Kanton kauft Kunst mit Kondolenzkartenerlös

Reaktion auf Trauerspende hinterlässt fahlen Beigeschmack

(Bild: zvg)

Hunderte «Kondolenzkarten» erhielt der Luzerner Kulturdirektor Reto Wyss als Reaktion auf die Sparmassnahmen in der Kultur. Das dabei erhaltene Geld floss nun in den Ankauf eines Kunstwerks. Das wirft Fragen auf und hinterlässt bei den Initianten einen fahlen Beigeschmack.

Kulturdirektor Reto Wyss erhielt seit Juli rund 400 kreativ gestaltete Schreiben im Rahmen einer Protestaktion gegen die Sparmassnahmen.

Thema ist diesen Dezember jedoch nur noch das Geld. Konkret sind es 2’600 Franken, die einigen Karten als «Trauerspende» von zehn Franken beigelegt wurden.

«Nun fliesst dieses Geld in die Kultur zurück», schrieb der Kanton am Donnerstagvormittag in einer Mitteilung. «Reto Wyss kauft damit ein Werk des Wolhuser Künstlers Andi Rieser.» Diese Verwendung sei ganz im Sinne der Initianten der Aktion, schreibt der Kanton (zentralplus berichtete).

Nur ein Bruchteil des Preises

Mit dem eingegangenen Betrag hat sich der Kanton entschieden, ein Objekt des Wolhuser Künstlers Andi Rieser zu kaufen. Ob der Kanton das Werk auch ohne die 2’600 Franken gekauft hätte, könne er nicht beantworten, so Reto Wyss. Aber er freue sich, dass ein einheimischer Künstler berücksichtigt werden konnte und damit in die Luzerner Kulturförderung investiert worden sei.

Der Künstler selbst merkt an, dass die 2’600 Franken nur einen Bruchteil des Ankaufspreises ausgemacht haben. Das Werk wurde vom Kanton für 12’000 Franken gekauft. Rieser betont auch, dass er die Protestaktion toll fand und sich mit den Initianten solidarisiere. Er sei auch bei der Kundgebung auf dem Theaterplatz dabei gewesen.

Fahler Beigeschmack bleibt

Catherine Huth, Initiantin der Aktion, ist grundsätzlich froh, kommt das Geld der Kunst zugute. Kunstankäufe des Kantons seien wichtig und sie gönne es Andi Rieser sehr.

Dieser Meinung ist auch Eva Laniado, Geschäftsleiterin der IG Kultur Luzern. «Andi Rieser ist ein spannender Künstler und wir gratulieren zum Ankauf der eindrücklichen Messingarbeit.» Dass der Betrag nicht zur Unterstützung der Filmrecherche (zentralplus berichtete) eingesetzt wurde, wie von der Aktion vorgeschlagen, sei schade. «Aber es ist die freie Wahl des Regierungsrates», so Laniado.

Für Huth bleibt ein fahler Beigeschmack. «Es wäre schön gewesen, man hätte auch inhaltlich reagiert und nicht nur das Geld zum Thema gemacht.» Denn die zehn Franken seien eigentlich nur die Trauerspende gewesen.

«Das waren ganz eindringliche, sehr persönliche und mit viel Herzblut verfasste Karten.»
Catherine Huth, Initiantin der Aktion

Diese lagen jeweils einem Schreiben bei. «Das waren ganz eindringliche, sehr persönliche und mit viel Herzblut verfasste Karten», so die Initiantin. Auf die Inhalte sei nicht eingegangen worden, das Gespräch, die Auseinandersetzung wurde gescheut, sagt Huth. «Da bleibt Enttäuschung zurück.»

Zur Aktion

Die «Aktion Kondolenzkarten gegen die Sparmassnahmen des Kantons» war die erste Aktion nach der Verkündung der grossen Sparmassnahmen in der Kultur. Sie löste ein grosses Echo aus: Rund 400 Karten gingen seit Juli im Bildungs- und Kulturdepartement ein, die meisten Personen hatten den kreativ gestalteten Schreiben kleinere Geldbeträge beigelegt (zentralplus berichtete). 

Insgesamt kam ein Betrag von 2’600 Franken zusammen.

Deutlich kommt die Kritik darauf aus dem «Kollektiv besorgter Bürgerinnen und Bürger» von Marco Liembd, Geschäftsleiter Konzerthaus Schüür: «Reto Wyss versucht die Stimmen aus dem Kulturumfeld zu ignorieren. Leider kann man nicht nicht kommunizieren.» Wyss sage so stillschweigend eine ganze Menge. «Diese Menge gefällt mir nicht und sie ist des Amts in meinen Augen nicht würdig», so Liembd.

Keine Antwort auf anonyme Schreiben

Huth wüsste nun gerne, was nun mit den Karten passiert. «Landen die in einer Kiste oder gar im Schredder?», fragt sie.

«Die werden der Kulturförderung übergeben, damit diese korrekt aufbewahrt werden können und die Anliegen der Kulturschaffenden weiterhin präsent sind», sagt Reto Wyss dazu.

Er sei ihm nicht möglich, auf die Karten zu antworten, da praktisch alle ohne Absender eingegangen seien, sagt Reto Wyss. Und: «Anonyme Schreiben beantworten wir grundsätzlich nicht.» Er betont jedoch: «Der Luzerner Kulturförderung steht im Jahr 2018 auch wieder wesentlich mehr Geld zur Verfügung. In diesem Sinne wurde das Anliegen ja auch aufgenommen.» (zentralplus berichtete)

Generell müsse man aber sehen, dass die finanzielle Situation des Kantons verlange, dass in allen Bereichen Abstriche gemacht werden müssen – auch in der Kultur.

Die Skulptur ist derzeit im Kunstmuseum ausgestellt.

Die Skulptur ist derzeit im Kunstmuseum ausgestellt.

(Bild: zvg)

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon