Luzerner Theaterlegende erhält Ehrennadel

Walti Mathis: «Ich bin wie der Piratenkapitän: ein autoritärer Sack»

Wie im Hintergrund erkennbar ist, hat Walti Mathis viele Kinder- und Jugendprojekte hinter sich. (Bild: mik)

Für den leidenschaftlichen und langjährigen Theaterpädagogen Walti Mathis ist jedes Kind gleich viel Wert, vom kleinen Knirps bis zum Jugendlichen. Für sein Engagement wird er von der Stadt Luzern mit der Ehrennadel ausgezeichnet.

Walti Mathis ist in der Kinder- und Jugendtheaterszene eine Legende. Für sein langjähriges Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit ehrt in die Stadt Luzern am Donnerstag mit einer Ehrennadel. Als Zeichen, dass er sich «in besonderer Weise um das Wohl der Stadt Luzern» verdient gemacht hat (zentralplus berichtete).

Theaterpädagoge zu werden, war aber nicht seine erste Berufswahl. Der gebürtige St. Margrethener hat nämlich Theologie studiert und wollte Pfarrer werden, wie er bei einem Besuch 2018 erzählt. «Der Pfarrer hat durchaus Parallelen zum Theaterpädagogen. Bei beiden geht es um Kreativität, darum, sozialethische Werte zu vermitteln und pädagogisch tätig zu sein. Und im Alten Testament gibt es ja jede Menge dramatischer Figuren», sagt Walti Mathis lachend.

Werte zu vermitteln, ist denn auch eines der Ziele des Wahlluzerners. «Als Leiter der Theaterkids Stadt Luzern, der Nidwaldner Theaterkids und der Theaterkids Schulen Weggis arbeite ich mit Kindern vom ersten bis zum neunten Schuljahr. Wenn diese Kinder zu mir kommen und ein Theaterstück erarbeiten, machen sie jedes Mal eine spannende Entwicklung durch», erzählt er begeistert. Das sei ganz anders als die Arbeit mit Profischauspielern, die nach dem Stück die Gleichen seien wie davor.

Jedes Kind mit einer wichtigen Rolle

«Mir ist das Gruppenerlebnis sehr wichtig. Die Kinder sollen lernen, dass wir im Theater nur als Gemeinschaft zum Ziel kommen», betont der Theaterpädagoge. Das sei heute schwieriger als früher, denn Eltern würden das manchmal vergessen und nicht daran denken, dass sie der Gruppe schaden, wenn zum Beispiel ein Kind nicht am Probeweekend mitmache.

Walti Mathis bringt den Kindern auch bei, dass jeder gleich viel Wert ist: «Ich achte darauf, dass möglichst viele Kinder gleichzeitig auf der Bühne stehen, dass wir nicht Stücke spielen, die nur zwei, drei wichtige Rollen haben.»

Von den 120 bis 140 Kindern und Jugendlichen, die sich jedes Jahr für seine Theaterprojekte anmelden, kommt etwa ein Drittel nicht zurück. «Ein zweiter Drittel meldet sich alle paar Jahre wieder an und der Rest wird angefressen und zieht durch. Es gibt einige Kinder, die alle zehn möglichen Jahre mitmachen», so Mathis. Er hofft, dass sich hieraus auch seine Nachfolge ergibt: «In all den Jahren sind mit der Zeit erwachsene Freundschaften entstanden.» Da verdrücke er bei einem Abschied auch mal innerlich eine Träne.

Bei den Kleinen geht es um Spielfreude

Die Faszination für Kinder- und Jugendtheater liegt für den ehemaligen Kinder- und Jugendbeauftragten der Stadt Luzern im Spannungsfeld zwischen Kunst und Pädagogik. «Mit Profis habe ich ein künstlerisches Ziel, mit Kindern wird eine Entwicklung angestossen.» Die Förderung der Kinder geschehe aber unabhängig vom Thema eines Stückes, obwohl die Jugendlichen schon an einem spannenden Inhalt interessiert seien.

2018 spielte er zu «Flucht», als etwas passierte, das er in seiner Karriere bisher nicht erlebte: «Es haben sich fünf Kinder zurückgezogen, weil ihnen das Thema zu düster und schwierig war», sagt Mathis. Je älter die Kinder sind, je mehr steht dann aber auch die Kunstform Theater im Fokus. «Bei den Kleinen geht es um die Spielfreude, da ist es immer etwas chaotisch. Ich weiss auch nie, wie lange ein Stück dauert – je nachdem, wie viel sie vergessen oder wiederholen», verrät er schmunzelnd.

Alle zwei Monate eine Auszeit

Die Beziehung zu den Kindern ist wichtig, denn beim Theaterspielen braucht es Vertrauen. «Ich wurde einmal nach meinem Führungsstil gefragt. Ich bin wie der Piratenkapitän auf einem Schiff, ein autoritärer Sack, aufbrausend, ungeduldig und ruppig. Alles Eigenschaften, die man nicht haben sollte, wenn man mit Kindern arbeitet», erzählt er lachend. Doch die Kinder verzeihen das, weil Walti Mathis ihnen einen Rahmen gibt.

«Jonas Anderhub von ‹Ohne Rolf› war auch bei den Theaterkids dabei.»

Walti Mathis, Theaterschaffender

Vor fünf Jahren feierte Walti Mathis, ehemaliger Vizedirektor des Historischen Museums, mit den Theaterkids sein 30-Jahr-Jubiläum, vor vier Jahren stand der 25. Geburtstag der Kinderbühne Littau an. In dieser langen Zeit sind auch einige theaterbegeisterte Kinder ihren Weg auf die Profibühne gegangen. «Jonas Anderhub von ‹Ohne Rolf› oder Samuel Zumbühl waren bei den Theaterkids dabei», sagt er stolz.

Der engagierte Theaterliebhaber hat oft Siebentagewochen. «Dafür buche ich mir alle zwei Monate für fünf Tage ein schönes Hotel in Deutschland. Das sind meine Rettungsinseln. Dort lasse ich mich verwöhnen, lese, gehe ins Theater», sagt er. Am liebsten sieht er Shakespeare. «Viele seiner Stücke sind eigentlich Jugendstücke, ich habe einige davon inszeniert», schwärmt er. Shakespeare sei der beste. Gleich nach seinen Büchern komme aber die Bibel, findet Walti Mathis schmunzelnd.

Hinweis: Dieser Artikel ist bei zentralplus erstmals im Juni 2018 erschienen.

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