Gesetzesänderung zwingt Wirte zu mehr Tierschutz

Wie in Luzern (noch) lebende Hummer gekocht werden

Ralf Thomas kocht im Restaurant «Bam Bou» Hummer.

(Bild: les)

Bald ist Schluss: Hummer lebend zu kochen, wird verboten. Der Luzerner Wirt Ralf Thomas kochte bisher mit dieser Methode – zentralplus durfte dabei zusehen. Nun denkt er um. Hummer will er in der Küche des «Bam Bou by Thomas» jedoch weiterhin anbieten.

Ab dem 1. März dürfen Hummer in der Schweiz nicht mehr lebendig gekocht werden. Der Bundesrat hat beschlossen, dieser umstrittenen, aber weit verbreiteten Zubereitung ein Ende zu setzen.

In den Restaurantküchen der Stadt Luzern haben Hummer Seltenheitswert. Die Krebse gelten als Delikatesse. Genau darauf setzt das Wirtepaar Ralf und Corinna Thomas des «Bam Bou by Thomas». Im Januar und Februar bieten sie während der «Hummer-Wochen» spezielle Gerichte an. Der Chef steht selbst in der Küche – Ralf Thomas gewährt zentralplus Einblick in die Hummerzubereitung.

Die Mär der pfeifenden Hummer

«Diese Hummer wurden vor rund 20 Minuten geliefert», erklärt Ralf Thomas. Acht Tiere befinden sich unter einer feuchten Zeitung auf feuchter Holzwolle in einer Kiste. Auch die Tiere selbst sind noch feucht. Sie stammen aus Kanada oder den USA – sogenannte «rote Hummer». «Unser Lieferant hat ein Zertifikat, dass er lebendige Krustentiere und Krebse importieren darf.» Anschliessend wurden die Tiere in einem Aquarium gehalten, ehe sie nach Luzern kamen.

Ein Prachtskerl.

Ein Prachtskerl.

(Bild: les)

«Wir lagern bei uns keine lebendigen Tiere», erklärt Thomas. Dies werde oft kritisiert, weil die Tiere in den Frigos unter Kälte und Hunger leiden würden. Im Restaurant an der Sempacherstrasse werden die Hummer gleich verarbeitet.

Auf dem Herd steht ein Topf mit kochend heissem Wasser. Thomas nimmt einen Hummer und befördert ihn ins heisse Wasser. Das Tier ist innert Sekunden tot. Nach etwa einer Minute nimmt Thomas den Hummer raus. Sobald das Wasser wieder kocht, folgt der nächste.

«Ein Tier soll so wenig leiden müssen wie möglich.»

Ralf Thomas, Wirt

Dass die Hummer dabei pfeifen würden, sei eine Mär, erklärt Thomas. Auch Sous-Chef Florian Fankhauser pflichtet bei: «Ich habe schon tausend Hummer gekocht, ein Pfeifen nahm ich noch nie wahr.» Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Wissenschaft: Hummer haben kein Organ, das Laute von sich geben könnte.

Und so sieht das Ganze im Video aus:

Die Problematik mit den Froschschenkeln

Das Töten der Tiere durch Hitze wird nun jedoch verboten (siehe Box). «Ich bin mir absolut bewusst, dass dieses Thema heikel ist», sagt Thomas. Das Verbot sei just einen Tag, nachdem der Wirt ein Mail mit Hinweis auf die Hummer-Wochen an 500 Personen verschickt hatte, publik geworden. «Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dieses Jahr vielleicht verzichtet», so Thomas. Die Leute würden trotzdem kommen, eine Nachfrage nach Hummer bestehe offensichtlich.

Zurück zur Zubereitung. Thomas zeigt Verständnis für kritische Stimmen, welche das Kochen der lebendigen Hummer für ethisch fragwürdig halten. «Man muss den Tierschutz gross schreiben. Ein Tier soll so wenig leiden müssen wie möglich», sagt er. 

«Sobald man etwas gefriert, gibt es einen Qualitätsverlust.»

Ralf Thomas, Spitzenkoch

Er gibt jedoch zu bedenken: «Dieselben ethischen Fragen stellen sich auch bei Entenlebern oder Froschschenkeln.» Thomas stellt fest, dass man in der Deutschschweiz eher etwas gehemmter sei als etwa in der französischen Schweiz. Und dann sei es auch eine Preisfrage. «Wenn ich Froschschenkel eines zertifizierten Schweizer Produzenten kaufe, kann ich sicher sein, dass die Frösche nicht leiden mussten.» Bei indonesischer Billig-Importware müsse man damit rechnen, dass man die Schenkel lebenden Fröschen ausgerissen habe.

