Luzerner Ex-Präsident zur FCL-Krise

Albert Koller: «Babbel hatte sicherlich bereits eine Alternative im Kopf»

Hält die Franzosen für überschätzt: Albert Koller, Firmensanierer.

(Bild: zvg)

Albert Koller durchlebte vor 20 Jahren als FCL-Präsident einen dreijährigen Höllenritt mit Fastabstieg, Millionensanierungen und Intrigenspielen. Die heutige Vereinsführung macht auf ihn in der Krise keinen professionellen Eindruck – wenn Markus Babbel seine Freistellung auch mit Kalkül verfolgt habe. Da fragt man sich: Hat Koller wieder Lust auf Fussballverantwortung?

zentralplus: Albert Koller, bei Misserfolg wird immer der Trainer als schwächstes Glied in die Wüste geschickt. War der Abgang von FCL-Coach Markus Babbel der richtige Entscheid?

Albert Koller: Trainer Babbel freizustellen, war absolut richtig; er hat seinen Abgang nach meinem Dafürhalten provoziert und hatte sicherlich bereits eine Alternative im Kopf. Darüber sollte man sich nicht täuschen lassen. Das war keine Affekthandlung. Tatsächlich steht ja niemand von der Clubleitung auf dem Fussballplatz. Man sollte jetzt nicht die Spieler aus der Verantwortung nehmen, der Erfolg findet auf dem Platz und nicht in der Geschäftsstelle statt.

1999 im Stahlbad des Spitzenfussballs: Albert Koller blickt auf Millionenschulden des FCL.

1999 im Stahlbad des Spitzenfussballs: Albert Koller blickt auf Millionenschulden des FCL.

(Bild: Buchauszug «Der Ehrenpräsident» / zvg)

zentralplus: Ist Gerardo Seoane für den FCL eine gute Wahl?

Koller: Das kann ich nicht beurteilen. Im Abstiegskampf muss der Trainer über Autorität und über erfahrene Spieler verfügen, die rücksichtlos auch ein 0:0 nach Hause fahren und einen Punkt buchen. Sie können davon ausgehen, dass der Präsident von Sion alles unternehmen wird, Luzerner Spieler auch mit Angeboten zu verunsichern.

«Sportchef Remo Meyer sollte nicht vom Blatt ablesen.»

zentralplus: Die Emotionen werden nicht nur auf den Plätzen hochgehen, sie kochen auch in den sozialen Medien hoch: «Kindergarten», «Drama» oder «Schmierenkomödie» sind die noch druckfähigen Kommentare zur FCL-Misere. Hat der Stammtisch Recht?

Koller: Die Pressekonferenz, die ich online im Internet verfolgte, war tatsächlich nicht sehr professionell organisiert. Ausserdem war sie taktisch nicht klug lanciert mit der Frontaleinstellung der Kamera. FCL-Sportchef Remo Meyer sollte nicht vom Blatt ablesen, sonst kommen natürlich Vorwürfe wie «naiv» und so weiter. Ausserdem sind Reaktionen auf Fragen vor einer grösseren Journalistenschar immer heikel; der FCL sollte das Gesetz des Handelns selber in die Hand nehmen.

zentralplus: Wie meinen Sie das konkret?

Koller: Nur eine Person sollte kommunizieren, sonst wird bald das Bild des «verlorenen Häufleins» gezeigt.

«Jeder Satz muss knallen.» Koller war ein toller Redner: für Ansprachen bereitete er sich einen Tag lang vor.

«Jeder Satz muss knallen.» Koller war ein toller Redner: Auf Ansprachen bereitete er sich einen Tag lang vor.

(Bild: Buchauszug «Der Ehrenpräsident» / zvg)

zentralplus: Und sich professionell vorbereiten: Von Ihnen wird gesagt, dass Sie ein toller Redner waren und sich für eine 15-Minuten-Rede einen Tag vorbereiteten. Sind Sie wie Ihr Vorgängerpräsident Romano Simioni auch der Ansicht, dass es nur einen einzigen Chef braucht?

Koller: Nein, davon bin ich nicht überzeugt: Den FC Luzern zu führen, ist Teamwork. In Sachen Transfers sollte aber nur ein ganz kleiner Kreis entscheiden. Und gegen aussen sollte nur der Präsident allein kommunizieren.

«Der FCL wird mit seinem Anhang sicherlich zwei schwierige Jahre vor sich haben.»

zentralplus: Mehr als ein Dutzend wichtige Leute verliessen den FCL in den letzten Wochen, die Fans laufen in Scharen davon. Was wäre Ihr Rezept, um Ruhe in den Verein und den Erfolg zurückzubringen?

Koller: Reisende sollte man nicht aufhalten. Und, zum Glück: Erfolg vertreibt schlechte Stimmung. Ich denke, dass das Konzept, für das sich die Verantwortlichen entschieden haben, richtig und konsequent ist. Allerdings wird der FCL mit seinem Anhang sicherlich zwei schwierige Jahre vor sich haben.

Fussball- und Firmensanierer

Der Luzerner Albert Koller (55) war von 1998 bis 2001 FCL-Präsident, damals mit 35 der jüngste aller Zeiten. Koller nahm im Oktober 1997 Einsitz in der FCL-Clubleitung und wurde im Februar 1998 zum Nachfolger von Romano Simioni gewählt. Zuvor amtete er bereits als Geschäftsführer der FC Luzern AG und war Stabschef der IG Zukunft FC Luzern. Armee-Major Koller führte den FCL mit eiserner Hand durch starke Finanzengpässe. Im Sommer 1999 und auch 2001 rettete er den Verein im letzten Moment vor dem Lizenzentzug. 2000 leitete Koller zudem die erfolgreiche Sanierung des BSC Young Boys. 2007 wurde er wegen diverser Wirtschaftsdelikte zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 17 Monaten und einer Woche verurteilt. Die Probezeit betrug zwei Jahre, die er ohne Tätlichkeiten bestand. Heute lebt er mit seiner Partnerin in Grosswangen.

zentralplus: Hat die Mannschaft denn das Potenzial für die Super League?

Koller: Die Qualität genügt, um den Abstieg aus der höchsten Spielklasse zu verhindern. Man sollte jetzt auf keinen Fall von «Plan B» und solchem Quatsch sprechen. Das war im Jahre 2000, als YB noch in der NLB auf dem drittletzten Platz war und im Folgejahr wieder aufstieg, auch immer ein Thema. Der FC Luzern steigt nicht ab. Punkt.

zentralplus: Was machen Sie eigentlich? Keine Lust, 20 Jahre danach wieder ins Fussballgeschäft einzusteigen?

Koller: Seit meiner Rückkehr aus Berlin im Jahre 2006 und vier Jahren im Tessin helfe ich von der Schweiz aus Firmen in schwierigen Situationen: Ich saniere Unternehmen und tue damit nicht das, was ich am liebsten mache, sondern einfach das, was ich am besten kann. Den Fussballclub Luzern beobachte ich natürlich mit grossem Interesse. Die Situation aber zu beurteilen, ist für Aussenstehende sicherlich sehr schwierig.

zentralplus: Was würden Sie denn am liebsten machen?

Da konnte er noch von der Autogrammkarte lachen: Mit 35 Jahren war Albert Koller der jüngste NLA-Präsident.

Da konnte er noch von der Autogrammkarte lachen: Mit 35 Jahren war Albert Koller der jüngste NLA-Präsident.

(Bild: zvg)

Koller: Am liebsten möchte ich spannenden Fussballspielen zuschauen.

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