Urs Lüthi stellt im Krienser Bellpark aus

Der verlorene Sohn kehrt heim – mit leeren Händen

Urs Lüthi neben seinem Selbstporträt als Scheinheiliger mit leeren Händen.

(Bild: jav)

Bekannt ist der gebürtige Krienser Künstler Urs Lüthi für seine sehr persönliche Kunst weit über die Grenzen hinaus. Nun, mit 70 Jahren, zeigt er eine neue Seite von sich, eine ernsthaftere und minimalistische. Und doch kann er nicht ohne die Ironie.

Im schwarzen, langen Mantel und auf schnellen Schuhen kommt uns Urs Lüthi in den hellen Räumen des Museums im Bellpark entgegen. Er ist älter geworden: Seinen 70. Geburtstag feierte der bekannte Krienser Künstler dieses Jahr.

Seit der grossen Retrospektive im Kunstmuseum Luzern im Jahr 2009 bekam man in der Schweiz erst wenige seiner neueren Arbeiten zu sehen.

Der unbekannte Lüthi

In der aktuellen Ausstellung «Heimspiel» zeigt Lüthi sein neues, ernsthafteres Gesicht. «Ich wollte auch mal meine weniger humorvolle, weniger ironische Seite zeigen.» Minimalistischer sei er in seiner Arbeit auch geworden. Eine Entwicklung, für die man Erfahrung brauche, betont Lüthi. «Das Weglassen ist das Schwierigste überhaupt.»

Der Künstler ist bekannt dafür, seine Person und sein Leben unmittelbar in seine Kunstwerke zu integrieren. «Ich stehe mit meiner Geschichte stellvertretend für die Welt, alle anderen Geschichten und Leben.» Doch nur über sein eigenes Leben könne er berichten. «Was ich weiss, damit kann ich umgehen», so drückt der Künstler es aus.

«In einer Welt, die jeden Tag komplizierter wird, muss ich dazu nicht auch noch beitragen.»
Urs Lüthi

Stets versucht er so, die Kluft zwischen Leben und Kunst zu überbrücken. Das tut er nicht nur in einer Form des künstlerischen Schaffens. In Fotografie, Malerei, Film, Zeichnung, Druck oder Bildhauerei.

Selbstporträts aus der Serie «Lost Direction III», 2016

Selbstporträts aus der Serie «Lost Direction III», 2016

(Bild: Urs Lüthi, Courtesy Museum im Bellpark)

Kriens als Beginn

Urs Lüthi, der seit 30 Jahren in München lebt, hat seine ersten 10 Lebensjahre in Kriens verbracht. Nur wenige Häuser entfernt von den Ausstellungsräumen ist er aufgewachsen. «Heimspiel» nennt er seine aktuelle Ausstellung im Bellpark daher auch passend. «Da schwingt die Ironie wieder mit, wenn der verlorene Sohn mit 70 Jahren heimkehrt, um zu zeigen, was er erreicht hat.»

Ausstellung und Buch

Die Ausstellung «Heimspiel» von Urs Lüthi im Museum im Bellpark Kriens findet vom 18. November 2017 bis am 4. März 2018 statt.

Gezeigt wird eine Auswahl von Lüthis jüngsten Werken, die bisher in der Schweiz nur in Auszügen zu sehen waren. Die jüngste Werkphase zeichnet sich durch einen Hang zur Melancholie und die Beschäftigung mit existenziellen Fragen aus.

Am Sonntag, 19. November 2017,  findet im Rahmen der Ausstellung ein öffentliches Gespräch mit dem Künstler statt.

Neben der Ausstellung seiner neuen Werke ist auch ein Buch entstanden, das eine bisher unbeachtete Seite von Lüthis Kunstschaffen zeigt. «print matters» heisst die Publikation, in der Einladungskarten, Plakate, Bücher und Kataloge als ein Überblick über Lüthis Schaffen seit 1966 versammelt sind.

Diesen Gedanken zeigt das Hauptstück der Ausstellung: eine kleine, grüne Figur. Die modellhafte Skulptur ist ein Selbstporträt des Künstlers mit Clownnase und weitem Gewand. «Ein Schein-Heiliger mit leeren Händen», den er vor einigen Jahren für eine Ausstellung in Rom schuf. «Dort hatte es einfach zu wenige schöne Skulpturen», fügt er mit einem Lachen an.

Reduziert und vergänglich

Ein Gang durch die Ausstellung verrät so einiges über das Leben des Künstlers und darüber, womit er sich mit seinen 70 Jahren beschäftigt. Es ist eine reduzierte Ausstellung. «In einer Welt, die jeden Tag komplizierter wird, muss ich dazu nicht auch noch beitragen», so Lüthi.

Fotografien unter dem Titel «Lost Direction» führen in das obere Stockwerk. Die liegenden, amputierten Figuren vermitteln eine gewisse Hilflosigkeit – Dekonstruktion als Form des Verfalls. Auch eine Fotografie des Künstlers mit seiner Enkeltochter ist Teil der Ausstellung. Das Mädchen blickt den Betrachter an, während Lüthi in die unbekannte Weite schaut. Auf einem anderen Bild ist Lüthis Gesicht mit Fliegen übersät. Gedanken über die Brüchigkeit und Vergänglichkeit des Lebens überkommen einen.

Eindrücke der Ausstellung «Heimspiel» von Urs Lüthi im Museum im Bellpark.

Eindrücke der Ausstellung «Heimspiel» von Urs Lüthi im Museum im Bellpark.

(Bild: jav)

Kunst, nicht Handwerk

Er selbst werde wohl weiterarbeiten, bis er umfalle, sagt Lüthi lachend. Und das, obwohl er sich die Hände so gar nicht gerne dreckig mache. «Ich bin kein Bastler und kein Handwerker. Ich will wissen, wofür ich Kunst mache», so Lüthi. Er arbeite konzeptuell und versuche, Inhalte, Gefühle und Ideen durch Formen und verschiedene Medien so zu übersetzen, dass sie für den Betrachter greifbar werden.

«Kunst ist viel radikaler, aufregender als das Leben.»

Seine Art, verschiedenste Medien zu benutzen, die er sich bereits in den 70er-Jahren aneignete, war damals noch völlig unverstanden. «Heute ist das normal, doch in meinen Anfängen wurden meine Ausstellungen von den Kritikern immer wieder als Gruppenausstellungen missverstanden.»

Radikale Kunst

Was der Betrachter aus seiner Ausstellung mitnimmt, was er versteht oder nicht, will Lüthi nicht zu stark beeinflussen. «Ich will kein Rezept liefern, wie man meine Kunst lesen soll.» Für eine 20-Jährige sei anderes wichtig als für einen 70-Jährigen. «Und sonst wäre das ein seltsames Leben gewesen.»

Doch sowieso könne das Leben niemals so spannend sein wie die Kunst. «Kunst ist viel radikaler, aufregender als das Leben. Und würden wir so leben, wie wir Kunst machen, dann würden wir alle einsam auf einer Alp hocken.» Aus diesem Gedanken entstand der Satz «Art is the better life», welcher auf zahlreichen seiner Arbeiten steht.

Eine Arbeit aus früheren Tagen: Selfportrait in two Pieces – Photos on Canvas

Eine Arbeit aus früheren Tagen: Selfportrait in two Pieces – Photos on Canvas

(Bild: Urs Lüthi)

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