Carpolitik Luzern: Keine Alternativen zur Allmend

«Der Tourismus kann schnell kippen, das sieht man in anderen Städten»

Beim Parkhaus Musegg geht es auch um die Cars auf dem Schwanenplatz.

(Bild: zvg)

Die Zukunft der Reisecars liegt auf der Allmend. Das ist das Ergebnis der neusten Carstudie. Warum andere Orte ausschieden und warum sich die Politik jetzt aufraffen muss, erklärt Studienautor Ueli Haefeli.

Ohne Allmend geht’s nicht: Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, erarbeitet vom Luzerner Forschungsbüro Interface. Wenn das Inseli grün wird, werden dereinst 83 Carparkplätze fehlen. Der Luzerner Stadtrat greift die Idee auf, sieht aber jetzt schon, dass die Allmend alleine nicht reichen wird.

Eine Lösung könnte sein, dass man einen neuen Carhub auf der Allmend mit einem zentralen Parkhaus kombiniert (zentralplus berichtete). Andere Ideen, wie ein Parkhaus im Ibach mit einer Metroverbindung, dürften damit endgültig vom Tisch sein. Studienautor Ueli Haefeli erklärt im Interview, warum die Allmend für Cars die einzige Lösung ist.

zentralplus: Die Carproblematik ist eine emotional extrem aufgeladene Angelegenheit. Nun kommen Sie zum Schluss: Das Problem ist lösbar. Bringen Sie jetzt Ruhe in die Diskussion?

Ueli Haefeli: Wir haben einen Weg aufgezeigt, wie es verkehrsplanerisch weitergehen kann. Aber wir haben auch versucht, Brücken zu bauen zwischen den verschiedenen Lagern. Wir haben eine Lösung, mit der beide Lager ohne Gesichtsverlust wieder in den Diskurs kommen können.

zentralplus: Haben Sie schon Reaktionen?

Haefeli: Wir hatten eine Informationsveranstaltung am Montag. Beide Seiten sagten, man müsse unter dieser Prämisse wieder neu anfangen und diesen Prozess wieder neu gestalten. Es ist genauso ein verkehrspolitisches Thema wie ein verkehrsplanerisches.

zentralplus: Wie auch immer letztlich die Lösung genau aussehen wird – um die Allmend kommt man nicht herum. Wieso?

Haefeli: Richtig. Jede Lösung, die wir ins Auge fassen, muss mit der S-Bahn-Station auf der Allmend spielen. Es ist die ideale Einfallsachse für Touristen in die Innenstadt. Das Gleis ist verlässlich, nicht stauanfällig und wir haben auf dem Korridor noch Reserven. Zudem haben wir auf der Allmend sehr viele weitere Optionen, die wir an anderen Orten nicht haben. Wir haben Raum, man kann es zeitlich flexibel entwickeln und testen, und wir haben eine sehr gute Erschliessung zur Autobahn.

zentralplus: Gäbe es überhaupt eine Alternative?

Haefeli: Es gab schon andere Optionen, der Standort Ibach war am Anfang stark im Gespräch, auch die Metro-Lösung haben wir angeschaut. Oder es gäbe die Möglichkeit, dass man die Cars auf ganz viele kleine Standorte in der Stadt verteilt. Am Anfang war alles offen, aber wir haben gesehen, dass ein zentrales Projekt auf der Allmend ideal ist. Das war letztlich ohne Konkurrenz.

Ueli Haefeli ist Experte für Entwicklungspolitik bei Interface Politikstudien.

Ueli Haefeli ist Experte für Entwicklungspolitik bei Interface Politikstudien.

(Bild: jwy)

zentralplus: Der Stadtrat prüft eine Kombination von Allmend und einem zentralen Parkhaus mit rund 40 Parkplätzen in der Innenstadt. Würde das Parkhaus alleine nicht reichen?

Haefeli: Ja, aber die 40 Plätze werden nie alle Bedürfnisse abdecken können. Es gibt viele Carnutzungen, für die diese Parkhäuser gar nicht am richtigen Ort wären. Denken wir an Fernbusse und Reisebusse, die im Inseli ihre Heimat verlieren. Verkehrstechnisch macht es keinen Sinn, dass diese in einem Parkhaus wären, die Nutzer reisen aus verschiedenen Orten mit dem Auto oder dem ÖV an. Das ist auf der Allmend ideal mit der S-Bahn-Haltestelle.

zentralplus: Eine Testphase wäre auf der Allmend einfach machbar, sagen Sie. Wie würde das funktionieren?

