ZHB: Street-Art-Künstler weihen Werke ein

Welches Rätsel hinter dem Riesenbild beim Vögeligärtli steckt

Rodja Galli nahm sich eines Buches von Bukowski an.

(Bild: zvg)

Die schönste Baustelle der Stadt: Damit kann sich die Zentral- und Hochschulbibliothek beim Vögeligärtli seit Dienstag schmücken. Ein rund 100 Meter langes Bild fasst die Bibliothek auf zwei Seiten ein. Geschaffen von sieben bekannten Luzerner Künstlern, bringt es Literatur auf die Strasse – und hat schon für einige Fragezeichen gesorgt.

«Wenn ich nur dieses Gesicht kämmen könnte, dachte ich, aber das geht nicht.» Einer der Sätze, der manch einen Passanten an der Hirschmattstrasse wohl angesprochen hat. Denn er prangt – in spezieller Kalligraphieschrift gehalten – auf dem meterlangen Wandbild bei der Baustelle der Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) in der Neustadt, das unter der Leitung des Luzerner Street-Art-Duos Queenkong entstanden ist. 

Die ZHB hat das riesige Werk am Dienstagabend eingeweiht – und damit das Rätsel um die Schriftzüge gelüftet. Bei den Sätzen handelt es sich nämlich um Zitate aus Büchern. Ein literarisches Quiz auf der Strasse sozusagen.

Ein Bezug zur Welt der Bücher

Die Motive des langen Werks sind also keineswegs zufällig gewählt. «Wir wollten als Erstes ein tolles Konzept, das dem Künstler so viel Freiraum wie möglich lässt und trotzdem auf die ZHB eingeht», sagt die Künstlerin Vero Schmid vom Duo Queenkong. Und so entstand diese Verbindung zum Lesen, quasi dem Kerngeschäft der Bibliothek.

Das Queenkong-Duo ging dabei nicht allein zu Werke. Mit an Bord waren Lotte Greber, Rodja Galli, Philipp Stehli, Linus von Moos alias Rips1 und Amadeus Waltenspühl. Das Riesenbild setzt sich denn auch aus insgesamt neun einzelnen Sujets zusammen. Den Künstlern eine Plattform bieten, war der Gedanke des Projekts. In Luzern habe es ja genügend talentierte Leute, sagt Vero Schmid.

Vero und Marco Schmid, bekannt als Queenkong, freuen sich über die künstlerische Plattform im öffentlichen Raum.

Vero und Marco Schmid, bekannt als Queenkong, freuen sich über die künstlerische Plattform im öffentlichen Raum.

(Bild: jal)

Die Künstler wählten einen konkreten Buchtitel, den sie mit ihrem Bild anschaulich machten – von Klassikern wie Franz Kafka über zeitgenössische Autoren wie Mariana Leky bis hin zu Kinderbuchautoren wie Tomi Ungerer. Ergänzt sind die Bilder jeweils mit einem Zitat aus dem jeweiligen Buch, das der Luzerner Illustrator Philipp Stehli zu Wand brachte.

Erfreut über diese gestalterische Klammer ist auch Ina Brueckel von der ZHB. «Das hat wunderbar geklappt, auch, weil die gewählten Buchtitel sehr stark zu einer Illustration einladen.» Auf der Facebook-Seite und in der Umgebung der ZHB sei in den letzten Tagen bereits intensiv gerätselt worden, welches Bild zu welchem Buch passen könnte, sagt Brueckel schmunzelnd.

«Wir haben die mit Abstand attraktivste Baustelle in Luzern.»

Ina Brueckel, Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Seit Dienstag liefert das Bild auch die Lösungen mit. Aufgehängte Legenden verraten, aus welchem Werk die jeweiligen Aussagen stammen. Deshalb sei hier – Spoileralarm – verraten, dass das eingangs erwähnte Zitat Charles Bukowskis erstem Roman «Post Office» entnommen ist.

Eine temporäre Freiluftgalerie

«Wir haben die mit Abstand attraktivste Baustelle in Luzern», sagt Ina Brueckel. In nur zwei Wochen zauberten die Künstler aus einem trostlosen Bauzaun einen inspirierenden Blickfang. Oder, wie es die Verantwortlichen unbescheiden nennen: die erste Open-Air-Galerie der Stadt. Die Kosten beliefen sich auch rund 12’000 Franken, die hauptsächlich der Verein «Freunde der ZHB» gemeinsam mit Vereinen und beteiligten Baufirmen stemmte.

Die Idee zum Projekt entstand im Rahmen eines Treffens des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt, wo die ZHB-Verantwortlichen auf Queenkong stiessen. «Natürlich sind die zwei mit einem speziellen Blick durch die Stadt unterwegs. Sie sehen, wo sich solche Flächen auftun, denn das ist ihr Metier», sagt Ina Brueckel. Die ZHB ihrerseits fürchtete sich davor, dass es zu wilden Sprayereien auf dem Bauzaun kommen könnte – und sah mit dem Wandbild eine Chance, dem zuvorzukommen. Zudem habe sich hier eine Möglichkeit aufgetan, auch während der zweijährigen Bauzeit präsent zu bleiben und das durch Baulärm beeinträchtigte Quartier mit einem visuellen Geschenk zu erfreuen.

Der Quartierverein Hirschmatt-Neustadt zeigt sich auf Facebook erfreut:

 

Die Sorge um Vandalismus ist damit noch nicht gänzlich verflogen. Zwar sagt Ina Brueckel, unter Sprayern gebe es traditionsgemäss einen Ehrenkodex, dass man gute Bilder anderer nicht übermale. «Ob sich die wilden Sprayer, die mehr auf Störung und Zerstörung aus sind, daran halten, ist aber schwierig zu sagen. Es wäre jedenfalls jammerschade, wenn nicht.» Auch Vero Schmid von Queenkong vertraut darauf, dass die Werke respektiert werden, hält aber fest: «Das ist Street Art: Man beendet ein Bild, macht ein Foto davon und muss dann loslassen.»

Zu sehen gibt es die Bilder nun für mindestens ein Jahr. Denn wie so vieles ist auch dieses Kunstwerk vergänglich. Im Sommer 2019 beginnen die Umgebungsarbeiten bei der ZHB. Zurzeit in verschiedenen Provisorien untergebracht, will die Bibliothek auf Ende 2019 ins frisch sanierte Haus einziehen. Mit dem Bauzaun verschwindet dann also auch das Bild – allerdings nicht komplett von der Bildfläche. Die einzelnen Werke sollen verkauft werden.

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