Martin Neese und die Paradise Papers

Geldwäscherei: Ein Baarer Anwalt hat sich gründlich verhaspelt

Die Paradise Papers werfen ein weiteres Schlaglicht auf die Praktiken der Offshore-Industrie. Dies dürfte dem Ruf nach Transparenz weiteren Auftrieb geben.

(Bild: PD)

Nach Hausdurchsuchungen bei Firmen der Zuger Quantum-Global-Gruppe ermitteln die Behörden wegen möglicher Steuerdelikte und Geldwäscherei. Das ist sehr unangenehm für den Baarer Anwalt Martin Neese, der in die Sache verwickelt ist. Seine Aktivitäten geraten nicht nur in den Fokus der Medien, sondern sind auch Thema eines politischen Vorstosses im Zuger Kantonsrat.

Lange hielt der Baarer Anwalt Martin Neese (57) dem schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann Jean-Claude Bastos die Treue.

Noch ein halbes Jahr, nachdem der Verwalter des angolanischen Staatsfonds durch die Paradise Papers für seine umstrittenen Geschäftsmethoden bekannt geworden ist, wirkte Neese als Verwaltungsrat in mehreren Firmen von Bastos.

Doch als am 16. Mai die Eidgenössische Steuerverwaltung beim Postplatz in Zug Hausdurchsuchungen bei vier Firmen von Bastos Quantum-Global-Gruppe durchführte, reichte es auch Martin Neese – und er trat in der Folge von seinen VR-Mandaten bei Bastos zurück.

Ratgeber des Bundesrates

Seither ist ruchbar geworden, dass auch die Bundesanwaltschaft im Fall Bastos ein Verfahren gegen unbekannt wegen Geldwäscherei eröffnet hat und am 16. Mai Räumlichkeiten durchsuchte.

Bahnhofstrasse 2, beim Postplatz in Zug: Vor zwei Wochen durchsuchte hier die Polizei die Räumlichkeiten der Quantum-Global-Gruppe.

Bahnhofstrasse 2, beim Postplatz in Zug: Vor zwei Wochen durchsuchte hier die Polizei die Räumlichkeiten der Quantum-Global-Gruppe.

(Bild: google maps)

Was für Neese unangenehm ist: Denn er ist neben seiner Tätigkeit als Wirtschafts- und Prozessanwalt beruflich damit befasst, Geldwäscherei zu verhindern. Er steht Organisationen vor, welche die Einhaltung des Geldwäschereigesetzes bei der Tätigkeit von Finanzdienstleistern überwachen sollen.

Konkret ist Neese Präsident der Selbstregulierungsorganisationen VQF und Forum, und er ist auch im Vorstand der Selbstregulierungsorganisation des Schweizerischen Versicherungsverbands. Er wirkt in zahlreichen Arbeitsgruppen von Lobbyorganisationen mit, die sich mit der Finanzmarktaufsicht in der Schweiz befassen – und er berät sogar die Schweizer Regierung, indem er im «Beirat Zukunft Finanzplatz» des Bundesrates sitzt.

Aufsicht gibt sich unverbindlich

Diese Doppelrolle – einerseits bei Firmen mitzuwirken, die im Zusammenhang mit Korruption und Geldwäscherei in den Schlagzeilen sind, und andererseits bei der Überwachung des Geldwäschereigesetzes mitzumachen – ist mittlerweile auch verschiedenen Medien aufgefallen.

Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» hat Neeses Interessenkonflikt bereits mehrfach thematisiert. Doch der Baarer hält an seinen Mandaten fest. Auch an jenem bei der Zuger Selbstregulierungsorganisation VQF, welcher Quantum Global Investment angeschlossen ist. Er sehe keinen Grund für einen Rücktritt, sagte er der «Bilanz».

Wie fest er im Sattel sitzt, ist unklar. Die Finanzmarktaufsicht Finma, welche die Aufsicht über die Selbstregulierungsorganisationen (SRO) der Finanzdienstleister hat, äussert sich nicht zu Organen der SRO, beschied Sprecher Vinzenz Mathys auf Anfrage. Diese hätten einfach «Gewähr zu einer einwandfreien Geschäftsführung» zu bieten. Die Finma gehe Hinweisen nach, «wenn sich bei einzelnen Organen Fragen zur Gewähr ergeben sollten.»

