Hinterhof-Moscheen und Wohnhaus-Synagogen

Luzerns versteckte Tempel der Religionen

An der Baselstrasse, über dem Parkhaus, kommen muslimische Gläubige zusammen.

(Bild: jav)

Muslime, Hindus, Juden, Buddhisten – aber auch Yogis und Hexen: Verschiedenste Religionen sind in der Stadt Luzern zuhause. Oft jedoch befinden sich ihre Gemeinden hinter unscheinbaren Fassaden. Die Uni Luzern lässt nun dahinter blicken.

Luzern, die katholische Hochburg. Auch wenn sich diese Realiät im 21. Jahrhundert in der Stadt gewandelt hat, die Innenstadt bleibt dominiert von alten christlichen Bauwerken. Die Jesuiten-, die Hof- oder die Lukaskirche prägen das Stadtbild. Wer die religiöse Vielfalt sucht, der muss schon etwas genauer hinsehen.

Wenn am Samstagmorgen Eritreerinnen in weissen Gewändern über die St.-Karli-Brücke strömen, wenn orthodoxe Juden in der Synagoge verschwinden oder wenn fremd anmutende Gesänge und Gerüche aus unscheinbaren Gebäuden zu vernehmen sind.

Die Universität Luzern bietet nun einen Einblick in den «Underground» religiöser Vielfalt der Stadt Luzern. Der Audioguide «Sound of Religion» zeigt bei einem Spaziergang durch das Babel- und das Bruchquartier in sieben Hörbeiträgen einen kleinen Teil der diversen Religionslandschaft der Stadt. Wir haben die guten Schuhe montiert und sind losgezogen.

Baselstrasse – Die Moschee im Parkhaus

An der Baselstrasse, gut versteckt über den Garagen, ganz oben im Parkhaus, befindet sich seit über zehn Jahren eine Moschee.

Der Hör-Spaziergang

«Sound of Religion» ist Teil des Dokumentations- und Vermittlungsprojekts «Religionsvielfalt im Kanton Luzern», geleitet von Anne Beuter.

Im Gebiet, das der Audioguide bespielt (St. Karli/Baselstrasse/Bruchstrasse/Reckenbühlstrasse), haben sich nicht nur die sogenannten Weltreligionen niedergelassen, sondern beim genaueren Hinsehen auch weniger bekannte Religionsgemeinschaften, Missionen und spirituelle Bewegungen. «Unser Fokus lag auf der Vielfalt innerhalb der religiösen Traditionen, die sich in den Sprachen der Mitglieder ebenso zeigt wie in den unterschiedlichen Praktiken und Ritualen, aber auch in Erscheinungsbild und Sichtbarkeit der Gebäude, in denen praktiziert wird», erklärt das Projektteam.

Eine typische Hinterhof-Moschee, wird im Beitrag erklärt, während vor uns eine Gruppe Jugendlicher vor dem Parkhaus zu Mittag isst und hinter uns die Baselstrasse lärmt. Räume für religiöse Gemeinschaften zu finden, ist für nicht-christliche Gemeinden eine massive Herausforderung. Gerade Moscheen finden sich daher oft in Industriegebieten, Hinterhöfen, oder wie eben hier – über einem Parkhaus.

Der islamische Kulturverein «Barmherzigkeit» wurde im Dezember 2006 von albanischen Muslimen gegründet. Die Moschee ist jedoch an der multikulturellen Baselstrasse schnell zu einem Treffpunkt für Muslime aus unterschiedlichsten Nationen geworden. In den ehemaligen Büroräumen, wo neben einer Cafeteria, einem Wasch- und einem Gebetsraum auch Zimmer für Beratung, Unterricht und weitere Aktivitäten bereitstehen, findet ein reger Austausch statt. Doch es sei auch ein Ort der Stille und der Sicherheit für ihn, erzählt ein aktives Gemeindemitglied.

St. Karli – Alle unter einem Dach

Ein Ort, an welchem sich die Vielfalt auf engstem Raum zeigt, ist die St.-Karli-Kirche, die gerade grau in grau in den verregneten Himmel ragt. Dieses innerlich sehr farbenfrohe Haus betrachten eine ganze Reihe von Glaubensgemeinschaften als ihre Heimat. Neben den Katholiken aus der Schweiz, Kroatien, Tschechien, Portugal oder Spanien treffen sich hier auch die eritreischen Orthodoxen und tamilische Hindus.

