Stadt glaubt an Bypass auch ohne Spange Nord

Fundamentalopposition: Luzerner Stadtrat lehnt Spange Nord definitiv ab

Stadtrat Adrian Borgula lehnt die Spange Nord ab.

(Bild: giw)

Über Jahre unterstützte der Luzerner Stadtrat den Bau des Autobahnzubringers Spange Nord offiziell – doch damit ist nun Schluss. Kurz bevor das Kantonsparlament über den Planungskredit entscheiden muss, schenkt die Stadtregierung reinen Wein ein.

Der Stadtrat fordert Bund und Kanton auf, auf die Spange Nord zu verzichten und den Bypass ohne den Anschluss Lochhof und die Spange Nord zu realisieren. Diesen wegweisenden Entscheid kommunizierte er diesen Montag.

Stadtrat entschied sich im März

Zwar war der Stadtrat immer kritisch eingestellt gegenüber dem kantonalen Autobahnzubringer durch die Luzerner Quartiere Maihof und Luegisland. Bisher unterstützte er jedoch das 250-Millionen-Strassenprojekt offiziell – stellte aber Zusatzforderungen an die Kantonsregierung.

Der Zeitpunkt der Stellungnahme ist nicht überraschend: Der Kantonsrat wird voraussichtlich in seiner Mai-Session über einen Sonderkredit von 6,5 Millionen Franken für die Planung der Spange Nord entscheiden. Der Stadtrat hat damit vor dem Entscheid der zuständigen Kommission und des Kantonsparlaments klar Stellung bezogen.

Mit dem Nein zur Spange Nord geht die städtische Exekutive auf Frontalkollision mit der Kantonsregierung, welche das kantonale Teilprojekt des Gesamtsystems Bypass als wichtigen Pfeiler der zukünftigen Verkehrsinfrastruktur betrachtet. Den Beschluss hat die Stadtregierung laut Adrian Borgula Mitte März im Rahmen ihrer Klausur getroffen. «Wir haben eine grosse Auslegeordnung zum Thema Mobilität vorgenommen.»

SP will Stadtbevölkerung über Spange Nord abstimmen lassen

Die SP will, dass sich die Bevölkerung der Stadt Luzern in einer separaten Abstimmung zur Spange Nord äussern kann. Sie wird deshalb eine städtische Initiative vorbereiten und über deren Lancierung an der Mitgliederversammlung vom 15. Mai 2018 beschliessen.

Laut der Mitteilung wird die SP mit den betroffenen Quartiervereinen, den Parteien und Verbänden sowie Bürgerbewegungen Kontakt aufnehmen und sie einladen, die Initiative zu unterstützen. Die Partei kündigt an, das kantonale Strassenprojekt vehement zu bekämpfen, und unterstützt laut der Stellungnahme den Entscheid des Stadtrates vollumfänglich. Die SP ist überzeugt, dass das Nein des Stadtrates auch der Haltung der Luzerner Stadtbevölkerung entspricht.

Stadtrat zweifelt an Prognosen des Kantons

Borgula sagt, verschiedene Faktoren seien ausschlaggebend gewesen. Gründe für den Richtungswechsel sind unter anderem der Rückgang des Verkehrs auf der Seebrücke um sieben Prozent in den vergangenen fünf Jahren. «Die Prognosen des Kantons stimmen nicht mit der Realität überein», sagt Borgula. Ausserdem geht der Stadtrat davon aus, dass der Bund auch ohne Spange Nord an der Erweiterung der Autobahn für 1,7 Milliarden Franken festhält.

Borgula wehrt sich gegen den Vorwurf, die Stadt würde nur für sich schauen und die Anliegen der anliegenden Kommunen nicht berücksichtigen. «Auch andere Luzerner Gemeinden würden nicht einfach so derart breite Strassen akzeptieren.» Er bricht stattdessen eine Lanze für das städtische Mobilitätskonzept. «Nicht nur in der Agglomeration, sondern auch in der Stadt gibt es heute schon Stau», sagt Borgula. Ausserdem würden auch andere Gemeinden in der Agglomeration vermehrt auf Bus, Bahn und Langsamverkehr setzen. 

So sieht der Kreisel Schlossberg heute aus. Mit der Spange Nord soll dieser einem Grosskreisel weichen, der um eine Überbauung führt.

So sieht der Kreisel Schlossberg heute aus. Mit der Spange Nord soll dieser einem Grosskreisel weichen.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Stadtrat setzt auf Bypass

Die Kantonsregierung habe versucht, auf die Anliegen der Stadt einzugehen, sei aber zu wenig weit entgegengekommen, sagt Borgula. Die Kernforderungen der Stadt, den Verzicht auf die Fluhmühlebrücke sowie eine verlängerte Untertunnelung des Autobahnzubringers lehnt die Kantonsregierung ab. In der Stellungnahme hält der Stadtrat zusammenfassend fest: «Die negativen Auswirkungen stellen aus Sicht des Stadtrats einen zu hohen Preis für die Stadtbevölkerung und insbesondere für die Quartierbevölkerung im Umfeld der geplanten Spange Nord dar.»

Die komplette Ablehnung vonseiten der städtischen Exekutive hat lange auf sich warten lassen – es sind bereits Jahre der Planung ins Land gezogen. Warum dieser Eiertanz? «Man kann nicht von einem Eiertanz sprechen», sagt Borgula. Stattdessen hätten die jüngsten Verkehrszahlen, veränderte Rahmenbedingungen und Planungsgrundlagen den Ausschlag gegeben.

Für den Stadtrat sei der Bypass die zentrale Massnahme, um den Engpass auf der Autobahn A2 im Raum Luzern zu beseitigen. Er verbessert die Erreichbarkeit der Zentralschweiz und der Agglomeration Luzern vor allem in Zeiten hoher Verkehrsbelastung. Durch die Erhöhung der Leistungsfähigkeit verhindere der Bypass zusammen mit dem Ausbau Nord auf der Autobahn A14 zudem ein Ausweichen des Verkehrs durch das Stadtzentrum von Luzern.

Regierung hält «unmissverständlich» an Spange Nord fest

Der Regierungsrat nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass der Luzerner Stadtrat das Spange-Nord-Projekt definitiv ablehnt, schreibt Regierungsrat Robert Küng in seiner Stellungnahme zum Stadtratsentscheid. Er halte jedoch unmissverständlich an der Spange Nord und den damit verbundenen Massnahmen für den öffentlichen Verkehr fest. Das Projekt sei die beste Lösung, um Stadt und Agglomeration Luzern vom Verkehr zu entlasten und Platz für den öffentlichen Verkehr zu schaffen.

Das sieht auch der Bundesrat so, der den eng mit der Spange Nord koordinierten Bypass Luzern ab dem Jahr 2025 bauen will. Im Rahmen der weiteren Planung will der Kanton Luzern die Einbettung der Spange Nord in die umliegenden Quartiere vertieft klären. Nach wie vor gilt es laut der Kantonsregierung, eine gute städtebauliche Lösung anzustreben – auch wenn der Luzerner Stadtrat das Projekt inzwischen ablehnt.

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