Erinnerungen an alte EVZ-Schlachten in der NLB

Kommt es zur Neuauflage der Rivalität mit ZSC-Hooligans?

Mit Pauken wurde dem Publikum eingeheizt.

(Bild: Viktor Alexandre)

Das erste Playoff-Spiel in der Viertelfinal-Serie zwischen dem EV Zug und den ZSC Lions ist seit Samstag Geschichte. Vor dem Spiel kam es wegen einer Handvoll Zürcher Chaoten zu unschönen Szenen rund um das Pickwick-Pub an der Alpenstrasse. Erlebt das Z-Derby und die damit verbundene Rivalität aus NLB-Zeiten etwa ein Revival?

Von «Panik und grosser Angst» sprach Pickwick-Geschäftsführer Alfredo Godenzi nach dem Angriff von Zürcher Chaoten auf sein Lokal (zentralplus berichtete). 14 Personen konnte die Polizei im Anschluss festnehmen (zentralplus berichtete).

Wie die Zuger Polizei auf Anfrage bestätigt, wurden zwölf der verhafteten Männer in der Nacht zum Sonntag gestaffelt wieder entlassen. Zwei weitere seien am Sonntagmittag aus der Haft entlassen worden. «Sie werden verzeigt und müssen sich unter anderem wegen Gefährdung des Lebens, Sachbeschädigung und Landfriedensbruch vor der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug verantworten», erklärt die Medienverantwortliche Sandra Peier.

Reagiert die Polizei darauf?

Ob aufgrund des Vorfalls das Sicherheitsdispositiv für das nächste Spiel erhöht wird, kommuniziert die Zuger Polizei genauso wenig wie diejenige aus Zürich. Sie lassen jedoch unisono verlauten, dass der Vorfall in die Lagebeurteilung miteinfliessen wird. Auf Seiten der Stadtpolizei Zürich habe man keine Kenntnis davon, dass zwischen EVZ- und ZSC-Fans ein erhöhtes Gewaltpotenzial bestehen würde.

Wunderkerzen gehörten zum Standardrepertoire der EVZ-Fans.

Wunderkerzen gehörten zum Standardrepertoire der EVZ-Fans.

(Bild: Viktor Alexandre)

Hört man sich in den sozialen Medien um, ist der Tenor der, dass es sich beim Pickwick nicht einmal um eine klassische EVZ-Fan-Lokalität handle. Auch Familien seien zum Zeitpunkt der Attacke im Lokal gewesen. Von «ZSC-Hooligans» sprach Alfredo Godenzi. Fans könne man diese Chaoten ja nicht nennen.

Alles beginnt in der Nati B

ZSC-Chaoten, die in Zug Brandpetarden und eingeschlagene Fenster hinterlassen: Bei manch alt eingesessenem EVZ-Fan weckt dies Erinnerungen an die Zeit, als sich der EVZ und der Zürcher SC um den Aufstieg in die Nationalliga A duellierten und es zu zahlreichen Scharmützeln zwischen den beiden Fanlagern kam.

«Die Zuger Fans wurden jeweils am Bahnhof in Oerlikon ‹empfangen›.»

Eugen «Geni» Thalmann, seit 1967 steter Begleiter des EVZ

Wirklich Auftrieb hat die Rivalität 1976 bekommen. Mit einem dramatischen 7:6-Sieg im Hallenstadion stieg der EVZ ein erstes Mal in die höchste Spielklasse auf. Bis fünf Minuten vor Schluss lagen die Zuger 3:5 zurück, bevor sie das Blatt in extremis wenden konnten. 22 Sekunden vor Schluss hat Vereinslegende Heinz Jenni das Siegestor erzielt.

Löwen wollen ihr Revier verteidigen

Eugen «Geni» Thalmann, seit der Vereinsgründung 1967 intensiver Beobachter des Geschehens rund um den EVZ, erinnert sich: «Hätten wir das Spiel verloren, wäre Arosa in die Nati A aufgestiegen. Der Match war an Dramatik kaum zu überbieten.» Die Rivalität mit den Zürchern sei bereits gross gewesen. Dies, obwohl sich die beiden Klubs erst in der Spielzeit davor in der NLB ein erstes Mal begegnet waren. Zum ersten Duell in der NLB-Saison 1974/75 kamen 10’000 Fans ins Hallenstadion.

Die Nordrampe im Hertistadion beim Aufstieg 1987.

Die Nordrampe im Hertistadion beim Aufstieg 1987.

(Bild: Viktor Alexandre)

 

Thalmann begründet dies unter anderem auch damit, dass der EVZ damals der junge Emporkömmling war und den reichen ZSC geärgert hat. Die Löwen wollten gewissermassen ihr Revier verteidigen. Während die Zürcher bis 1981 auf den Wiederaufstieg in die NLA warten mussten, ging es für die Kolinstädter 1977 direkt wieder runter in die NLB.

«Herzlicher Empang» in Oerlikon

Das Z-Derby, wie es später genannt wurde, lebte. Thalmann denkt an die Zeiten zurück, als «die Zuger Fans jeweils am Bahnhof in Oerlikon von den ZSC-Anhängern ‹empfangen› wurden.» Die Rivalität habe vor allem während den gemeinsamen Zeiten in der NLB bestanden, hält Thalmann fest, der anlässlich des EVZ-Jubiläums letztes Jahr auch ein Buch über den Verein verfasst hat (zentralplus berichtete).

