Zu Besuch beim Baarer Waffenhändler

So einfach kommt man in Zug zu einem Revolver

Klein und handlich: die beiden präsentierten Revolver.

(Bild: sib)

Nach schweren Attentaten kommt die Frage nach Waffenerwerb und -besitz jeweils wieder neu auf. Doch wie einfach kommt man in Zug eigentlich an eine Waffe? Wir haben es ausprobiert – und hätten das Geschäft in Baar beinahe mit einem Revolver fürs Nachttischchen verlassen. Damit wären wir in guter Gesellschaft.

Im Kanton Zug sind viele Waffen im Umlauf. So viele, dass sich Stand 2016 im Schnitt in jedem zweiten Haushalt eine Waffe befand (zentralplus berichtete). Und damit nicht genug: Seit Jahren steigt die Zahl der Gesuche für Waffenerwerbsscheine. Davon bekommt die Bevölkerung meist kaum etwas mit, da die Waffen selten den Weg in die Öffentlichkeit finden.

Dennoch sind sie oft Thema von öffentlichen Debatten, wenn auch der Anstoss dazu meist aus den USA kommt. Aktuell will Donald Trump beispielsweise Lehrer mit Waffen ausstatten. Da stellt sich die Frage: Wie einfach kommt man als unbescholtener Zuger Bürger eigentlich zu einer Waffe? Wie streng sind die Gesetze und deren Einhaltung? Und wo kauft man das Ding eigentlich, sollte man es ernst meinen?

Nur ein geeignetes Waffengeschäft im Kanton

Nach kurzer Recherche zeigt sich, dass es im Kanton nur noch ein Waffengeschäft gibt, das als Spezialist für Faustfeuerwaffen gilt. Dies erstaunt, wenn man die eingangs erwähnte «Waffendichte» bedenkt. Auf der Website des Waffengeschäfts gibt es eine exakte Wegleitung, wie man an einen Waffenerwerbsschein kommt (siehe Box). Dieser ist Voraussetzung für den Erwerb einer Faustfeuerwaffe.

Wie im Uhrenladen

Doch das kann auch später noch kommen. Genug jetzt mit Theorie und Bürokratie, wir wollen das Ding erst einmal sehen. Das Waffengeschäft ist gut erkennbar angeschrieben. Es befindet sich in einem Wohnblock und man muss entsprechend klingeln, damit einem Einlass geboten wird. Treppe rauf und rein ins Geschäft. Wir geben uns nicht als Journalisten zu erkennen, da die Auskunftswahrscheinlichkeit ansonsten wohl rapide sinken würde.

Der Laden ist nicht gerade geräumig angelegt. Links von der Tür befindet sich die Ladentheke. Darin sind ein Teil der Waffen ausgestellt. Wie im Uhrengeschäft können die Schubladen herausgezogen werden und die Ware auf der Theke präsentiert werden. In Vitrinen sind Soldatenmesser und ähnliches ausgestellt. An der Wand darüber hängen verschiedene Gewehre, auch Halbautomatische sind mit dabei.

Auf der rechten Seite der Eingangstür scheint sich das Waffenlager zu befinden. Getrennt vom Rest des Raumes ist es bloss durch zwei Holz-Schwenktürchen, wie man sie von Saloons aus dem Wilden Westen her kennt.

Etwas fürs Nachttischchen

Wir sind nicht die einzigen Kunden. Ein Mann lässt sich an der Verkaufstheke gerade Informationen zu einem grosskalibrigen Gewehr geben. Im Gespräch werden auch Anekdoten von früher erzählt, als man als Bub mit dem Luftgewehr noch «Seich» machen konnte. Eine Verkäuferin steuert auf uns zu und fragt nach unseren Wünschen. Wir sagen, wir würden mit dem Kauf einer Waffe liebäugeln und hofften auf ein paar Beratungstipps. Sie hakt nach, ob wir denn eher an Schiessen im Keller oder auf einer Schiessanlage gedacht hätten.

Nein, nein, erwidern wir. Wir dachten eher an etwas für zu Hause, um uns sicherzufühlen. Sie versteht uns. Also eher etwas für das Nachttischchen, ergänzt sie. Genau. Sie empfiehlt uns einen Revolver. Die kleinen davon seien handlicher als eine Pistole. Zudem sei ein Revolver leichter in der Handhabung. Bei der Pistole müsste im Ernstfall erst noch das Magazin eingesetzt werden. Im Ernstfall.

Würde man tatsächlich zur Waffe greifen?

Der Gedanke wirkt ein Stück weit absurd. Würde man tatsächlich nicht nur zur Waffe greifen, sondern davon auch Gebrauch machen, sollte man auf einen ungebetenen Gast im Haus treffen? Das mit dem Nachttischchen war wohl kein geflügeltes Wort.

