Verteidigungsminister referiert im Luzerner Seetal

Bundesrat Parmelin rührt Werbetrommel für neue Kampfjets

Verteidigungsminister Guy Parmelin sprach in Hochdorf über die Sicherheitspolitik der Schweiz.

(Bild: giw)

Die Braui Hochdorf beherbergte am Mittwochabend hochkarätige Gäste – darunter Verteidigungsminister Guy Parmelin. Der Waadtländer nutzte die Gelegenheit, um Werbung für den neuen Kampfjet zu machen. Gewonnen hat er dabei vor allem Sympathiepunkte – das Dossier bleibt in den Augen des Publikums jedoch umstritten.

Dass im Seetal nicht die Sicherheit, sondern der Verkehr Problem Nummer eins ist, zeigte der Mittwochabend exemplarisch: Bundesrat Guy Parmelin steckte im Stau und kam deshalb eine Viertelstunde zu spät nach Hochdorf.

«Krisen und Kriege – die Sicherheitspolitik im Fokus» – unter diesem brisanten Titel lud der liberale Verein «Luzern diskutiert» in Hochdorf zu Referat und Debatte. Federführend hinter dem Event waren FDP-Ständerat Damian Müller, der Luzerner FDP-Geschäftsführer Benjamin Häfliger und Christian Schwotzer.

Allgegenwärtiger Terror

Der Anlass stiess auf grosses Interesse, der Saal war beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt. Trotz Verspätung wurde der SVP-Bundesrat von den 500 Wartenden mit warmem Applaus empfangen.

«Kriege und Terror sind heute allgegenwärtig.»

Guy Parmelin, Bundesrat SVP

Guy Parmelin nutzte seinen Auftritt, um die Werbetrommel für die anstehende Debatte über die heikle Kampfjet-Beschaffung zu rühren. Vergangene Woche entschied die Landesregierung, acht Milliarden für neue Jets auszugeben. «Kriege und Terror sind heute allgegenwärtig», sagte er in seinem Vortrag. Für den Verteidigungsminister ist deshalb klar: «Die Schweiz braucht eine eigene starke Luftwaffe. Es geht um nicht weniger als um den Schutz der Bevölkerung.»

Nach seinem Vortrag stellte Parmelin sich spontan den Fragen von Kantonsschülern aus Baldegg. Etwa wollten diese wissen, wie er die Kosten der Flugzeugbeschaffung legitimiere oder wie die Rolle der Frauen innerhalb der Milizarmee in Zukunft aussehen werde. Parmelin war guter Laune und witzelte zuweilen mit dem Publikum. Trotz wenigen sprachlichen Problemen meisterte er seinen Part gekonnt.

«China ist für den liberalen Rechtsstaat die grösste Gefahr.»

Erich Vad, Ex-Berater von Angela Merkel

Nach dem Vortrag des Ver­teidigungsministers diskutierten Urs Breitmeier, CEO der Ruag, Monica Bonfanti, Genfer Polizeikommandantin, Josef Dittli, Urner Ständerat, Vizepräsident der Sicherheitspolitischen Kommission und langjähriger Berufsmilitär, sowie Erich Vad, Brigadegeneral und ehemaliger Berater der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Vad machte den Fächer weit auf und blickte in die Ferne: «China ist für den liberalen Rechtsstaat die grösste Gefahr.» Wie sein Vorredner Parmelin erinnerte der Deutsche an die unsichere Weltlage: «60 Prozent der Staaten befinden sich in einem fragilen Status.» Wie die übrigen Redner betonte er die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich.

Polizeikommandantin hofft auf Militär-Support

Christine Maier, ehemalige SRF-Moderatorin und Ex-Sonntagsblick-Chefredaktorin, moderierte mit kritischen Fragen. Bei ausweichenden oder schwer verständlichen Antworten hakte Maier nach.

Debattiert wurde unter anderem über das Verhältnis von Armee und Polizei. Da waren sich die Genfer Polizeidirektorin und der Bundesrat nicht einig. Bonfanti hofft auf mehr unbürokratische Unterstützung für den Botschaftsschutz im Rahmen der Terrorabwehr oder bei Grossanlässen.

Guy Parmelin empfängt einen Blumenstrauss nach seinem Auftritt.