«Die Zürcher kamen mit Lederjacke und Jeans – da hatten wir schon einen gewissen Respekt.»

Viktor Alexandre, Präsident des ältesten EVZ-Fanclubs

Höhepunkt der Fehde bildete wieder ein entscheidendes Aufstiegsspiel für den Sprung in die NLA. Beim EVZ wurde 1986/87 gerade das kanadische Zeitalter rund um Red Laurence sowie Colin und Blair Müller eingeleitet. Souverän qualifizierte man sich für die Playoffs und stiess dort bis in den Final vor.

Aufstiegsparty statt Spielabbruch

Dort wartete der haushohe Favorit aus Zürich-Oerlikon. Im alles entscheidenden Spiel am 14. März 1987 wurden über 8’000 Fans ins überfüllte Hertistadion gepackt. Die Zuger schafften die Überraschung und besiegten den Zürcher SC gleich mit 6:2.

Doch in Erinnerung blieben nicht nur die Jubelbilder der Zuger Fans und Spieler, sondern auch Szenen, die beinahe zu einem Spielabbruch geführt hätten. Im Rahmen eines Jubiläumsvideos zum 50. Geburtstag des EVZ erinnerte sich Georg Keiser, Vereinspräsident zwischen 1981 und 1989, zurück an das für den EVZ so schicksalhafte Spiel. «Es gab wüste Szenen, sodass die Polizei die beiden Fanlager gar mit einem Wasserwerfer voneinander trennen musste. So wild haben die getan.»

Ab Minute 3:24: Der damalige Präsident Georg Keiser erzählt vom Aufstieg in die NLA 1987.

Einer, der mittendrin war, ist Viktor Alexandre. Er ist Präsident des ältesten Fanclubs des EVZ: des Fan Clubs Zug, gegründet 1980. «Im alten Herti waren die Fanlager noch nicht so strikt getrennt. Der Feuerwehrschlauch lag jedes Spiel da, und als die Zürcher Fans irgendwann die Nerven verloren haben, kam er eben zum Einsatz.» In unrühmlicher Erinnerung bleiben auch die Saubannerzüge, die auf dem Weg zwischen Bahnhof und Herti-Stadion zerbrochene Schaufenster, zerschlagene Autos und wilde Sprayereien hinterliessen.

«Es ist halt der Z.»

Den Grund für die Rivalität kennt Alexandre selbst nicht genau. «Es hiess einfach immer, es ist halt der Z.» Man habe gemerkt, dass die Zürcher gewissermassen bereits weiter waren als die Zuger. «Die kamen mit Lederjacke und Jeans – da hatten wir schon einen gewissen Respekt.»

Die Stadtzürcher seien jedoch die einzigen echten Rivalen aus ihrer Sicht gewesen. Die Auswärtsspiele im Hallenstadion hat er nicht als Spiessrutenlauf empfunden. «Meist wurden wir möglichst schnell ins Stadion geschleust, als wir ankamen. Und das alte Hallenstadion war so weitläufig, dass die Nähe und Intensität ein bisschen gefehlt hat.» Dies sei im Hertistadion eben ganz anders gewesen. Probleme habe es in Zürich meist nur in der Innenstadt gegeben oder wenn man alleine unterwegs war.

In den 90er-Jahren waren dann beide Klubs in der NLA angekommen und die Rivalität wurde weniger. Vereinzelt kam es immer noch zu Scharmützeln zwischen den Fans, wie 1995 in Zug. Doch waren es zumeist nur noch einzelne Personen, die beteiligt waren.

Auch beim Spielabbruch im Oktober 2009, als ZSC-Fans durch eine Rauchpetarde das Hertistadion einräucherten, stellte sich schlussendlich nur ein 17-jähriger ZSC-Fan als Täter.

Der Sport-Aktuell-Beitrag zum Spielabbruch 2009 aufgrund einer Rauchpetarde:

Eugen Thalmann glaubt denn auch nicht, dass die Vorfälle rund um das Pickwick-Pub vom Samstag ein Zeichen für ein Aufflammen der alten Rivalität darstellen. «Das waren einzelne Zürcher Chaoten, die wohl kaum wegen dem Spiel nach Zug kamen.»

Fans attackieren sich auch ohne Rivalität

Viktor Alexandre pflichtet ihm bei. «Die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage hast du auch nicht mehr tausende Gästefans, die an ein Auswärtsspiel reisen, da nur noch kleine Gästekontingente zugelassen werden.» Da gebe es neben den «normalen» Fans nur noch ein paar wenige Chaoten, die die Auseinandersetzung suchten.

Der EVZ konnte auch in tristen Tagen auf die Unterstützung seiner Fans zählen.

Der EVZ konnte auch in tristen Tagen auf die Unterstützung seiner Fans zählen.

(Bild: Viktor Alexandre)

Das Z-Derby scheint also der Vergangenheit anzugehören. Im Umkehrschluss scheinen Fans somit gar keine bestimmte Rivalität mehr zu brauchen, um sich zu attackieren.

Doch trotz allen Nebenschauplätzen zählt schlussendlich das Gezeigte auf dem Eis. Und da darf man gespannt sein, ob am Dienstag die Zürcher in der Serie den Ausgleich schaffen, oder ob der EVZ bei der ersten Möglichkeit gleich das Hallenstadion erobern kann.

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