Haefeli: Mit einer begrenzten Zahl von Touristen, die diesen Transfer machen. Dann sieht man, wie das auf der Allmend mit dem Umsteigen vom Car auf die S-Bahn klappt.

«Die Park-Gebühren könnten in Echtzeit auf die Nachfrage reagieren, ähnlich wie im Flugbereich.»

zentralplus: Vom Bahnhof Luzern müssten die Touristen zu Fuss weiter an den Schwanenplatz?

Haefeli: Genau, man müsste testen, wie das mit der Besucherlenkung funktioniert. Das Ziel ist, dass Touristen nicht durch die überfüllte Bahnhofshalle müssen, sondern direkt auf der KKL-Seite den Bahnhof verlassen können. Wir sind der Meinung, dass es ein sehr attraktiver Weg ist. Die Leute laufen am KKL vorbei, sie sehen die Schiffe, gehen weiter über die Seebrücke und können fotografieren. Wir müssen aber in der Praxis herausfinden, ob das mit den Reisegruppen klappt.

zentralplus: Nötig sind auch flankierende Massnahmen wie eine Reservations-App, Parkplatzgebühren oder ein Monitoring. Wieso?

Haefeli: Die App würde aufzeigen, wo die Parkplätze aktuell frei sind. Man sollte es ausbauen zu einem Reservations- und Bezahlsystem, mit dem man Parkplätze weit im Voraus reservieren könnte. Die Gebühren könnten in Echtzeit reagieren, ähnlich wie im Flugbereich: Wenn die Nachfrage am grössten ist, kostet der Parkplatz am meisten. Die Technik bietet diese Möglichkeiten und die sollte man unbedingt nutzen in Zukunft.

zentralplus: Luzern braucht zu Spitzenzeiten 120 Carparkplätze. Aber das ist selten der Fall.

Haefeli: Um Mitternacht braucht es manchmal gar keine (lacht). Es ist flexibel. Die Spitzenzeiten sind in der Regel in den Sommermonaten zwischen 15 und 19 Uhr. Die meiste Zeit braucht es weniger Plätze, gerade im Januar würde auch die Hälfte reichen.

zentralplus: Der Tagestourismus mit Cars ist nicht wegzudenken aus Luzern, sagen Sie. Wie kamen Sie darauf?

Haefeli: Wir sehen, dass der Anteil an der Wertschöpfung sehr hoch ist. Tagestouristen geben in der kurzen Zeit, in der sie in Luzern sind, sehr viel aus. Das kann man nicht kompensieren mit dem Übernachtungstourismus, das ist nicht realistisch. Wir sind klar dafür, dass es weiterhin einen Tagestourismus braucht, um die Arbeitsplätze zu erhalten.

zentralplus: Besteht die Gefahr, dass die Akzeptanz des Tourismus abnimmt, wenn es so weitergehen würde wie jetzt?

Haefeli: Absolut, den Leuten macht es Kummer, wenn der Tourismus endlos weiterwächst. Dann fühlt man sich als Luzerner irgendwann an den Rand gedrängt, dieses Gefühl nehme ich in vielen Gesprächen wahr. Es kann schnell kippen, das sieht man in anderen Städten. Darum ist es wichtig, dass man jetzt handelt.

«Touristen werden auch in Zukunft in grossen fahrzeugähnlichen Gefässen anreisen.»

zentralplus: Ist es darum auch wichtig, den Leuten den Schwanenplatz «zurückzugeben»?

Haefeli: Genau, das wäre das Ziel und das ist auch möglich. Es ist letztlich auch im Interesse der Uhrenbranche.

zentralplus: Eine Prognose: Wie sieht die Carsituation 2030 in Luzern aus?

Haefeli: (überlegt) Als Bürger hätte ich eine Meinung, aber als Experte sage ich Ihnen: Das weiss ich nicht und will ich auch noch nicht wissen. Sonst wäre ich auch zu wenig ergebnisoffen in diesem Prozess.

zentralplus: Aber Cartouristen wird es noch geben?

Haefeli: Ja, die Technologie entwickelt sich stark, aber Touristen werden nicht mit dem Helikopter oder der Drohne kommen. Sie werden immer noch in grossen fahrzeugähnlichen Gefässen anreisen.

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