Guy Parmelin empfängt einen Blumenstrauss nach seinem Auftritt.

(Bild: giw)

Sie schrieb dafür laut eigenen Angaben gar an die militärische Führung in Bern. Parmelin und Ständerat Dittli pochten auf die klare Aufgabenteilung: «Die Armee kommt erst, wenn die Polizei an ihre Grenzen stösst und der Bedarf eines Militäreinsatzes nachgewiesen ist.»

Bund forciert Cyberabwehr

Das zweite grosse Themenfeld war die Cyber-Kriminalität. «Es ist möglich, dass jemand sich in ein FA-18 hackt und die Kontrolle über das Flugzeug übernimmt», sagte Ruag-Chef Breitmeier. Auch die Stilllegung der hochvernetzten Schweizer Infrastruktur erachtet er als mögliches Bedrohungsszenario.

«Es ist toll, dass Herr Parmelin in das kleine Hochdorf kommt.»

Zuschauerin

Aktuell arbeiten rund 50 Cyber-Spezialisten im Verteidigungsdepartement, das scheint nicht zu reichen. Ständerat Dittli sagte: «Heute ist man nicht in der Lage, auf Cyberattacken entsprechend reagieren zu können.» Derzeit werde jedoch beim Bund ein Aktionsplan Cyberdefense erstellt.

In Zukunft sollen 150 festangestellte Spezialisten im Verteidigungsdepartement arbeiten. Gleichzeitig ist laut dem Urner Ständerat auch geplant, die Stärken der Milizarmee bei der digitalen Verteidigungsfront besser zu nutzen: «Wir haben die notwendigen Schweizer Spezialisten, die bei Google oder der ETH arbeiten.»

Positive Resonanz der Gäste

Parmelin erhielt einen grossen Blumenstrauss für seinen Besuch. Und mit einem Seitenhieb von Gastgeber Müller auf die überlegene Qualität der Luzerner Landwirtschaft wurde dem Weinbauer Parmelin eine Auswahl regionaler Spezialitäten mit auf den Heimweg gegeben. Im Anschluss nahm sich Parmelin trotz später Stunde auch Zeit, mit Journalisten und Gästen zu sprechen.

Im Publikum kam der Besuch von Parmelin gut an. «Ich finde es toll, dass sich Parmelin Zeit nahm, unsere Fragen zu beantworten», sagte eine der Kantonsschülerinnen im Anschluss an die Veranstaltung. Die jungen Zuhörer fanden seinen Auftritt gut – und waren der Meinung, dass der Kampfjet-Kauf eine Notwendigkeit darstellt.

«Die Sicherheit wird immer wichtiger, gleichzeitig will man aber immer weniger dafür bezahlen.»

Daniel Rüttimann, Gemeinderat Hochdorf

«Es ist toll, dass Herr Parmelin in das kleine Hochdorf kommt», fand eine andere Zuhörerin. «Der Aufritt war sympathisch, obwohl der Bundesrat einige sprachliche Aussetzer hatte», kommentierte ihr Ehemann den Besuch von Parmelin. Er war schon vor dem Aufritt der Meinung, dass der Kauf neuer Kampfflieger notwendig ist. «Der Bundesrat hätte mich alleine mit diesem Referat aber nicht vom Kauf überzeugt.»

Gemeinderat kritisiert Sparpolitik

Ebenfalls im Publikum sass am Mittwochabend Daniel Rüttimann, Gemeinderat von Hochdorf. Der Vorsteher Soziales, Gesundheit und Sicherheit zeigte sich kritischer in Bezug auf die Flugzeugbeschaffung. Ob es neue Kampfjets braucht, liess er im Grundsatz offen. Merkte zum Thema Sicherheit jedoch an: «Die Sicherheit wird immer wichtiger, gleichzeitig will man aber immer weniger dafür bezahlen.» Ein Seitenhieb an die Adresse der Luzerner Kantonsregierung.

Zusammenfassend gesagt: Parmelin gewann in Hochdorf einige Sympathiepunkte – restlos zu überzeugen vermochte er das Publikum aber nicht von der anstehenden Milliardeninvestition in die Luftverteidigung.

Bilder aus der Veranstaltung «Luzern diskutiert» in der Braui Hochdorf:

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