Beschwerdenflut: Brandschutz, Betriebszeit, Beamer

Casino Zug: Eine Renovation sorgt für rauchende Köpfe

Die Dekorationselemente des Altbau-Giebels erstrahlen in frischen Farben.

(Bild: mbe.)

Eines der grossen Gesprächsthemen in Zug ist derzeit das Theater Casino. Kürzlich ist es für viel Geld renoviert worden. Doch genau diese bauliche Erneuerung hat viele Leute unglücklich gemacht. Was wie ein Witz klingt, zieht immer weitere Kreise.

Glückliches Zug, wo solche Probleme zu reden geben: Rund um das frisch renovierte Theater Casino Zug gibt es Rabättli, in denen schöne Blüemli fehlen. Im Eingangsbereich des grossen Casino-Saals hingen 30 Jahre lang Wandteppiche – jetzt aber nicht mehr. Ausserdem verunstalten billig aussehende Gartenmöbel die kostbaren Marmorfliesen des Zuger Kultur- und Kongresstempels.

Gartenstühle vor dem Bühneneingang sind für viele Zuger nicht elegant genug.

Gartenstühle vor dem Bühneneingang sind für viele Zuger nicht elegant genug.

(Bild: mam)

Diese Missstände haben einen politischen Vorstoss von CVP-Gemeindepolitikern ausgelöst (zentralplus berichtete) und diese Woche im Stadtparlament für lange Diskussionen gesorgt. Ausserdem provozieren sie Leserbriefe in der lokalen Tageszeitung. Ein stadtbekannter Juwelier beklagte sich darüber, dass in den Kaffeepausen der Theater- und Musikveranstaltungen kein Kaffee mehr serviert würde – weil das Aufstellen einer Kaffeemaschine feuerpolizeilich untersagt ist.

Plötzlich kann die Kunst brennen

Tatsächlich sind die Brandschutzvorschriften an mehreren Ärgernissen schuld, welche das Zuger Bildungsbürgertum erzürnt. Laut Stadtpräsident Dolfi Müller (SP) gilt das 110-jährige Haus wegen der Erneuerungsarbeiten feuerpolizeilich als neues Gebäude. Deswegen kommen nun auch die neusten und strengsten Vorschriften zur Anwendung.

«Wir hätten die Wandteppiche alle in eine Vitrine verpacken müssen», sagt Dolfi Müller. Denn Kunstwerke gelten als mögliche Brandobjekte und dürfen nur noch hinter Glas präsentiert werden. Weil man dies im Fall der Wandteppiche unverhältnismässig fand, wurden sie abgehängt und im Keller des Hauses eingelagert.

Kahler Eingangsbereich zum Grossen Saal: Früher war die  Wand rechts und auf der Stirnseite mit Kunst geschmückt.

Kahler Eingangsbereich zum Grossen Saal: Früher war die Wand rechts und auf der Stirnseite mit Tapisserien geschmückt.

(Bild: mam)

Feuerpolizei muss Okay geben

Auch die Gartenmöbel im Entrée und die fehlende Kaffeemaschine haben mit dem Brandschutz zu tun. «Es geht im Wesentlichen darum, die Vorschriften für die Fluchtwege einzuhalten», so Dolfi Müller. Die Einrichtungsgegenstände in Foyer und Gang dürfen kein grosses Hindernis darstellen – und sie müssen feuerfest sein.

Brandsicher sind die Gartenmöbel, die sich bereits im Besitz der Stiftung Theater Casino befinden und laut Müller in einer Übergangsphase im Casino stehen. Bis passendes Mobiliar gefunden wurde, das von der Gebäudeversicherung feuerpolizeilich genehmigt wird.

«Es gibt keine Brandschutzvorschriften, die eine Kaffeemaschine verbieten würden.»

Josef Elsener, Brandschutzexperte

«Es gibt keine Brandschutzvorschriften, die eine Kaffeemaschine verbieten würden», sagt Josef Elsener, der Leiter des Brandschutzes bei der Gebäudeversicherung des Kantons Zug. «Es kommt auf das Nutzungskonzept an, ob die Vorschriften eingehalten werden.» Ein passendes Konzept fürs Casino ist offenbar nicht vorhanden.

Zeit für die Retourkutsche

So weit, so klar. Unklar bleibt, warum kleine Details für derartige Aufregung sorgen. Eine Erklärung: Enorm viele Leute haben mit dem Theater Casino Zug zu tun. Am Funktionieren des Casinos sind vier Organisationen beteiligt. Die Liegenschaft gehört der Stadt Zug, welche auch knapp 14 Millionen Franken für die Renovation des Hauses bezahlt hat.

Den eigentlichen Betrieb des Hauses hat sie an die Stiftung Theater Casino ausgelagert, in dessen Stiftungsrat Leute aus Politik und Kultur sitzen. Dann gibt es den Restaurationsbetreiber namens Gamma Catering. Und als Kulturveranstalterin die Theater- und Musikgesellschaft Zug (TMGZ), die mehrere hundert Mitglieder und einen eigenen Vorstand hat.

