Basler Wahl-Luzernerin zwischen den Fasnachten

Chantal Staubli: Austoben in Luzern, Gänsehaut am Morgestraich

Tanzt gleich auf zwei Fasnachten: Chantal Staubli mit Basler Larve (links) und Luzerner Maske.

(Bild: hae)

Nebst Urknall und Fötzeliräge gibt es in ihrem Leben auch Morgestraich und Schnitzelbängg: Zwei Seelen wohnen, ach, in Chantal Staublis Brust. Die gebürtige Baslerin lebt zwar schon seit 35 Jahren in Luzern – aber immer noch tanzt sie auf beiden Fasnachten. Ehrensache: mitten in den Hexenkesseln. Weil sie des Teufels ist, die Fasnacht?

Die Fasnacht, des Teufels? Und wenn schon. Aber welches ist denn die beste? Für uns Luzerner Lokalpatrioten ist der Fall von vornherein klar. Aber wie würden solche urteilen, die beide Winteraustreibeten aus dem Effeff kennen?

Das wollen wir von der schlanken, energiegeladenen Frau wissen. Ihre Augen leuchten, selbst hinter den Masken, die sie für die Fotos anzieht: Chantal Staubli lebt für die Fasnacht, und das seit Jahren. In diesen Wochen vor den «schönsten Tagen des Jahres» freut sie sich, bald wieder durch Luzern ziehen zu können. Und danach auch während der «drey scheenschte Dääg» durch Basel.

Lady in Red: So sah man Chantal Staubli an einer früheren Luzerner Fasnacht.

Lady in Red: So sah man Chantal Staubli an einer früheren Luzerner Fasnacht.

(Bild: hae)

Nun, welches sind die offensichtlichen Unterschiede? Larfe oder Grinde versus Waggis, Konfetti gegen Räppli, Chatzemusig versus Schnitzelbängg, Fasnachtschüechli gegen Mehlsuppe: Schon bei den Bezeichnungen gehen die Sprachen und Geister auseinander.

Basler Kopf versus Luzerner Bauch

Doch malen wir mal schwarzweiss: Basler Kopf versus Luzerner Bauch, Intellekt gegen Emotion, um es salopp zuzuspitzen? «Das kann man durchaus so sagen», findet Chantal Staubli und lacht. «Die Luzerner Fasnacht ist tatsächlich sehr ausgelassen und üppig, da lässt es sich herrlich austoben», fällt der Physiotherapeutin, die sehr sportlich ist, als Erstes ein. Ausserdem seien die Kostüme in Luzern viel ausgearbeiteter, die Basler legten dafür mehr Wert auf die kreativen Larven.

Typisches Basler Outfit: Chantal Staubli als Harlekin mit Piccoloflöte.

Typisches Basler Outfit: Chantal Staubli als Harlekin mit Piccoloflöte.

(Bild: hae)

Chantal Staubli präzisiert: «In Luzern gefallen mir am besten die vielen Einzelmasken, die ihre Ideen wunderbar umsetzen. Die Strassenfasnacht ist laut und chaotisch, jeder kann mitmachen: Nur schon mit einer roten Nase ist man dabei, wenn man ein Minimalist ist.» Das Visuelle sei in Luzern vor allem wichtig und voller Stolz führt sie ihr Kostüm in Rot vor.

Im Tambourenverein, der ältesten Stadtmusik

Chantal Staubli ist Mitglied des Tambourenvereins Turm zu Allenwinden, einer alteingesessenen Gruppierung der Stadt. Das klingt sehr traditionell, ist es auch: Die Tambouren sind der älteste Musikverein der Stadt, 110-jährig, die zwei Dutzend Mitglieder proben im Allenwinden-Turm.

Der Ursprung liegt wie vermutet im Militär: Neun Tambouren, zwölf Pfeifer plus Fähnriche, «und wir sind die Musik der Sanfranzunft.» Aha, Chantal Staubli bläst ihr Piccolo also quasi mit den Repräsentanten der Fasnachtsregierung!

Man merkt: Chantal Staubli ist stets mit Freude dabei, also alles andere als eine Minimalistin. Sie probt nicht nur für beide Fasnachten, Basteln und Schneidern gehören natürlich auch dazu. Im dreistöckigen Haus wandern wir unters Dach, wo sich ihre Kostüme und Masken stapeln.

