Zahlen der Ausgleichskasse befeuern Diskussion

5 Millionen Franken Ergänzungsleistungen gehen an vermögende Zuger

Rolf Lindenmann war viele Jahre Direktor der Ausgleichskasse und IV-Stelle Zug.

Ergänzungsleistungen sichern die Lebenskosten von Personen, die mit ihrer Rente finanziell nicht über die Runden kommen. Im Kanton Zug erhalten jedoch auch 255 vermögende Personen solche Beiträge, letztes Jahr waren das gegen 5 Millionen Franken, Tendenz steigend. Der Direktor der Zuger Ausgleichskasse hält dies für unnötig.

Wer hat Anrecht auf Ergänzungsleistungen (EL)? Diese Frage wird wieder einmal heiss debattiert. Aktueller Vorschlag aus der Sozialkommission des Nationalrats: die Einführung einer Vermögensschwelle. Wer ein Reinvermögen von mehr als 100’000 Franken besitzt, soll in Zukunft keinen Anspruch mehr haben auf Ergänzungsleistungen.

Der Nationalrat hat sich trotz Widerstand von linker Seite für diese Änderung ausgesprochen. Nun haben die Ausgleichskassen der Kantone Schwyz und Zug Zahlen dazu veröffentlicht, die die Debatte im Ständerat anheizen könnten.

Zuger Zahlen müssen eingeordnet werden

Demnach gab es letztes Jahr in Zug 255 EL-Bezüger, deren Vermögen über dem Schwellenwert von 100’000 Franken lag. Das entspricht 10,5 Prozent aller EL-Bezüger im Kanton. Insgesamt gingen 2017 4,9 Millionen Franken an «vermögende» Zuger EL-Bezüger.

«Dieses Geld fehlt dafür später – es würde somit nur eine Verzögerung stattfinden.»

Hubert Schuler, SP-Kantonsrat und Leiter Sozialdienst Baar

Diese Zahlen mögen auf den ersten Blick nach viel klingen. Im Kanton Schwyz sind sie sogar noch höher. Doch Hubert Schuler, SP-Kantonsrat und Leiter des Sozialdienstes in Baar, warnt davor, die Zahlen ohne den notwendigen Kontext überzuinterpretieren. «Man denkt im ersten Moment an den reichen Kanton Zug und dass diese 10,5 Prozent viel sind. Doch man muss diese Zahlen zwingend in einem grösseren Zusammenhang sehen.»

Hubert Schuler will sich in Bern für soziale Anliegen einsetzen, wenn er gewählt wird. «Die fünf rechtsbürgerlichen Herren sind ein Armutszeugnis», sagte Schuler.

Hubert Schuler wirft der Zuger Ausgleichskasse taktische Spielchen vor.

(Bild: Samuel Schalch)

Schuler spricht dabei unter anderem die Pflegebettkosten oder die IV- und AHV-Rente an. «Man muss sich die Frage stellen, wie hoch die Zahlungen dort ausfallen und in welchem Verhältnis entsprechend die EL-Bezüge zu den Renten stehen.» Seien die Ergänzungsleistungen im Vergleich zu den Rentenzahlungen nur ein kleiner Teil, liessen sich auch die 4,9 Millionen Franken relativieren.

Unnötige Unterstützung?

Rolf Lindenmann, Direktor der Ausgleichskasse Zug, schätzt die Zahlen anders ein: «Rund jeder zehnte Bezüger von Ergänzungsleistungen im Kanton Zug hat ein Vermögen von 100’000 Franken oder mehr. Die Existenz ist mit diesem Vermögen offensichtlich gesichert. Folglich erhalten Personen staatliche Unterstützung aus Steuergeldern, obwohl sie diese nicht nötig hätten.»

Dass die Ausgleichskasse Zug die Zahlen in diesen Tagen veröffentlicht hat, ist wohl kein Zufall. Davon ist auch Schuler überzeugt. «Dieses Vorgehen zum jetzigen Zeitpunkt ist natürlich taktisch begründet.»

«Mit einer Vermögensschwelle von 100’000 Franken werden keine neuen Sozialfälle entstehen.»

Rolf Lindenmann, Direktor Ausgleichskasse Zug

Die Ausgleichskassen Schwyz und Zug plädieren für die vorgeschlagene Änderung, von der sich die grosse Kammer Einsparungen von 130 Millionen Franken verspricht. Lindenmann äussert dazu bloss, dass «wir die Entwicklung schon länger beobachten. Die Zahlen steigen stetig an».

Wird nur kurzfristig gedacht?

Der Vorwurf, der teilweise von linker Seite laut wurde, dass die Schwelle von 100’000 Franken willkürlich gewählt sei, lässt Lindenmann nicht gelten. «Mit einer Vermögensschwelle von 100’000 Franken werden keine neuen Sozialfälle entstehen. Personen, deren Existenz ungedeckt ist, haben weiterhin Anspruch auf Ergänzungsleistungen.»

Schuler jedoch kann sich mit der Vermögensschwelle nicht anfreunden. «Ich finde es nicht richtig, ein solches Limit einzuführen.» Er wirft den Initianten und Ausgleichskassen kurzfristiges Denken vor: «Es wird gezeigt, wie viel dadurch gespart werden könnte. Doch dieses Geld fehlt dafür später – es würde somit nur eine Verzögerung stattfinden.»

Die Ausgleichskasse und IV-Stelle Zug hat ihren Sitz an der Baarerstrasse 11 in Zug.

Bei der Ausgleichskasse Zug plädiert man für eine Vermögensschwelle.

Ob die Zahlen von den Ausgleichskassen Zug und Schwyz die anstehende Debatte im Ständerat beeinflussen werden, kann Hubert Schuler nicht voraussagen. «Das wäre wohl Kaffeesatzleserei, die ich anderen überlasse.»

Dass ausgerechnet Zug und Schwyz die entsprechenden Zahlen publiziert haben, könne das Bild der EL-Bezüger jedoch tatsächlich verzerren. «Es ist definitiv so, dass der Anteil an EL-Bezügern über der Vermögensschwelle in anderen Kantonen tiefer ist», so Schuler. So entstehe der Eindruck, viele der Bezüger hätten die Ergänzungsleistungen gar nicht nötig.

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