«A Circus Symphony» im KKL

Atemberaubende Artistik, Klassik zum Mitsummen, aber zu viele Clowns

Im KKL fliegen an der Vorstellung 2017 Artisten durch die Luft.

(Bild: Roland Schoeni)

Mit der Premiere von «A Circus Symphony» führt Obrasso Concerts die Philharmonie Baden-Baden mit Dirigent Carlos Domínguez-Nieto, Lichtdesignern und namhaften Artisten zusammen. So wurden auch Leute in den klassischen Konzertsaal gelockt, die sonst mit Orchestermusik eher wenig am Hut haben. Ein gelungenes Programm, auch wenn der Fluss des Abends zeitweise stockte.

Mit unglaublicher Anmut bewegt sich Janine Eggenberger am Tanztrapez zu den Klängen von Gabriel Faurés berühmter Pavane op. 50 durch die Lüfte. Die Schweizerin ist nur eine von vielen atemberaubenden Acts an diesem Abend. Zu den eher bekannteren Disziplinen wie Vertikaltuch und Jonglage gesellen sich Contorsion, Inlineskates, chinesisches Hoop Diving und sogenanntes Cyr Wheel.

Die international erfolgreichen Artisten vollbringen denn auch Dinge, die den Zuschauern den Atem stocken lassen. Sie verbinden Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer mit formvollendeter Grazie und performen so Höchstleistungen. Und das mitten im Konzertsaal des KKL.

Artisten als Brücke zum Publikum

Noch bevor das Konzert beginnt, verirren sich zwei Clowns auf die Bühne. Einer packt eine Fusselrolle aus und beginnt sowohl sich als auch einen Zuschauer der ersten Reihe zu dessen Belustigung abzubürsten. Die Episode steht stellvertretend für das ganze Abendprogramm: Es sind die Clowns wie auch die Artisten selbst, die eine Brücke zwischen Orchester und Zuschauer schlagen.

Der Samstagabend im KKL verzauberte mit Klassik und Zirkus.

Das KKL im Bann von Klassik und Zirkus. Das Bild stammt aus einer früheren Vorstellung.

(Bild: Roland Schoeni)

Dies ist besonders unter einer musikvermittelnden Perspektive interessant: Hochrangige Artisten erwecken mit ihrer Kunst die Musik zusätzlich zum Leben und bringen so die Orchestermusik näher zum Publikum. So werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Eine interdisziplinäre experimentierfreudige Konstellation entsteht und es werden Leute in den klassischen Konzertsaal gelockt, die sonst mit Orchestermusik eher wenig am Hut haben.

Musikprogramm für eine breite Menge

Das Musikprogramm war auch ganz offensichtlich darauf ausgerichtet. Gespielt wurde querbeet durch die Romantik mit Ausreissern wie etwa Leroy Andersons berühmtem «Typewriter», in dem eine Schreibmaschine das Solo-Instrument mimt. Das Credo schien Eingängigkeit und Bekanntheit zu sein. Das Programm erinnert so an die im 19. Jahrhundert populären Konzerte, deren Musikprogramme in ähnlicher Weise ans Hörpublikum angepasst wurden: Dem Musikkenner wurden Sinfonien serviert, dem gelegentlichen Musikhörer ein kunterbuntes Potpourri-Programm, zu dem mitgesummt werden konnte.

Mitgesummt wurde auch im Konzert im KKL, was beweist, dass die Rechnung aufging. Über die Artisten, die Programmauswahl und nicht zuletzt durch das Lichtdesign wird orchestrale Musik einer breiteren Menge zugänglich gemacht. Dadurch, dass das Publikum dazu angehalten wurde, nur am Ende eines Acts zu klatschen, wurde auch sichergestellt, dass der Musikgenuss nicht beeinträchtigt wurde. Trotzdem ist das Konzertformat weniger für den versierten Konzertgänger geeignet, zu bekannt werden ihm die Musikstücke erscheinen, darunter etwa Massenets «Meditation» aus der Oper «Thaïs» oder Bizets «Habanera».

Artistik trifft auf Klassik. (Archivbild)

Artistik trifft auf Klassik. (Archivbild)

(Bild: Roland Schoeni)

Dass die Philharmonie und Dirigent Carlos Domínguez-Nieto ihr Repertoire beherrscht, bewies sie in der Ouvertüre der Oper «Die verkaufte Braut» von Smetana. Der Klang bestach mit wenig Unsicherheiten durch Weichheit und Ausgewogenheit. Stellenweise stockte die Musik etwas, was möglicherweise der Koordination mit den Artisten geschuldet sein kann.

Hohes Niveau bei den Artisten – aber zu viele Unterbrüche

Stockend war auch der Fluss des Abends, der nach jeder einzelnen artistischen Einlage durch die Clowns unterbrochen wurde. Wie das mit Humor so ist: Entweder man mag ihn oder man mag ihn nicht. So gab es immer wieder Lacher im Publikum, es liessen sich aber auch Stimmen verlauten, welche die Clowns lieber weniger oft auf der Bühne gesehen hätten. Interessant und ausbaufähig war auf jeden Fall das Spiel mit der Musik.

Eines bleibt nach der «Circus Symphony» besonders eindrücklich haften: Die Artisten benötigen hartes Training und viel Vertrauen, um ein derart hohes Niveau zu erreichen. Und sie lieben, was sie tun.

Weiteres Konzert: 25.02.2018 (Veranstalter: Obrasso Concerts)

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