Diese Geschichten haben die Luzerner bewegt
Von der Steuerpolitik bis zum Schweinebauern Walter: Das hat uns beschäftigt und Sie interessiert. Wir präsentieren unsere besten, schönsten und meistgelesenen Artikel des zu Ende gehenden Jahres.
Der Mensch hat die Gewohnheit, sich nur an das Gute und Schöne zu erinnern. Unangenehmes blendet er gekonnt aus – es soll ja schön flauschig sein zum Jahresende.
Nicht so in unserem Jahresrückblick: Diese Themen waren und sind ganz objektiv und fern jeglicher Verdrängungstaktiken relevant. Sie beschäftigten uns und unsere Leserschaft.
Politik: Cars und Geld
Die politischen Themen handelten von Geld und Verkehr: Im Kanton gab es kaum ein Geschäft, das man losgelöst von den fehlenden Finanzen behandeln konnte. Und in der Stadtpolitik flogen die Fetzen, wenn es um Verkehrsprojekte ging. So ist es nicht erstaunlich, dass auch die meistgelesenen Polit-Artikel mit diesen beiden Themen zu tun haben.
Das Stimmvolk hat im Mai höhere Steuern im Kanton Luzern abgelehnt: eine Klatsche für die Regierung, ein Erfolg für die SVP. In den Folgemonaten nahmen die finanzpolitischen Kapriolen ihren Lauf – budgetloser Zustand, Sparmassnahmen, heftige Proteste …
Am meisten interessierte die Leserschaft, wenn die Regierung bekannt gab, wo wie viel gespart wird und wer davon besonders hart betroffen ist. Oder aber wenn der Protest sich formierte – etwa in der Kulturszene mit der grossen Landsgemeinde auf dem Theaterplatz und besonders eindrücklich, als bei der Eröffnung des Lucerne Festivals 130 Kulturschaffende aus dem Wasser stiegen.
In der Stadt hingegen sind derzeit die Finanzen im Lot, dafür die Carparkplätze zu knapp. Die dominierenden Themen: Car-Konzept, Parkhaus Musegg, carfreies Inseli, Spange Nord. So ist es nicht weiter überraschend, dass der Volksentscheid für ein carfreies Inseli und die aus Sicht des ländlichen Kantons sture Haltung der Stadt in Verkehrsfragen besonders gut gelesen wurden.
Was auch auffällt: Die Leserschaft mag kontroverse Themen – aber ebenso deren klare Einordnung. Einverstanden muss man natürlich nicht sein.
Wirtschaft: Mall und Bahn
Vielleicht haben Sie’s mitbekommen: In Ebikon wurde ein neues Einkaufszentrum gebaut und im November eröffnet. Dann gehören Sie zu den vielen Menschen, die unsere vielen Artikel rund um die Mall of Switzerland rege angeklickt haben. Ob’s einem passt oder nicht, ein solches Grossereignis der Region gehört bei zentralplus adäquat und durchaus auch kritisch abgebildet hinterfragt.
Im März entgleiste in der Luzerner Bahnhofseinfahrt ein Eurocity-Zug mit 160 Personen an Bord und blockierte den ganzen Bahnverkehr. Das sorgte für Funkstille im Luzerner Bahnhof – vier Tage lang ging gar nichts. Dieses mediale Grossereignis vor unserer Haustüre beschäftigte auch zentralplus tagelang – etwa, als wir uns aufmachten, die Gewinner und Verlierer des Bahnhofkollapses zu eruieren.
Aber auch viel kleinere Ereignisse sorgten für Wirbel und viel Interesse – etwa ein Gerichtsurteil gegen «Lozärner Bier». Das Luzerner Kantonsgericht warf der Brauerei mit Sitz in Littau Etikettenschwindel vor, weil das Lagerbier in Schaffhausen gebraut wird, dies aber nirgends deklariert ist. Wie Beizer und Geschäfte auf das Urteil reagierten, interessierte die bierinteressierte Leserschaft besonders.
Aber auch ein Entlebucher auf der Suche nach dem perfekten Ski, der Briefmarken sammelnde Bachelorette-Kandidat oder wieso Mobility von Luzern nach Rotkreuz zieht waren stark geklickte Wirtschaftsstorys.
Kultur: Blamage und Protest
Der Baselstrasse-Dokfilm «Rue de Blamage» machte monatelang keine Anstalten, sich aus dem Kinoprogramm zu verabschieden. Und so sahen bis heute 18’000 Kinobesucher diesen Film über die Luzerner Ausfallstrasse. Für einen Dokumentarfilm ist das eine beeindruckende Zahl. Beeindruckend waren auch die Klickzahlen auf unsere Artikel zu diesem Film, der Luzern bewegte. Insbesondere Daniele Martin alias «Spotschicht», der im Film eine tragende Rolle einnimmt, hat mit seiner Geschichte die zentralplus-Leserschaft in Scharen angesprochen.
Ebenso zuverlässig für volle Säle sorgte seit Jahren das «21st Century Orchestra» – nicht im Kino, sondern im KKL-Konzertsaal. Das Rezept: Live-Musik zu Filmblockbustern wie «Herr der Ringe», «Star Wars» und «James Bond». Doch um das lukrative Geschäftsmodell und den etablierten Namen zwischen Produzent und Orchester ist ein Streit entbrannt.
Die Angst vor der No-Billag-Abstimmung geht nicht nur in den Redaktionsstuben der SRG-Sender um, sondern auch bei Luzerner Musikern und hiesigen Filmschaffenden, wie unsere Artikel dazu zeigten.
Daneben interessierten sich die Leser besonders für Menschen und ihre sehr persönlichen Geschichten: Florian Burkhardt alias «Electroboy» kehrte für uns zurück in die Luzerner Heimat, Rachel Lawrence und Salome Martins erzählten nach acht Jahren als Tänzerinnen beim Luzerner Theater, wieso sie aufhören – und Stephan Eicher erzählte vor seinem Sofa-Konzert im Neubad, wieso Masochisten lieber zu Hause bleiben sollten.
Auch in fremde Wohnungen zu spienzeln, scheint ein Bedürfnis zu sein: Die Fotografin Mo Henzmann zeigt schön unprätentiös, wie Herr und Frau Luzerner wohnen. Zudem haben wir die Booker von drei Konzerthäusern an den Tisch gebeten und über das Geschäft und ihre Besucher gesprochen – sowie eine Generation, die man in Luzern verloren hat.
Gesellschaft: Banküberfall und Standard-Vaginas
Man kann uns vorwerfen, die Geschichte sei nicht relevant. Man kann den Entlebuchern vorwerfen, sie hätten sich nicht an die Regeln gehalten. Beides stimmt wohl sogar, aber trotzdem: Wie die Entlebucher kurzerhand den Luzerner Sitzmöbel-Test crashten und für ihre Zwecke instrumentalisierten, hat viel, was eine gute Story ausmacht.
Wir fanden: Ein «Banküberfall» raubte den Luzernern den Humor, und das ist eine eindrückliche Illustration des Stadt-Land-Grabens. Die Geschichte endete dann vorläufig, als die Entlebucher in Sträflingskluft ihre beschlagnahmte Bank abholten.
Die Dragqueen und Kunstfigur Vicky Goldfinger beherrscht das Spiel mit der Illusion perfekt: Wie sich der Luzerner Samuel Zihlmann innert Stunden in seine Kunstfigur verwandelt, wollten viele User genauer wissen.
Es war eine schweizweite Schlagzeile: Die russische Artistin Malvina Abakarova verlor während einer Vorstellung des Zirkus Knie im Sommer in Luzern die Kontrolle und stürzte vier Meter in die Tiefe. Wir haben die Künstlerin zwei Wochen später im Kantonsspital Luzern besucht. Ein Interview mit einer Luftakrobatin, die trotz unsicherer Zukunft ihre Zuversicht nicht verloren hat.
Menschen, die Initiative ergreifen und mit einer guten Idee hervorstechen und eine Vision haben, ergeben gute Geschichten. Seien es Kantischüler, die ihre Mensa bestreiken, junge Luzerner, die Flüchtlinge in WGs unterbringen wollen, oder drei Luzerner, die ihre Ideen für eine lebenswerte Stadt, fernab von Bürokratie und politischer Realität, aufs Tapet bringen. Auch neue Veloideen wie eine Velobrücke à la Kopenhagen in Luzern haben das Interesse der Leserschaft geweckt.
Und was wäre ein Ressort Gesellschaft ohne die Schönheit? Darum haben es auch unsere Berichte über die umstrittenen Rabatte für Brust-OPs – und wie sich der plastische Chirurg mit dieser Werbemassnahme ins Abseits manövriert – weit nach oben geschafft. Das Thema wurde schliesslich mit «Standard-Vaginas» made in Luzern abgerundet.