Der einfache Weg zum Erwerbsschein

Prinzipiell kann jeder Schweizer Staatsbürger nach vollendetem 18. Lebensjahr in der Schweiz eine Waffe kaufen. Dafür braucht man ein sauberes Strafregister. Ausserdem darf man nicht an einer Krankheit leiden, die einen sicheren Umgang mit der Waffe beeinträchtigt. Ein Kurs oder Erfahrung vom Schiessstand ist jedoch nicht vorgeschrieben.

Als erster Schritt muss man einen Auszug aus dem Schweizerischen Zentralstrafregister zusammen mit der Kopie eines amtlichen Ausweises und dem ausgefüllten Gesuch für einen Waffenerwerbsschein an die zuständige Behörde im Kanton senden. In Zug ist dies der Fachbereich Waffen und Sprengstoffe der Zuger Polizei.

Eventuell erhält man von der zuständigen Behörde eine Einladung auf ein Gespräch. Gibt es keinen der erwähnten Hinderungsgründe, sollte der Erteilung des Waffenerwerbsscheines jedoch nichts im Wege stehen. Insgesamt wird es davon drei Kopien geben: Eine für den Käufer, eine für das Geschäft und eine für die Fachstelle bei der Polizei.

Die Verkäuferin öffnet eine der Schubladen und platziert fein säuberlich zwei Revolver auf der Theke. Man fühlt sich annähernd an ein Schmuckgeschäft erinnert. Wir greifen zu den Revolvern der Marken Taurus und Ruger. Gut liegen die Gummigriffe in der Hand. Viele Erklärungen folgen nicht von der Verkäuferin. Der Preis für einen vergleichsweise kleinen Revolver bewege sich zwischen 600 und 1’200 Franken. Das vermeintliche Sicherheitsgefühl hat seinen Preis.

Immer wieder kommen «besorgte Bürger»

Weitere Revolver in dieser Grössenordung hätten sie momentan nicht an Lager und müssten bestellt werden, antwortet sie auf unsere entsprechende Frage. Andere Modelle hier seien eben bereits wieder grösser und hätten einen längeren Lauf, sagt sie fast schon entschuldigend.

Wir erkundigen uns nach allfälligem Aufwand für die Instandhaltung. Nein, neben den üblichen Reinigungsarbeiten nach dem Gebrauch falle bei einem Revolver sonst eigentlich nichts an. Wir wollen wissen, wie oft es denn vorkommt, dass «besorgte Bürger» wie wir vorbeikämen, um sich eine Waffe für zu Hause zu besorgen. Fürs Nachttischchen eben. Dies sei immer mal wieder der Fall, antwortet die Verkäuferin. Eine Häufung habe sie in letzter Zeit jedoch nicht festgestellt. 

Mix aus Verantwortung, Macht und Befremdung

Sie scheint Verständnis für unser Anliegen zu haben. Wir sind zwar totale Laien, wenn es um Waffen geht. Dies muss für sie auf den ersten Blick erkennbar gewesen sein. Nichtsdestotrotz gibt es keinen ernsthafen Versuch ihrerseits, uns ins Gewissen zu reden und oder uns gar von der Idee eines Waffenkaufs abzubringen. Wäre wohl auch geschäftsschädigend.

Die Verkäuferin erwähnt immerhin die Möglichkeit, erst ab dem dritten Schuss scharfe Munition zu laden. Erst als wir fragen, ob es denn Waffen gebe, für die man weder einen Waffenerwerbsschein, noch einen Strafregisterauszug brauche, bringt sie den Pfefferspray ins Gespräch.

Dennoch möchten wir auch noch ein paar Pistolen sehen. Weniger ästhetisch sind die schwarzen Klötze definitiv. Doch wie schon beim Revolver verleiht einem die Pistole in der Hand ein eigenartiges Gefühl. Eine Mischung aus Verantwortung, Macht und Befremdung.

Ein eigener Mikrokosmos

Die Kundschaft an der Theke wechselt. Einer rein, einer raus aus der Tür. Der Laden scheint gut zu laufen. Kein Wunder, ist es doch der einzige Waffenladen im Kanton Zug, der auf Handfeuerwaffen spezialisiert ist. Wir versprechen wiederzukommen, sobald wir einen Waffenerwerbsschein hätten. Die Verkäuferin sagt dazu, mit einem sauberen Zentralstrafregister gebe es eigentlich keinen Grund, weshalb dieser uns verwehrt bleiben sollte. Nach Einreichung des Antrags müsse man jedoch schon mit drei, vier Wochen Wartezeit rechnen.

Wir bedanken uns für die Auskunft und verabschieden uns. Die Tür hinter uns geht zu, die Eindrücke bleiben. Ein Waffenladen hat die Aura eines eigenen Mikrokosmos. Trotz der Parallelen: mit einem Uhren- oder Schmuckgeschäft ist er keineswegs zu vergleichen.

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