Typisch für den Anspruch, alle religiösen Wahrheiten auszudrücken, seien auf dem Altar im Luzerner Verehrungsraum neben hinduistischen Göttern auch Symbole anderer Religionen – wie Jesus-, Marien- und Buddhastatuen – vorhanden, erfährt man unter vielem anderem im Audioguide.

Die St.-Karli-Kirche hat ihre Türen schon vor Jahren einer Reihe anderer Glaubensgemeinschaften geöffnet.

Die St.-Karli-Kirche hat ihre Türen schon vor Jahren einer Reihe anderer Glaubensgemeinschaften geöffnet.

(Bild: jav)

Bruchquartier – das jüdische Zuhause

Weiter geht es ins Bruchquartier, wo sich seit 1912 eine Synagoge befindet. Bereits im Jahr 288 finden sich erste Hinweise auf Juden in Luzern. Immer wieder jedoch wurden diese unterdrückt und aus der Region vertrieben. Erst 1866 konnten sich jüdische Familien im Bruchquartier ansiedeln.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war das Quartier sehr jüdisch geprägt. Der «Israelitische Kultusverein», die heutige «Jüdische Gemeinde Luzern», war im Bruchquartier sehr präsent. Heute ist die orthodoxe Gemeinde überaltert und auf einige Dutzend Personen geschrumpft, sagt der hiesige Rabbiner im Audioguide. Wo früher Schweizer Juden zusammenkamen, lebt heute eine sehr internationale Gemeinschaft – die Predigten werden auf Englisch gehalten.

Die jüdische Organisation «Chabad Lubavitch», die seit 2003 in Luzern aktiv ist, spricht eher säkulare und liberale Juden an. Rabbiner Chaim Drukman bietet im Gemeindezentrum mit seiner Frau Rivky Talmud- und Hebräischunterricht, Kinderkurse und Seelsorge an. Das Zentrum befindet sich in einem unauffälligen Wohnhaus an der Bruchstrasse. Nur der Wachmann davor fällt gelegentlich ins Auge. Antisemitismus sei für die Juden in Luzern weniger ein Thema, wird im Hörbeitrag erklärt, während man die 10 Gebote an der Synagoge betrachten kann. Und doch gehört Sicherheitspersonal auch zum religiösen Alltag der Juden in Luzern. Und kostet die jüdische Gemeinde dementsprechend.

Die Synagoge im Bruchquartier wurde 1912 erbaut.

Die Synagoge im Bruchquartier wurde 1912 erbaut.

(Bild: jav)

Bruchquartier – Yogis und Hexen

Doch nicht nur die jüdische Gemeinschaft, auch andere religiöse Gruppierungen sind im Bruchquartier zuhause. Wenige Schritte neben der Synagoge befindet sich das Hexenlädeli «Zwischenwelt». Wilhelm Haas, ausgebildeter Wicca, führt den Laden, der auch als Treffpunkt für Schamanen und Hexen dient. Hier gibt es keinen offiziellen, keinen richtigen Weg. Es wird frei praktiziert, die Zugänge zur Spiritualität sind unterschiedlich, man will weder missionieren noch wolle man sich isolieren, erklärt Haas im Audioguide. Allen gemeinsam sei, dass die Natur verehrt, in ihr die Ruhe und der Halt gesucht werde. «Jeder ist sein eigener Priester und der Tempel ist die Natur», so Haas.

Ein weiteres, unauffälliges spirituelles Zentrum befindet sich unweit des Hexenladens. «Brahma Kumaris», eine indische Religionsgemeinschaft mit weltweit 7000 Zentren, ist hier zuhause. Und geht man weiter Richtung Säliquartier, findet sich eine Meditationsstätte in der japanischen Soto-Tradition in einem Wohnhaus. Das «Ho-Zendo» ist der Luzerner Treffpunkt von Meditationsgruppen verschiedener buddhistischer Traditionen. Hier wird vor allem das meditative Sitzen – Zazen genannt – praktiziert, worüber man, während man die Reckenbühl-Treppe hochsteigt, mehr erfährt.

In der Bruchstrasse gibt es auch einen Treffpunkt für Hexen und Schamanen.

In der Bruchstrasse gibt es auch einen Treffpunkt für Hexen und Schamanen.

(Bild: jav)

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