Lucerne Clinic reagiert auf verschmierte Plakate

Luzerner Schönheitsklinik provoziert Sexismusdebatte

Die Plakate fordern Passanten dazu auf, ihre Meinung auf das Plakat zu schreiben.

(Bild: jwy)

Seit ihrer Aktion «Busenfreundin» ist die Lucerne Clinic immer wieder in der Kritik – davon zeugten verschmierte Plakate und Verwarnungen der Standesorganisationen. Nun reagiert die Klinik mit einer Gegenkampagne und wehrt sich gegen Sexismusvorwürfe. Doch die Kritik ebbt nicht ab.

Sei es mit einer medial begleiteten Brustoperation, sei es mit umstrittenen Lockangeboten oder mit offensiver Werbung: Die Lucerne Clinic ist gern im Rampenlicht und sucht die (mediale) Öffentlichkeit (zentralplus berichtete).

Das kommt nicht überall gut an: Werbe-Plakate der Luzerner Schönheitsklinik wurden in letzter Zeit immer wieder verschmiert: «Hello Brechreiz» stand etwa über dem Slogan «Bye-bye Fettpolster» – auf dem Bild ein Damenkörper im Slip. Weitere Plakate wurden mit «Sexism» oder «Krieg der Schönheitsnorm» besprayt.

Den Sexismusvorwurf nimmt die Klinik auf und hat vor ein paar Tagen mit einer Gegenkampagne an der Bahnhofstrasse und auf dem Theaterplatz reagiert: Leere Sprechblasen und ein Filzstift auf einer Plakatwand rufen zum Dialog auf. «Hat nicht jeder das Recht, für sich selbst zu bestimmen, was schön ist?», steht da als Ausgangsfrage, dazu der Hashtag #Beautifulyou, um die Diskussion in die sozialen Netzwerke zu tragen.

Schon vollgekritzelt

Und siehe da: Die Plakate sind vollgekritzelt. Neben vielen Schmierereien, die an der Frage vorbeizielen, findet man mehrheitlich kritische Botschaften. Da steht etwa: «Ja! Und deswegen braucht es eure Computer-Füdli-Plakate nicht», «Eure Plakate sind wie wenn ein Rassist für sich Toleranz einfordert, wenn er etwas Fremdenfeindliches sagt …» oder «Mer sett sich gschiider mal selber liebe lerne».

Andere halten entgegen – etwa mit: «Schön, dass es die Lucerne Clinic gibt», «Recht auf Eigenbestimmung» oder «Botox ist Wunder».

Auch auf Facebook ruft die Lucerne Clinic zur Debatte auf:

 

Schreierische Werbung

Kein Thema bei der ganzen Sache ist, dass die Lucerne Clinic generell mit ihrer offensiven Werbung und den Rabatten in der Branche auf Widerstand stösst. Die Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie hat deswegen schon mehrmals gedroht, ihr Mitglied Jürg Häcki, Chef der Lucerne Clinic, auszuschliessen (zentralplus berichtete). Das ist aber bis heute nicht geschehen, Häcki wird immer noch als Mitglied aufgeführt.

Auf Anfrage heisst es bei der Gesellschaft, dass Jürg Häcki darauf aufmerksam gemacht wurde, «dass seine Werbung schreierisch ist und die Standesregeln der FMH sowie der Gesellschaft verletzt». Weitere Schritte würden geprüft.

Fakt ist, dass der plastische Chirurg mit seiner Werbung gegen die Standesregeln verstösst, wo etwa steht, dass Ärzte ihre Qualifikationen in «zurückhaltender und unaufdringlicher Weise bekanntgeben» müssen. Auch in der kantonalen Verordnung über die Medizinalberufe heisst es, dass nur Werbung zulässig ist, «die objektiv ist, dem öffentlichen Bedürfnis entspricht und weder irreführend noch aufdringlich ist». Und auch in der Standesordnung der FMH wird das «reklamehafte Herausstellen in aufdringlicher oder marktschreierischer Weise» als unzulässig genannt.

An verschiedenen Stellen – etwa an der Bahnhofstrasse – hängen die Plakate mit den Sprechblasen.

An verschiedenen Stellen – etwa an der Bahnhofstrasse – hängen die Plakate mit den Sprechblasen.

(Bild: jwy)

Kritik oder Vandalismus?

Kann man also die negativen Kommentare auch als allgemeines Unbehagen auffassen? Als Widerstand gegenüber der aufdringlichen Werbung im sensiblen Bereich der Schönheitschirurgie?

Für die Lucerne Clinic sind die Schmierereien schlicht Vandalismus. «Wir stellen uns der Kritik, solange sie anständig, sachlich und ausgewogen bleibt», so Mike Brandenberg, Sprecher der Lucerne Clinic.

Man freue sich aber über die Dialogbereitschaft und den Meinungsaustausch der Bevölkerung und über die «kreativen und positiven Gegenkommentare auf die eher bescheidenen Krakeleien der Vandalen», so Brandenberg. Für ein Fazit sei es noch zu früh, die Plakate bleiben noch weitere fünf Wochen bis zum 20. Juni hängen. Danach wird die Lucerne Clinic die Kommentare sammeln und die «überwiegende Meinung zur Schönheitschirurgie feststellen».

Ist die Frage falsch gestellt?

Könnte es aber auch sein, dass schlicht die Frage falsch gestellt ist? Dass jeder für sich selber bestimmen soll, was schön ist – dem stimmen wohl alle zu. Jedoch definiert die Klinik mit den wohlgeformten Pos und perfekten Brüsten eben ihrerseits ein zu erreichendes Schönheitsideal.

Eine Userin schrieb dazu auf Facebook: «Natürlich hat jede und jeder das Recht, selber zu bestimmen, was schön ist. Nur: Mit Plakaten wie jenen eurer Klinik wird ein bestimmtes Frauenbild suggeriert, das sich nicht nur bloss auf reine Äusserlichkeiten beschränkt, sondern auch den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erhebt.»

Klinik stehe für Vielfalt

Wer die Öffentlichkeit sucht und die gesetzlichen Vorgaben ritzt, provoziert Empörung. Der zur Schau gestellte Schönheits- und Schlankheitswahn mag tatsächlich Geschmackssache sein. Wenn man aber damit zu einem chirurgischen Eingriff lockt, dann hat man offenbar ein Problem, wie die zahlreichen Reaktionen zeigen.

Diese Kritik teilt man bei der Lucerne Clinic nicht. «Wir propagieren eben gerade keine Schönheitsideale, sondern stehen für diese Vielfalt», sagt Mike Brandenberg. Jede solle selber entscheiden, ob sie etwas verändern möchte oder nicht. «Wir möchten jede Person darin bestärken, ‹Beautiful You› sein zu können.»

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon