Luzerner Christian Jakob schlägt sich am TV-Herd

So bekämpft sich die Gastroszene – und vergewaltigt Fleisch

Die Kochshow verkommt zum Duell mit Boxhandschuhen: Christian Jakob beim Hosenlupf in der Küche.

(Bild: zvg)

Starköche von morgen messen sich am TV im «Beef Club», einem als Duell inszenierten Kochwettbewerb. Im Zentrum steht jeweils ein enormer Mocken Fleisch oder gar ein ganzes Tier. Ans Lebendige geht’s auch in der Showküche: Hat Christian Jakob aus Alberswil deshalb blaue Boxhandschuhe an? zentralplus wagte den Besuch beim vierschrötigen Küchenmeister.

Dramatische Musik, riesige Küche im Werk 1 des Sulzer-Areals in Winterthur, grosses Werkzeug – mitunter darf es auch mal ein Vorschlaghammer oder eine Kettensäge sein. Dazu Boxhandschuhe in Rot und Blau sowie ein Ring fürs spektakuläre Duell: Beim TV-Format «Beef Club» wird mit harten Bandagen angerichtet. Und die Jungköche stehen Schlange, sich vor den Kameras zu «prügeln» und um jeden Preis Aufmerksamkeit zu gewinnen: Die Gastrobranche ist ein schwieriges Pflaster, in grossen Städten geht die Hälfte der Neubetriebe nach drei Jahren Konkurs.

Film «Fight Club» mit Brad Pitt stand Pate

«Beef Club» ist ein Fight zweier Jungköche mit Pfanne und Messer, Bunsenbrenner und Tellerverzierungen. Es geht um kulinarische Anerkennung und Innovation, die Zuschauer erleben einen Kampf um Ruhm und Ehre. Pate stand der David-Fincher-Film «Fight Club» mit den sich prügelnden Brad Pitt und Edward Norton, der 1999 heftig unter die Haut ging. Der Streifen war kurz vor dem Millenium eine vernichtende Kritik an unserer bedenkenlosen Konsumkultur.

Den Fleischkonsum hingegen anregen will die von einem grossen Metzgerhaus gesponserte TV-Sendung, die bereits in der fünften Staffel erfolgreich läuft. Und auch unter die Haut soll die Kochsendung gehen, die jeweils donnerstagabends auf Sat1 Schweiz eine jung und dynamisch geschnittene Viertelstunde dauert.

Liebt es währschaft: So wie in seinem Restaurant hat Christian Jakob auch in der TV-Show angerichtet.

Liebt es währschaft: So wie in seinem Restaurant hat Christian Jakob auch in der TV-Show angerichtet.

(Bild: hae)

Mit dabei diesmal ist Christian Jakob (35) aus Alberswil bei Willisau, der als Küchenchef und Co-Gastroleiter seit fünf Monaten im Restaurant Burgrain-Stube der Agrovision anrichtet. Er gehört zwar unter all den 20- bis 30-jährigen Jungköchen eher zur älteren Garde, aber umso stolzer ist er, dabei zu sein. «Wenn Sie wirklich über mich berichten wollen, dann müssen Sie schon hierher kommen», sagte er am Telefon zwischen dem Backen von frischem Schoggiküchlein und dem Anrichten eines räsen Ragouts.

Bald mehr als 100 Mitarbeitende

Also los, auf zum Biobetrieb mit Restaurant Burgrain-Stube, Bäckerei und Käserei, mit Streichelzoo und eigenem Bauernhof inklusive 80 Kühen und 250 Hühnern. Dazu wird im Agrovision-Betrieb bald das anliegende Agrarmuseum vergrössert, überdies ist eine eigene Fischzucht mit Forellen, Saiblingen und Karpfen geplant. Im Jahr 2020 sollen im nachhaltig organisierten Bio-Betrieb mehr als 100 Menschen arbeiten.

Heiss und Schweiss: Christian Jakob packt an und macht seinen Speisen Dampf.

Heiss und Schweiss: Christian Jakob packt an und macht seinen Speisen Dampf.

(Bild: zvg)

Bereits jetzt werden vom Team um Christian Jakob und Priska Theiler – ein gutes Dutzend Leute, an Wochenenden sind es bis zu 20 Mitarbeitende – 85 Prozent der verarbeiteten Esswaren auf dem Hof produziert. Am Morgen kommt die Bäuerin mit einer Ladung Frischgemüse, der Metzger bringt Frischfleisch – und dann zaubert Jakob sein Mittagsmenü locker aus dem Handgelenk.