Erfrieren verdirbt Geschmack

Tiere werden getötet, indem man das Hirn ausschaltet und das Tier ausbluten lässt. Doch Krebse haben kein Blut und nicht nur ein, sondern mehrere Hirnareale. Wie viele Wirbellose haben Krebse ein Strickleiter-Nervensystem und kein zentrales Nervensystem. Der Tötungs-Impuls muss auf den ganzen Körper wirken.

Zwei Methoden erfüllen diese Voraussetzung: Einfrieren und Erhitzen. Viele Gastronomen lehnen das Einfrieren ab, weil dabei die Struktur des Fleisches leide. Durchgesetzt hat sich das Töten in kochendem Wasser. Dabei sei zwingend, dass das Wasser koche und die Tiere einzeln ins kochende Wasser gelegt würden. Wissenschaftlich eindeutige Bestätigungen, ob und wie stark das Tier mit dieser Methode leidet – oder eben nicht –, gibt es nicht.

Thomas verwendet das ganze Tier

Lebende Hummer verwendet man insbesondere aus Qualitätsgründen. «Sobald man etwas gefriert, gibt es einen Qualitätsverlust. Das sieht man bei Fisch, Poulet oder Rind.» In seinem Restaurant werden Hummer halbiert serviert. Da spüre man den Unterschied. «Für unsere Raviolis könnte man durchaus mit gefrorenem Hummer arbeiten», erklärt er.

Das ganze Tier wird verwendet. «Mit der Schale machen wir Suppe, mit den Scheren und Beinen Ravioli. Die ganzen Scheren verwenden wir für den Gratin.» Ein Hummerschwanz bringt zwischen 100 und 120 Gramm Fleisch. «Damit die Gäste genug bekommen, bieten wir ein ganzes Menü an», sagt der 15-Punkte-Koch Thomas. Dieses 6-Gang-Menü kostet 135 Franken.

Die Spezialitäten-Woche finde bewusst anfangs Jahr statt. «Erstens ist Hummer-Hochsaison und zweitens gelten Januar und Februar in der Gastronomie als eher lahme Monate, in denen man mit Überraschungen punkten will.» Viele Stammgäste würden jeweils das Lokal besuchen. Diese seien auch schon im früheren Restaurant von Thomas, dem «Kreuz» in Dallenwil, gekommen (zentralplus berichtete).

In Zukunft kommen Hummer unters Messer

Im Januar hat das «Bam Bou by Thomas» etwa hundert Hummer verwertet. Preislich seien die Tiere «erschwinglich» – Thomas bestellt beim bekannten Händler «Bianchi». «Man kann es mit einem Rindsfilet-Mittelstück aus den USA oder Irland vergleichen. Ein Kilo Hummer kostet 40 bis 45 Franken.» Man müsse jedoch beachten, dass der Panzer und alles mitgewogen werde.

In Zukunft werden Hummer vor dem Kochen wie gezeigt mit einem Messer getötet.

In Zukunft werden Hummer vor dem Kochen wie gezeigt mit einem Messer getötet.

(Bild: les)

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie die Hummer in Zukunft zubereitet werden. Laut neuer Gesetzesregelung müsste der Hummer betäubt werden. «Nur ist die einzige Firma, welche diese Geräte in Europa anbot, konkurs gegangen», sagt Thomas. Und einen Taser könne er nicht anschaffen, weil die unters Waffengesetz fallen. Bleibt die letzte Alternative: Die Hummer werden vor dem heissen Wasser getötet. 

Thomas nimmt ein Messer und zeigt, wie man den Hummer in Zukunft halbieren werde. «Ich habe das vor 30 Jahren schon hundertfach gemacht und bin überzeugt, dass die Tiere sofort tot sind», erklärt er. Bei jemandem in Ausbildung sei er sich dessen jedoch nicht so sicher. Ob zufrieden mit der neuen Methode oder nicht, Thomas hat sich damit abgefunden. «Es ist doch schön, haben wir keine grösseren Probleme», sagt er.

In der Bildergalerie sehen Sie weitere Schnappschüsse: 

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