Offiziell eröffnet: Die Schlüsselübergabe am Samstagmorgen.

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Zugs Bauchef André Wicki (links) übergibt die Schlüssel zum renovierten Casino an Samuel Steinemann (Intendanz, TMGZ), Manda Litscher (Betriebsleiterin) und Niculin Peter (Gamma Catering).

(Bild: mbe.)

Genügend Adressaten also, um alte Rechnungen zu begleichen und Schuld zuzuweisen – und das Casino als Vorwand zu verwenden. Vor allem Politiker nützen die Gunst der Stunde. Die CVP-Interpellanten Richard Rüegg und Isabelle Reinhart-Engel zielten wegen der Folgen der Renovation auf Bauchef André Wicki, der bei der SVP ist. Und sie waren entsprechend enttäuscht, als sich SP-Stapi Dolfi Müller schützend vor die Beteiligten stellte – denn der tritt Ende Jahr ohnehin von der Bühne ab.

CVP streitet mit der SVP

Die SVP-Gemeindepolitiker retournierten den Vorwurf an die CVP und beschwerten sich über die für den Brandschutz zuständige kantonale Gebäudeversicherung, die in den Händen von CVP-Mitgliedern sei. Von der Gebäudeversicherung war es nur einen Steinwurf bis zum Kanton Zug, welcher diese Einrichtung beaufsichtigt. Und bis zum Vorsteher des Sicherheitsdepartements, Regierungsrat Beat Villiger (CVP). Mit dem führt die SVP eine Fehde wegen einer alten Feuerwehrgeschichte (zentralplus berichtete).

Villiger eignet sich besonders gut als Schwarzer Peter, denn er ist  – wie Max Uebelhart, der Chef der Gebäudeversicherung – nicht nur Christdemokrat, sondern kommt auch noch aus Baar. Es geht also auch um lokale Rivalitäten: Die Baarer nützen die Gelegenheit, um den wohlhabenden und gutmütigen Stadtzugern in die Suppe zu spucken.

Die bösen Baarer sind schuld

So lautet die Geschichte, die der Zuger SVP-Gemeinderat Philip C. Bunner auftischt. Er erinnerte im Stadtparlament daran, dass die Stadtzuger sieben Mal höhere Beiträge in den kantonalen Finanzausgleich einzahlten als die Baarer. Deswegen könne man von den Baarern erwarten, dass sie mithelfen würden, «die Kiste» zum Laufen zu bringen. «Kiste» ist Brunners Bezeichnung fürs Theater Casino.

Der aufwändig renovierte Festsaal aus dem 1909 eröffneten Altbau von Dagobert Keiser.

Der aufwändig renovierte Festsaal aus dem 1909 eröffneten Altbau von Dagobert Keiser.

(Bild: mbe.)

Doch politische Intrigen und Brandschutzvorschriften sind nicht die einzigen Ursachen für den Wirbel ums Theater Casino Zug. Bei der Renovation und beim Betrieb des Casino wurde nämlich nach Möglichkeit gespart. So hat man bei der Renovation bisherige Beleuchtungselemente wieder verwendet. Nun jammern die CVP-Gemeinderäte in ihrer Interpellation darüber, dass am filigranen Geländer des Jugendstil-Theatersaal klobige Scheinwerfer hängen. Das beleidigt ihren Sinn für Schönheit.

Beratung der Beschwerden

Auch der Empfang im Theater Casino, wo Karten im Vorverkauf abgesetzt werden, ist nur von 11 bis 15 Uhr und bei Anlässen besetzt – zu kurz für die Kritiker des Casinos. Die Öffnungszeiten hat der Stiftungsrat des Theater Casinos festgesetzt, in dem auch Stapi Dolfi Müller (SP) und Finanzchef Karl Kobelt (FDP) sitzen. «Der finanzielle Aufwand muss im Rahmen bleiben», findet Dolfi Müller. Dennoch will er den ganzen Ärger um das Casino nicht verniedlichen. «Wir sammeln nun alle Beschwerden und Mängel», sagt er.

Zu den aufgezählten Beschwerden kommt noch das Unbehagen einiger Stadtbewohner über die Beamermiete im Theater Casino. Zwar können Zuger Vereine immer noch gratis Räumlichkeiten im Casino-Altbau mieten, aber dafür hat die Miete für den Beamer aufgeschlagen – um 50 Prozent. Letzter Aufreger ist schliesslich die zeitgenössische Kunst, die im See- und Bergzimmer des Casino-Altbaus hängt. Die gefällt nicht allen.

In zwei Wochen trifft sich der Stiftungsrat der Betreibergesellschaft. Dann wird beraten, welche Mängel man beheben sollte und welche Kritikpunkte man allenfalls ignorieren will. Dolfi Müller ist überzeugt: «Das Theater Casino Zug funktioniert eigentlich gut. Es geht hier nur um das letzte Tüpfelchen auf dem i.»

Die Blumenrabatten sind mittlerweile bepflanzt worden.

Die Blumenrabatten sind mittlerweile bepflanzt worden.

(Bild: mam)

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