«Heute behaupten doch fast alle Gastrobetriebe, sie würden regional und saisonal kochen – wir machen es tatsächlich. Und biologisch obendrein.»

Christian Jakob, Küchenchef der Burgrain-Stube

Der Koch und Co-Gastroleiter ist stolz: «Heute behaupten doch fast alle Gastrobetriebe, sie würden regional und saisonal kochen – wir machen es tatsächlich. Und biologisch obendrein.» Das grösste Kompliment für Jakobs Betrieb ist, dass die Sonntagsbrunches mit bis zu 180 Leuten auf sechs Wochen voraus ausgebucht sind.

Alles bio und regional: Der Koch verkauft auch Käse aus Rohmilch von den 80 Kühen auf dem Bauernhof.

Alles bio und regional: Der Koch verkauft auch Käse aus Rohmilch von den 80 Kühen auf dem Bauernhof.

(Bild: hae)

Das Restaurant brummt, doch um seinen Betrieb national noch bekannter zu machen, meldete sich Christian Jakob bei der TV-Show an. «Und auch ein bisschen wegen der Ego-Befriedigung: Was für Kreationen schaffe ich unter Druck in einer Stunde vor Kameras mit vorgegebenen Ingredienzien?» Der sportlich Denkende ist schnell, hat viel Erfahrung und Jakob ist in der Kochzunft sehr gut vernetzt: Er ist Experte der höheren Berufsbildung, Fachreferent, Kursleiter und hat beispielsweise als Küchenchef das Bernische Kantonale Schwingfest gestemmt – mit 40’000 Essen.

Schmunzeln über Gourmetküche

Jakob schmunzelt, wenn das Thema auf die Gourmetküche kommt: «Das ist tatsächlich Kunst, was die Spitzenköche hierzulande liefern, hat aber wenig mit dem alltäglichen Kampf in den Restaurant-Küchen zu tun.» Diesen Kampf kennt Jakob beispielsweise aus seinem Jahr als Sous-Chef auf dem Kreuzfahrtschiff MS Crystal Symphony, wo er rund um die Uhr kochen musste. Oder von seiner Zeit im Gourmetlokal Krone Blatten in Malters wie auch aus dem Rössli in Wolhusen, das er grossmachte. Schnell wird klar: Christian Jakob ist einer, der anpackt. Er streichelt nicht nur gerne die süssen Kälbli im Bauernhof. Nein, er weiss auch ein grosses Steak zart zu klopfen und heftig zu braten.

So sieht der Trailer zum TV-Format «Beef Club» aus:

Und da passt der «Beef Club» bestens zum vierschrötigen Koch mit seinen tätowierten Oberarmen. In der urbanen Kochshow steht Fleisch im Mittelpunkt, und zwar soll – ganz im Trend – das ganze Tier verwendet werden, nicht nur das ewiggleiche Filet. Ausserdem gibt es klare Vorgaben im TV-Ring: nur zwei Kandidaten, drei Zutaten, eine dreiköpfige Jury. Der Kampf um den Sieg ist auch ein Kampf um die Zeit: eine Stunde Zeit zum Countdown, wovon zwei Gänge mit Fleisch zu bestücken sind.

Hosenlupf mit Showcharakter

Gegenüber im Ring stehen sich am Donnerstagabend: der Mexikaner Luis Romo aus dem Museumsrestaurant Heimberg in Zermatt und unser Christian Jakob aus Alberswil. Gekämpft wird hart, aber fair. Und wenn Jakob im Schwingerhemd den zartgliedrigen Mexikaner mal über den Herd lupft, hat das Showcharakter.

Die Jury: Zoe Torinesi, Food-Bloggerin, Jacky Donatz, Sternekoch, und Andrin C. Willi, Chefredaktor «Marmite».

Die Jury: Zoe Torinesi, Food-Bloggerin, Jacky Donatz, Sternekoch, und Andrin C. Willi, Chefredaktor «Marmite».

