze)

So wurde aus dem Abend langsam Nacht, das B-Sides ist eröffnet und wie jedes Jahr einen Besuch wert. Wegen der Musik. Wegen der Aussicht. Wegen der Wurst, die hier gänzlich unerwähnt blieb. Das Windrad folgt weiter dem Windstrom. Es wird auch während den verbleibenden beiden Festivaltagen über den Köpfen der Zuschauerschar langsam seine Runden drehen und sich über das Festival mit der schönsten Aussicht freuen.

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