Offizier, Rotarier, Räbevater

Möglicherweise wähnt sich der lokal hervorragend vernetzte Neese in einer Position der Stärke. Der ehemalige Präsident des Zuger Offiziervereins, der auch Rotarier ist, und die Baarer Fasnacht schon als Räbevater mitgestaltete, hatte schon länger keinen öffentlichen Ärger mehr.

Als er 2011 Jean-Claude Bastos vor dem Zuger Strafgericht vertrat, als dieser wegen der Liquidation der Firma Pro KMU Invest wegen mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung verurteilt wurde, sorgte dies für kein Aufsehen – schliesslich ist solches die Aufgabe von Anwälten.

Als er wenig später den Immobilienspekulanten Jürgen Amann vertrat, der wegen gewerbsmässigen Betrugs und der ungetreuen Geschäftsbesorgung verurteilt wurde, versuchte Neese zu erreichen, dass die Gerichtsreporterin der «Neuen Zuger Zeitung» die Akkreditierung bei Gericht verliert – weil sie es gewagt hatte, Amann in der lokalen Tageszeitung als Spekulanten zu bezeichnen.

Öl aus Bürgerkriegsland

Der Tanz auf verschiedenen Hochzeiten hat beim Baarer Anwalt eine lange Tradition: 1993 wurde der Freisinnige vom Zuger Kantonsrat knapp als Staatsanwalt-Stellvertreter gewählt. In den Folgejahren vertrat Martin Neese nebenamtlich den Staat vor Gericht, arbeitete aber daneben auch als Wirtschaftsanwalt und hatte zahlreiche Verwaltungsratsmandate inne.

Eines davon war die Tätigkeit für die Ceta Trading Company, eine serbisch-russisch-tschetschenische Firma. Diese tauschte Erdöl aus Tschetschenien, wo damals Bürgerkrieg herrschte, gegen industrielle Güter aus dem Westen.

Neeses Tätigkeit wurde im Zuger Kantonsparlament skandaliert – unter anderem von alt Nationalrat Josef Lang, der damals für die SGA im Kantonsrat sass. Was in der Konsequenz dazu führte, dass der Kanton Zug einige Jahre später darauf verzichtete, Staatsanwälte mit Nebenjobs zu beschäftigen. Neese beendete seine Tätigkeit für den Kanton Zug im Jahr 2000.

Vor der Quantum Global in Zug am Postplatz: Josef Lang und einige Demonstranten protestieren gegen die Machenschaften der Rohstoffhändler.

Vor der Quantum Global in Zug am Postplatz: Josef Lang und einige Demonstranten protestieren gegen die Machenschaften der Rohstoffhändler.

(Bild: woz)

Paradise Papers: Alternative Politiker fragen nach

Auch jetzt sitzen Neese wiederum die Alternativen im Nacken. Nach einem Vorstoss des Baarer Kantonsrates Andreas Lustenberger zu den Paradise Papers (zentralplus berichtete) schiebt die Fraktion der Grün-Alternativen eine Interpellation nach, die heute Donnerstag im Zuger Kantonsparlament überwiesen wurde. Darin möchte sie wissen, ob der Zuger Regierung im «Bastos-Skandal» «immer noch die Fakten fehlten, um zu Glencore und Quantum Global inhaltliche Aussagen zu machen und entsprechend zu handeln.»

Mit ihrem Vorstoss, in dem es ausserdem um die Bitcoin-Problematik und die Konzernverantwortungsinitiative geht, möchten die Alternativen erfahren, ob der Zuger Regierungsrat «mindestens mit dem Präsidenten der Selbstregulierungsorganisation (SRO), der gleichzeitig mit der Quantum-Global-Gruppe verbandelt ist», Kontakt aufgenommen habe. Auf die Antwort darf man gespannt sein.

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