(Bild: zvg)

Drei Juroren aus verschiedenen Gastrosparten entscheiden über den Punktesieg, weil k. o. geht keiner – es ist vielmehr eine Ehre, sich beim sportlichen Kochen zu messen. Zoe Torinesi (37) ist Food-Bloggerin und Model aus Zürich, Jacky Donatz (65) ist ein Sternekoch, der neu im «Coco» am Zürcher Paradeplatz kocht. Und Andrin C. Willi (42), Ex-Chef der Zeitschrift «Salz & Pfeffer», ist seit 2006 als Chefredaktor des Kochmagazines «Marmite» immer auf der Suche nach Jungköchen.

Journalist Willi sagt über Christian Jakob: «Er ist ein Macher-Typ, und sein liebevoll ersonnenes Gericht war Storytelling pur. Sehr authentisch. In seinem Schaumenü gerieten der Geschmack und die Raffinesse jedoch etwas in den Hintergrund.»

Die drei Zutaten, mit denen innert einer Stunde anzurichten war: Milchlamm, Grüntee und Löwenzahn. «Schwierige Kombination», dachte sich Jakob schon bei der Bekanntgabe. «Da beissen sich die Geschmäcker sehr.»

«Ich bin zwar ohne Chance, aber mein Ziel war: Ich muss im Kopf der TV-Zuschauer bleiben.»

Und schon vor dem achtstündigen Drehtag für die TV-Viertelstunde war dem Luzerner klar, dass er in der Ecke des Aussenseiters kämpfte: «Gebürtiger Mexikaner gegen hemdsärmligen Schweizer – da ist klar, dass im TV der internationale Freestyler den Bonus geniesst. Doch ich sagte mir: Ich bin zwar ohne Chance, aber mein Ziel war: Ich muss im Kopf der TV-Zuschauer bleiben. Und so zelebrierte ich das Klischee richtiggehend. Mit Geranium, im Baumstamm angerichtetem Menü, im Edelweiss-Hemd, und meine Fans brachten ihre lauten Treicheln mit.»

Christian Jakob spielte die Show elegant mit, obwohl er die Sendung auch kritisiert: Zwar findet der Landkoch das Konzept cool, aber die Sendeleitung sollte den Kontrahenten zwei Stunden Kochdauer geben. «Bei einer Stunde Kochzeit ist das für die Bindegewebe im Fleisch mehr als nur Stress – ich würde da schon von Vergewaltigung sprechen!» Wobei, was mache man nicht alles für eine lässige TV-Kochsendung. «Kitchen Impossible» mit Tim Mälzer ist für Christian Jakob vergleichsweise nur noch pure Show. 

«Mein Dreijähriger wollte bei seiner Geburtstagsparty, dass jeder Gast eine ganze Forelle erhalte.»

Christian Jakob hat eigenwillige Kinder

Ganz ernsthaft und toll hingegen findet Christian Jakob in der Stadt Luzern etwa die frische Sushi-Zubereitung aus der Kaiten-Küche, er geniesst auch gerne die währschafte Kost im Grottino und die zelebrierte Gastronomie in der Villa Honegg am Bürgenstock.

Und überdies ist er stolz, dass seine drei Kinder – vier bis sechs Jahre alt – schon sehr eigenwillige Vorstellungen von Lieblingsessen haben: «Mein Dreijähriger wollte bei seiner Geburtstagsparty, dass jeder Gast eine ganze Forelle erhält. Konnte ich ihm das abschlagen, wenn andere Kids nur stier Pommes frites und dann Eiscreme verlangen?»

Kann streicheln ohne das Kalb zu machen: Christian Jakob spielt mit den Jungtieren.

Kann streicheln ohne das Kalb zu machen: Christian Jakob spielt mit den Jungtieren.

(Bild: hae)

Eigenwillig war denn auch das Vorgehen von Christian Jakob im «Beef Club». Wie er Lamm, Löwenzahn und Grüntee unter eine Kelle brachte, war unter anderem mit viel Rauch verbunden. War’s Zauberei? Und ob der Luzerner Goliath sich über den favorisierten mexikanischen David durchsetzen konnte, wollen wir nicht verraten. Nur soviel: Mit einem wuchtigen Hosenlupf in der Küche nahm Christian Jakob sein Gegenüber locker auf den Arm.

«Beef Club», donnerstags auf Sat1 Schweiz um 19.55 Uhr; Christian Jakob ist am 29. März zu sehen.

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