Besetzer wollen auf Musegg ein Veranstaltungslokal

Hallo Stadt Luzern, der Tintenfisch ist eingezogen

Das besetzte Nebengebäude der städtischen Villa an der Museggmauer.

(Bild: mam)

Jahrelang hätten sie die Räume leer stehen lassen und alle Anfragen zu einer Nutzung abgelehnt, werfen die Besetzer der Liegenschaft Auf Musegg 1 der Stadt Luzern vor. Sie möchten dort nun ein soziales Zentrum mit Kulturprogramm einrichten. Davon will der Stadtbaumeister nichts wissen.

Der Bärlauch duftet, der Löwenzahn blüht und das Mittagessen ist verspiesen – im Garten der städtischen Villa Auf Musegg 1. Der obere Stock des Nebengebäudes ist seit dem Wochenende besetzt (zentralplus berichtete). Oder belebt, wie ein Transparent verkündet. Ein weiteres Transparent ist grad in Arbeit, an der Türe klebt das vorläufige Veranstaltungsprogramm. Am Montag ist Diskussion, am Vorabend Plenarversammlung und um 19 Uhr wird der Film «Staatenlos» von Klaus Rosza gezeigt.

«Wir möchten hier ein Veranstaltungslokal betreiben.»

Hausbesetzerin der Gruppe «Pulpa»

Man könne im ersten Stock zwar auch problemlos wohnen, aber dies sei nicht ihr Ziel, sagt eine junge Frau aus der Gruppe der Besetzer. Sie treten unter dem Zeichen des Tintenfischs an und nennen sich «Pulpa». Das ist lateinisch und heisst Fleisch. Gemeint ist indes ein weiblicher Tintenfisch, der dem Ort neues Leben einhaucht. Nicht nur der verwaisten Liegenschaft, sondern der gesamten Stadt.

Stockwerk steht schon lange leer

«Eine Stadt ist mehr als ihre Einkaufsmeilen und Parkplätze», schreiben die Besetzer in einem Communiqué auf ihrem Blog. Die Stadt lebe von den Menschen, die sie als ihre Umgebung gestalten. Dafür brauche es Orte, an denen sich Menschen auf Augenhöhe begegnen können. Eben solche wie Auf Musegg, «die Raum bieten für kreatives Schaffen, Begegnungen und Diskussionen».

Das aktuelle Veranstaltungsprogramm

Das aktuelle Veranstaltungsprogramm

(Bild: mam)

«Jahrelanger Leerstand hat keine Legitimität», glauben die Besetzer und verweisen darauf, dass dies bei der genannten Örtlichkeit schon lange der Fall war. Im Hauptgebäude der Villa ist die Time-out-Klasse der Stadt Luzern zu Hause, ein Förderangebot der Volksschule für Schüler mit Auffälligkeiten. Im Erdgeschoss des Nebengebäudes befinden sich Künstlerateliers. Den ersten Stock hätten schon einige zu nutzen versucht, seien aber mit ihren Anfragen immer wieder abgeblitzt, sagt die junge Frau. Deswegen haben die Besetzer nun Tatsachen geschaffen.

Warten auf eine Antwort

Die Stadt habe von ihnen bereits Post erhalten, sagt ein junger Mann, der im Schatten der Museggmauer steht und zwischen den knospenden Bäumen in die schneebedeckten Urner Alpen schaut. Nun warte man auf eine Antwort. «Wir möchten hier weiter ein Veranstaltungslokal betreiben», sagt die junge Frau. Gemeinsam wolle man mutig sein, die Stadt beleben und alle interessierten Menschen einladen, dabei mitzumachen.

Schöne Sätze, die sich so ähnlich auch im Bekennerschreiben der Gruppe finden. Und die zuletzt auch im Zusammenhang mit den Besetzungen an der Obergrund– sowie an der Güterstrasse zu hören waren.

Die Eigentümerin der Liegenschaft Auf Musegg, die Stadt Luzern, haben die Aktivisten der Gruppe «Pulpa» auf dem linken Fuss erwischt. Ein grosser Teil der politischen Führung weilt in den Osterferien und erfreut sich am späten Frühling – auch die zuständige Stadträtin Manuela Jost (GLP) und Stadtpräsident Beat Züsli (SP).

Schönste Lage: Unter dem Wachtum, im Schatten der Museggmauer, befindet sich die besetzte Liegenschaft.

Schönste Lage: Unter dem Wachtturm, im Schatten der Museggmauer, befindet sich die besetzte Liegenschaft.

(Bild: mam)

Auskünfte erteilt Marko Virant, seit Anfang Jahr Luzerner Stadtbaumeister und Leiter der Abteilung Immobilien. Nach Virant ist die Liegenschaft bis auf den ersten Stock der Remise, den die Gruppe «Pulpa» besetzt hat, voll. «Dieser Stock lässt sich wegen Feuchtigkeitsproblemen und Schimmelbildung nicht nutzen und vermieten», meint er.

Stadtbaumeister schliesst Zwischennutzung aus

Auch eine Zwischennutzung schliesst er wegen der Schimmelsporen, die gesundheitsgefährdend seien, aus. Weder als Veranstaltungsort noch als Wohnung sei das Nebengebäude der Villa geeignet, so Virant. «Mangels Infrastrukturen wie fehlender Küche oder Badezimmer.»

«Eine Sanierung geht nicht von heute auf morgen.»

Marko Virant, Stadtbaumeister

Die Stadt habe bisher eine E-Mail von den Besetzern erhalten. «Im Übrigen suchen wir den Kontakt», so Virant.

Um den weiteren Verfall der Villa zu stoppen, plant die Stadt eine Sanierung der gesamten Liegenschaft. «Nicht zuletzt wegen des baukulturellen Erbes geht dies nicht von heute auf morgen», sagt Virant. Die Sanierungskonzepte lägen indes vor und «müssen im Laufe dieses Jahres zu einem Gesamtkonzept integriert werden».

Wer als Besetzer etwas auf sich hält, führt im 21. Jahrhundert einen Blog.

Wer als Besetzer etwas auf sich hält, führt im 21. Jahrhundert einen Blog.

(Bild: mam)

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