Gesetz zu Online-Glücksspiel sorgt für rote Köpfe

So rechtfertigt der Luzerner Casino-Direktor Internet-Zensur

Wolfgang Bliem führt das Grand Casino Luzern seit 14 Jahren.

(Bild: zvg)

Das Grand Casino Luzern will ins Online-Business einsteigen. Ein neues Geldspielgesetz erlaubt Onlinepoker und weitere Spiele und schliesst gleichzeitig ausländische Anbieter vom Markt aus. Jungpolitiker fürchten einen Dammbruch gegen die Freiheit im Internet.

Am 10. Juni wird das Schweizer Stimmvolk über ein neues Geldspielgesetz abstimmen. Jungparteien hatten erfolgreich das Referendum dagegen ergriffen. Worum geht’s? Das neue Gesetz ermöglicht Netzsperren gegen ausländische Spieleanbieter. Künftig würde der Online-Markt den einheimischen Casinos – etwa dem Grand Casino Luzern – vorbehalten bleiben. Bisher dürfen diese ihre Angebote nicht online anbieten.

Die Luzerner Sektion der Jungfreisinnigen habe, im Vergleich mit anderen Jungparteien, schweizweit am meisten Unterschriften gegen das neue Gesetz gesammelt, erklärt Vizepräsident Nicolas A. Rimoldi stolz. «Netzsperren schränken die Informations- und Konsumfreiheit massiv ein.» Der Staat habe nicht zu entscheiden, welche Internetseiten wir besuchen könnten und welche nicht. «Unsere Wahlfreiheit im Internet staatlich zu beschränken, kommt einer Zensur gleich.» Rimoldis Vorschlag: «Besser wäre es, ausländische Online-Casinos in den Schweizer Markt zu integrieren, was zusätzliche Steuereinnahmen generiert. Diverse EU-Länder gehen erfolgreich diesen Weg.»

Zudem wird die Wirksamkeit bezweifelt, denn Netzsperren sind leicht zu umgehen. Und die Jungfreisinnigen fürchten sich davor, das neue Gesetz könnte weiteren Netzsperren Tür und Tor öffnen. «Auch andere Branchen könnten versuchen, unliebsame Konkurrenz auf Gesetzesebene auszuschalten.» Rimoldi nennt als Beispiele Zalando oder Netflix.

Junge Grüne wollen mehr Schutz vor Spielsucht

Die Jungen Grünen haben auf eigene Faust auch Unterschriften gegen das Gesetz gesammelt. Der Zuger Luzian Franzini ist Co-Präsident der Jungen Grünen Schweiz: «Die Internetfreiheit ist ein Grundrecht», sagt er. Niemals dürfe Zensur von Websites ein legitimes Mittel der Politik sein, sagt er grundsätzlich.

Bei einer Neuauflage des Gesetzes möchten die Jungen Grünen insbesondere die Prävention von Spielsucht höher gewichten. «Zentral ist natürlich auch, dass der Zugang für ausländische Anbieter erhalten bleibt, diese müssen jedoch strikt konzessioniert und besteuert werden», sagt Franzini.  

Für das neue Gesetz lobbyiert haben die Schweizer Casinos. zentralplus traf Wolfgang Bliem, den CEO des Grand Casino Luzern. Seit 14 Jahren hält der gelernte Betriebswirt nun die Zügel an der Haldenstrasse in der Hand.

zentralplus: Wolfgang Bliem, werden Sie – wenn das Gesetz durchkommt – Ihre Angebote in Zukunft online anbieten?

Wolfgang Bliem: Ja, wenn der Gesetzgeber diesen Bereich öffnet, wollen wir dort tätig werden. Die Online-Angebote sind aus unternehmerischer Sicht lediglich ein anderer Vertriebskanal, der uns momentan gesetzlich verboten ist. Aktuell fliessen deshalb rund 250 Millionen Franken jährlich an ausländische Online-Casinos.

zentralplus: Aber warum muss man die ausländischen Casinos gleich vom Markt aussperren?

Bliem: Ich muss erst etwas ausholen. Glücksspiel ist kein normales Produkt und kann nicht dem freien Markt überlassen werden. Es muss reguliert werden, weil es zu Spielsucht führen, zur Geldwäscherei missbraucht werden sowie Betrugsgefahren in sich bergen kann. Rund 1 Prozent der Bevölkerung kann irgendwann ein problematisches Spielverhalten entwickeln.

Die eidgenössische Spielbankenkommission überwacht die Casinos in Bezug auf das Sozialkonzept, aber auch auf Geldwäscherei und einen transparenten Spielbetrieb strengstens. Im Prinzip passiert bei der Online-Gaming-Regulierung nichts anderes, als dass man den in meinen Augen unbestrittenen und richtigen Grundsatz «Glücksspiel muss reguliert werden» auch auf das Internet anwendet.

zentralplus: Und weshalb die Zugangssperren für ausländische Casino-Websites?

