Fratelli-B tauften in Zug ihr neues Album

Zuger Rap-Urgesteine haben es immer noch drauf

Fratelli-B kann es immer noch: In der Chollerhalle heizten sie den Fans ordentlich ein.

(Bild: Lina Friedrich)

Am Samstagabend taufte das Baarer Rap-Duo Fratelli-B in der Chollerhalle ihr neues Album. Drei Jahre lang haben die Gebrüder Bisig an ihrem neuen Werk gearbeitet. Das hat sich ausbezahlt: «Per Du» ist in vielerlei Hinsicht ihr bisher bestes Album. Das Duo beweist, dass es noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

20 lange Minuten liessen die zwei Zuger Rapgrössen ihre zahlreich erschienenen Fans gestern warten, wobei Letztere sich nachsichtig zeigten: Zu gross war die Freude darüber, dass nach drei Jahren wieder Neues von Fratelli-B zu hören ist.

In der vollen Zuger Chollerhalle war die Stimmung entsprechend gut: Samstagabend, keine Verpflichtungen, das Bier floss – es herrschte eine ansteckende Lockerheit. Genauso gut drauf waren denn auch die beiden Rapper: Spürbar gern stehen sie auf der Bühne, interagieren mit ihren Fans.

Schon als Dreikäsehoch: Rapper soll es sein

Sie eröffnen mit einer Nummer, die ihre Geschichte von den Anfängen bis heute aufrollt. In der Videomontage ganz besonders drollig ist die Aussage der etwa fünfjährigen Version von einem der Brüder: «Ich wott Rapper wärde.» Dieser Traum hat sich verwirklicht, und zwar von Album zu Album mehr.

Was im Sandkasten begonnen hatte, fand zuletzt einen Höhepunkt mit Hitparadenplatz drei für «Welt Us». Und eines steht fest: Das Duo ist entschlossen, diese Plazierung mit «Per Du» zu toppen. Das Potenzial dazu ist vorhanden.

«Fratelli-B vertexten ihren Alltag, ihre Fans und ihre Erlebnisse. Oft mit Humor, mit guter Observierungsgabe und stellenweise gesellschaftskritisch.»

Mit dem zweiten Track «Nie meh welle» greifen Fratelli-B ihre Kindheitsträume auf und machen klar, dass Rap ihre Berufung ist. Der Song wirkt bodenständig und ehrlich. Eine Qualität, die sich durch das ganze Album zieht, denn: Wer kein Gangster ist, kann nicht über Gangstersachen rappen. Diesem Leitsatz bleiben die beiden Zuger in angenehmer Weise treu, denn nichts wirkt aufgesetzter, als wenn gutbürgerliche Schweizer auf dicke Hose machen.

Fratelli-B vertexten ihren Alltag, ihre Fans und ihre Erlebnisse. Oft mit Humor, mit guter Observierungsgabe und stellenweise gesellschaftskritisch. Daran ist nichts künstlich. Daran ist alles echt.

Fette Rapper sind fett

So auch an «All you can eat», den die Brüder als Nächstes spielen: ein Instant-Ohrwurm. Es ist eine Ode an Chandros «perfekten Astralkörper». Der Hook ist äusserst eingängig: «Fetti Rapper sind fett, alli fette Rapper sind fett.» Hier passt der Beat und es fällt auf, wie Fratelli-B gekonnt die Stolpersteine von Schweizerdeutsch als Rap-Sprache umschiffen: Unser böses Chuchichäschtli-Ch wird, insbesondere im Hook, gemieden.

Das Baarer Rap-Duo ist längst ein Fixstern am Schweizer Hip-Hop-Himmel.

Das Baarer Rap-Duo ist längst ein Fixstern am Schweizer Hip-Hop-Himmel.

(Bild: Lina Friedrich)

Und ja, fette Rapper sind tatsächlich fett. Action Bronson, Biggie, Vinnie Paz und Ill Bill, um nur einige zu nennen, sind ein doch recht hochkarätiger Kreis von Dicken im Genre, in den man sich gern einreiht.

Der Titelsong «Per Du» ist leicht und erfrischend. Die Stimmung, die der Videoclip dazu transportiert, steckt auch in den Zeilen: Weniger Bünzligkeit, weniger Strenge, mehr Freiheit und Abenteuerlust braucht das Leben. Kurz: Weniger Sies und mehr Dus. Diesen Track könnte unter den Fans des Schweizer Raps zum Soundtrack des kommenden Sommers werden.

«Ihr sechstes Album ist ein grosser Wurf und stellt alles, was sie bisher gemacht haben, in den Schatten.»

Ähnlich ist «Underwegs»: Ebenfalls werden Reisestimmung, Wärme und Sehnsucht rübertransportiert, hat aber im Vergleich zu «Per Du» ein kleineres Hitpotential. Von einer nachdenklicheren Seite zeigen sich Fratelli-B mit «Provenienz», worin sie auch mit ihren Erzählkünsten aufwarten. Selbiges gilt für «Letschte Tanz», einem emotionalen Abschiedssong für die Grossmutter der beiden Brüder.

Zahlreiche Features auf dem Album

Auch an wichtige Personen im Leben der beiden ist «Was zämeghört» gerichtet. Dieses Lied ist für die Freundinnen der zwei. Mit «Min Rider» bewegen sich Fratelli-B weg von der Reflektion und hin zum Witz: Es wird ironisch und unterhaltsam.

Was die Features betrifft, so darf natürlich die Möchtegang nicht fehlen: «Fuck yeah» hat das Zeug zum Klassiker. Ausserdem auf der Scheibe vertreten sind Aurel, Effe, Semantik, Sulaya und Mü Man, die, wie auch die beiden enthaltenen Skits, alle zum Abwechslungsreichtum dieses Albums beitragen.

Stiltreu und experimentell zugleich

Fratelli-B sind ihrem Sound also treu geblieben, ohne im Alten zu verharren. In der internationalen Oldschool-Hiphop-Hochburg Schweiz funktioniert das gut, will aber auch heissen: Über die Schweizer Grenzen hinaus funktioniert das nicht. Das ist aber auch okay so. Wer auf Schweizerdeutsch rappt, weiss sowieso um diesen Umstand.

Es durfte zwischendurch auch mal ein etwas sozialkritischerer Song sein.

Es durfte zwischendurch auch mal ein etwas sozialkritischerer Song sein.

(Bild: Lina Friedrich)

Bei den Zuger Brüdern spürt man keine Bitterkeit in dieser Hinsicht, was sie sympathisch macht. Die beiden trumpfen mit Unverfälschtheit auf. Ihr sechstes Album ist ein grosser Wurf und stellt alles, was sie bisher gemacht haben, in den Schatten. Es bietet Strandsound, Hymnen und Melancholie und ist bei aller Stiltreue doch stellenweise auch experimentell.

Die Hände der Fans in der Chollerhalle flogen gestern Abend in die Höhe, wenn der Beat mitreissend war und zündeten Feuerzeuge an, wenn’s gefühlvoll wurde. Eingängige Refrains wurden aus voller Kehle mitgesungen: Fratelli-B sind zurück und stärker denn je.

Fratelli-B kann es immer noch: In der Chollerhalle heizten sie den Fans ordentlich ein.

Fratelli-B kann es immer noch: In der Chollerhalle heizten sie den Fans ordentlich ein.

(Bild: Lina Friedrich)

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