Hier die Basler Outfits, dort diejenigen für die Strassentage in Luzern. Der Laie kann die kaum auseinanderhalten. Doch ein Profi wie Chantal Staubli schon. Und die Basler Wahl-Luzernerin ist eine Unbestechliche, weil sie doch beide Fasnachten mag. Oder?

Spass durch Krach?

Lokalfetischisten streiten sich bekanntlich schon meist über die Musik, die bei uns in Luzern «chüble», «tschättere» und «schränze» muss, sprich: Spass durch Krach machen. So zumindest geht das Klischee: Machen die Luzerner nicht viel Krach, während die Basler mit ihren Flöten und Trommeln zum rhythmischen Marsch blasen? Da lacht Chantal Staubli und winkt ab: «Nein, in Luzern wird heute auf hohem Niveau Musig gemacht, nicht zuletzt dank der vielen guten Bläser.»

Sie selber spielt die kleine Flöte, die in Basel nebst den Trömmelern ein wesentlicher Bestandteil der Cliquen ist. «Doch ich habe das Spiel in Luzern erlernt – und nicht etwa in Basel!» Also zieht Chantal Staubli doch die Luzerner Fasnacht vor?

Basler Fasnacht ist Unesco-Weltkulturerbe

Kann sie so nicht sagen, denn bekanntlich wurde die Basler Fasnacht doch unlängst geadelt: Am 7. Dezember 2017 wurde sie ins Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen. Laut Wikipedia wird diese Auszeichnung verliehen an Stätten und Brauchtümer, die «aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität weltbedeutend sind». Könnte das der Luzerner Fasnacht auch passieren? Das glaubt Chantal Staubli nicht, was aber nicht heisse, dass das hiesige Maskentreiben ein minderes wäre, «es ist einfach anders».

«Das tut doch in den Ohren weh! So kommt die Luzerner Fasnacht nie in die Unesco …»

In Luzern stört Chantal Staubli, dass viele Kleinformationen mit Lautsprechern auf ihren Wagen aufmarschieren und dann zu Schlagerpartys laden. «Das tut doch in den Ohren weh! So kommt die Luzerner Fasnacht nie in die Unesco …», sagt sie mit einem Augenzwinkern.

Chantal Staubli hat mit ihrem Mann, dem bekannten Chirurgen Alex Staubli, fünf Kinder im Alter von 27 bis 34 Jahren, darunter die Gastronomin Simone Müller-Staubli, die mit der «Werkstatt» in der Luzerner Neustadt sowie dem Hotel Kastanienbaum Erfolge feiert (zentralplus berichtete). Doch ihren Kindern hat sie das Fasnachtsvirus kaum einpflanzen können. Obwohl das doch an sich schon spannende Wissenschaften mit langen Geschichten sind.

Masken der Luzerner Fasnacht: mal kleinkariert, mal ein Vogelgrend.

Masken der Luzerner Fasnacht: mal kleinkariert, mal ein Vogelgrend.

(Bild: hae)

Aber natürlich ist auch die Basler Fasnacht für Staubli nicht perfekt: «Die Fasnacht darf nicht zu einer Touristenattraktion verkommen. Denn in Basel hat es mitunter manchmal mehr ausländische Gäste, die herumstehen und gaffen, als Fasnächtler», weiss Chantal Staubli.

Aber an welcher Fasnacht spürt Chantal Staubli sich am intensivsten? Sie muss nicht lange studieren: «Vor vier Uhr früh beim Morgestraich in Basel, wenn dann diese unsägliche Ruhe herrscht, alle Lichter löschen, und danach geht’s los, dann habe ich schon fast Tränen in den Augen. Ja, Gänsehaut zieht sich über meinen Körper.» Wenn sie mit ihren «Exilisten», so heisst ihr «Schiisdräggzügli» an der Basler Fasnacht, «gässlen» geht, also durch die Gassen zieht, dann sei sie einfach glücklich.

Klar, Chantal Staubli war auch schon beim Luzerner Urknall und der Orangenschlacht dabei, aber da empfinde sie weniger, gibt sie ungern zu. «Beim Start, da schlägt schon mein Basler Herz.» Und ihre Augen leuchten.

Typische Masken der Basler Fasnacht: zum Morgestraich leuchten die Lämpli.

Typische Masken der Basler Fasnacht: zum Morgestraich leuchten die Lämpli.

(Bild: hae)

Und dann fügt sie mit einem breiten Lachen noch hinzu: «Aber erstmals geht’s jetzt eine Woche an die Luzerner Fasnacht. Ich kann es kaum erwarten …»

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