Bliem: Ohne Zugangssperren zu ausländischen Spielangeboten können die Ziele des Gesetzgebers nicht umgesetzt werden und die grossen Beiträge, die die Casinos und die Lotterien an das Gemeinwohl leisten, sind gefährdet. Seit 2003 etwa wurden mehr als 6 Milliarden Franken in die AHV und an die Kantone einbezahlt. Und die Gelder aus dem Lotteriebereich gehen in die Sport-, Kultur- und Sozialförderung. 

«Das Glücksspiel kann man in keinster Weise mit Dienstleistungen wie ‹Uber›, ‹Airbnb› oder ‹Zalando› vergleichen.»

zentralplus: Gegner sprechen von einem Dammbruch gegen die Freiheit im Internet. Was sagen Sie dazu?

Bliem: Das sind Argumente, die von internationalen Anbietern ins Spiel gebracht werden, um Ängste zu schüren. Meiner Meinung nach sind die völlig falsch. Weil, das Wichtigste ist, und das ist unbestritten: Glücksspiel muss reguliert werden und kann nicht dem freien Markt überlassen werden.

Das neue Geldspielgesetz betrifft exklusiv den Bereich Glücksspiel und europaweit nutzen die Länder diverse Regulierungsmöglichkeiten. Zugang-Sperren sind heute eine gängige Massnahme in Europa und kommen in Frankreich, Italien, Spanien, Dänemark, Belgien und weiteren Ländern zur Anwendung.

Das Grand Casino Luzern will künftig auch Online-Spiele anbieten.

Das Grand Casino Luzern will künftig auch Online-Spiele anbieten.

(Bild: zvg)

zentralplus: Rechtfertigt das Netzsperren? Den ausländischen Anbietern bliebe ja keine andere Wahl, als sich in der Schweiz um eine Konzession zu bemühen.

Bliem: Die Bekämpfung nicht bewilligter Geldspielangebote, der Schutz vor Spielsucht, Geldwäscherei und Betrug rechtfertigt die Blockade einzelner Online-Gaming Sites. Mit dem Geldspielgesetz werden diese Sperren sehr spezifisch auf Glücksspiele angewendet. Der Gesetzgeber hat dies nur für diese Seiten vorgesehen und kann dies nicht auf andere Bereiche übertragen. Das Glücksspiel kann man in keinster Weise mit Dienstleistungen wie «Uber», «Airbnb» oder «Zalando» vergleichen. Dieser Vergleich greift nicht. 

zentralplus: So geht doch die Wahlfreiheit des Kunden verloren.

Bliem: Die Bürger werden nicht bevormundet. Wer trotz alledem auf einer ausländischen Site spielt, wird nicht verfolgt und macht sich nicht strafbar.

zentralplus: Nun wird in den nächsten Monaten die Branche unter die Lupe genommen. Spielsucht, Geldwäscherei sind Begriffe, die immer wieder auftauchen. Wie schauen Sie dem Abstimmungskampf entgegen?

Bliem: Die Geldspielbranche ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, der jährlich rund eine Milliarde an AHV, Sport, Kultur, Umwelt und Soziales abliefert. Die entstehende breite Diskussion über die Leistungen einer hochregulierten Branche mit strengsten Anforderungen kann sicher sehr wertvoll sein. Dem Abstimmungskampf sehe ich zuversichtlich entgegen, da ich überzeugt bin, dass die Schweizer Bevölkerung den wirkungsvollen Schutz vor Spielsucht auch online sicherstellen und die Geldabflüsse ins Ausland in Millionenhöhe beenden will.   

Casino organisiert E-Sports-Turniere

Der 54-jährige Wolfgang Bliem ist CEO der Grand Casino Luzern-Gruppe und Verwaltungsrat sowie Delegierter der Casino Online AG. Bliem ist Absolvent der Wirtschaftsuniversität Wien. Er bezeichnet sich als Hobbysportler. «Gerne bin ich mit Mountainbike oder Snowboard in der Natur unterwegs», sagt er.

Bliem ist seit mehr als 30 Jahren in der Unterhaltungsbranche tätig. Nachdem er viele Jahre für Casinos Austria tätig war, kam er 2003 nach Luzern. «Mir gefällt es hervorragend», sagt er. «Ich leite ein klassisch schönes Casino, wie man es sich als Profi nicht besser vorstellen kann.» 

«Wir versuchen ständig, innovativ zu sein», sagt der Casino-CEO. So habe man Ende des vergangenen Jahres erstmals ein E-Sports-Turnier durchgeführt. «Rund 160 Gamer haben bei uns Fifa gespielt», erzählt Bliem. Weiter nennt er als Beispiel «Jassino», ein neu entwickeltes Spiel, welches Jassen mit Poker verbindet.

  

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