Sport: Leere Stadien und volle Bäuche
Was für eine Karriere: Der Luzerner Nico Siegrist trug in der letzten Saison als Torschützenkönig zum Beinaheaufstieg des SC Kriens bei, er debütierte als 17-Jähriger für den FCL und es winkte eine Profikarriere. Dennoch ist er als Profi gescheitert – und gar nicht unglücklich darüber. Die etwas andere Fussballerkarriere hat bei uns eingeschlagen.
Daneben sorgte der FC Luzern wieder verlässlich für viel Gesprächsstoff und zahlreiche Leser. Etwa, als Trainer Markus Babbel vor der Saison verriet, wie er trotz fehlendem Geld das Siegergen zurückgewinnen will: «Es kommt keiner und sagt: Markus, hier hast Kohle, geh shoppen».
Das mit dem Siegergen ist bekanntermassen mehr schlecht als recht gelungen, der FCL überwintert auf dem vorletzten Rang der Super League.
Aber wir wären nicht zentralplus, wenn wir’s uns so einfach machen und auf dem Trainer herumhacken würden – dafür sorgen genügend andere. Zum Beispiel zeigten wir in diesem Artikel Bernhard Alpstaegs Denkfehler auf: Der Investor hat lieber gesunde Zahlen als eine volle Hütte. Und trotz sportlichem Tief fanden wir unmissverständlich, als es so richtig brodelte: Babbel ist ein armes Schwein – Verwaltungsrat Marco Sieber muss weg! Schliesslich fanden wir fünf stichhaltige Gründe, wieso Trainer Babbel in Luzern bleiben sollte.
FCL-CEO Marcel Kälin fand schliesslich, dass die medialen Rundumschläge dem Image des FCL schadeten (wie spielen den Ball weiter zur Konkurrenz).
Aber auch die Fussballthemen abseits der Kapriolen des FCL fanden reissenden Absatz bei den Lesern. Etwa, wie FCL-Fans für Rekordumsatz in der Thuner Klubbeiz sorgten, wie Kriens-Präsident Werner Baumgartner den Matchboykott von FCL-Fans im Cupderby verurteilte – und wie unbemerkt das eigentliche Cupwunder von Luzern ganz woanders stattfand: Der sympathische FC-Inter-Altstadt Amore aus der 5. Liga besiegte in David-gegen-Goliath-Manier den höher klassierten SK Root.
Und nein, es gibt für unsere sportaffinen Redaktoren nicht nur Fussball, das zeigt diese wunderbare Geschichte: Wie sich der Luzerner Ruderer Joel Schürch für die Olympiade 2020 «fit machen» will, ist beeindruckend: Mit viel Spiegelei und Speck will der Athlet 20 Kilogramm zunehmen – 7’000 Kalorien pro Tag.
Regionales Leben: Schlossbewohner und Schweinebauer
Regionales Leben: Diese Wundertüte von Rubrik vereint die schrägen Gestalten von nebenan, die Orte abseits vom Geschehen oder das neuste Gastrokonzept. Und das weckt bei der Leserschaft ein Bedürfnis – es sind sozusagen die Slow-Food-Geschichten im Gemischtwarenladen.
Einfach mal an diesem noblen Schloss neben dem Chateau Gütsch anklopfen und fragen: Wer verkehrt hier? Oder im berühmtesten Luzerner Hochhaus vorbeischauen, wo bald alle Mieter rausmüssen.
Oder Geschäfte entdecken: Etwa den Quai4-Markt, der dieses Jahr zum modernen Tante-Emma-Laden wurde und seither fast ohne Verpackungen auskommt. Oder den Hipster-Laden, den Hipster meiden, in dem ein Luzerner Paar sich den anstrengenden Traum einer eigenen Boutique erfüllt.
Wir haben schliesslich den Schweinebauern Walter in Hergiswil bei Willisau besucht und fanden, dass er die beste Liebe verdient (und sind heute noch gerührt).
Oder den Trend Reussschwimmen aufspüren: Wieso entdecken die Luzerner auf einmal, was Berner und Basler schon seit Jahren tun? Und wieso wurde Luzern eigentlich über Nacht von roten Rettungsboxen geflutet?
Und kennen Sie schon den Luzerner Quartierpolizisten Urs Krügel? So viel Staatsdienst kann schon mal eine mittelschwere Sinnkrise verursachen. In seinem Fall hilft da nur eines: Bier brauen, Bier trinken und einen Bierkrimi schreiben. Prost, auf das neue Jahr!
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