Worüber stimmen die Luzerner am 26. November ab?

Stell dir vor, es ist Abstimmung und keinen interessiert’s

Wie viele Stimmcouverts wohl im Briefkasten landen? Das Stadthaus am Hirschengraben in Luzern.

(Bild: bic)

Wissen Sie schon, was Sie bei der städtischen Abstimmung am 26. November in die Urne legen werden? Wenn nicht, sind Sie nicht alleine. Eine Umfrage von zentralplus auf der Strasse zeigt: Die Leute scheinen sich kaum für die anstehenden Vorlagen zu interessieren. Sogar Kommunalpolitiker lassen die Vorlagen kalt.

Die Altstadt ist an diesem Morgen trotz garstigem Wetter gut bevölkert. Die Leute gehen ihren Einkäufen nach, sind auf dem Weg zum nächsten Termin oder plaudern mit Bekannten, die sie spontan antreffen. Über die anstehende städtische Abstimmung reden sie aber wohl kaum.

Mit den kommenden Abstimmungen scheint sich zurzeit niemand wirklich zu beschäftigen. So erstaunt es kaum, dass wir in viele fragende Gesichter schauen, als wir die Passanten zu ihrer Meinung zu den Vorlagen befragen, über die in der Stadt Luzern in gut drei Wochen abgestimmt wird.

Die Diskussionen scheinen sich vielmehr um die sogenannte «No-Billag-Initiative» zu drehen. Diese kommt im Frühjahr zur Abstimmung.

Viele Passanten sagen zwar, dass sie wohl an der kommenden Abstimmung vom 26. November teilnehmen werden, eine Meinung oder eine wirkliche Ahnung über den Inhalt der Vorlagen scheinen die meisten aber nicht zu haben.

Worum geht es zum Beispiel bei der Abstimmung über das Harmonisierte Rechnungslegungsmodell 2 (HRM2)? Dazu kann sich niemand wirklich äussern. Einige Passanten sagen denn auch, dass sie dieses Mal gar nicht erst an der Abstimmung teilnehmen werden.

Generell eher tiefe Stimmbeteiligung

Die Inseli-Initiative im vergangenen September lockte trotz angeregter und emotionaler Diskussionen im Abstimmungskampf «nur» gut 51 Prozent an die Urne (zentralplus berichtete). Auch die städtischen Wahlen im letzten Jahr vermochten lediglich 43 Prozent des Stimmvolks zu mobilisieren.
Das letzte Mal, als nur eine städtische Abstimmung stattgefunden hatte, war am 16. Dezember 2012. Die Stimmbeteiligung betrug 33,6 Prozent.
Schweizweit liegt die Stimmbeteiligung seit der Jahrtausendwende durchschnittlich bei gut 45 Prozent.

Keine kantonalen und eidgenössischen Vorlagen

Speziell ist am 26. November, dass weder über eine kantonale noch über eine eidgenössische Vorlage abgestimmt wird. Somit fehlt die Möglichkeit, dass die Stadtluzernerinnen vom Sog einer solchen Vorlage erfasst werden. Somit fehlt ein Zugpferd wie beispielsweise die Altersvorsorge 2020. Hier gab es diesen September in einigen Kantonen eine Stimmbeteiligung von über 60 Prozent. Viel für die Schweiz (siehe Box).

Es lässt sich also vermuten, dass gerade die aktuellen Vorlagen die Leute wohl nicht in Scharen hinter dem Ofen hervorholen werden.

Leute sind kaum informiert

Dieser Eindruck bestätigt sich spätestens dann, wenn die Leute auf der Strasse trotz wenig Wissen über die kommende Abstimmung versucht sind, sich zu den Vorlagen zu äussern.

«Es geht um irgendeine Verordnung», hört man hier, «irgendein Gesetz soll angepasst werden», hört man dort. Informationen über konkrete Inhalte? Fehlanzeige!

«Ich werde dieses Mal wohl einfach die Meinung meiner Lieblingspartei übernehmen.»

Ein Stadtluzerner

Es scheint, dass sich einige gar nicht die Zeit nehmen wollen, die Unterlagen genau zu studieren. «Ich werde dieses Mal wohl einfach die Meinung meiner Lieblingspartei übernehmen», sagt ein Passant.

«Ich habe die Unterlagen durchgeschaut. Sie liegen schon im Altpapier.»

Eine Stadtluzernerin

Auch wenn er grundsätzlich an Politik interessiert sei, wisse er noch nicht, ob er dieses Mal an der Abstimmung teilnehmen werde, sagt ein anderer. Ähnlich tönt es bei einer weiteren Passantin. «Ich habe die Unterlagen durchgeschaut, um mich zu informieren. Sie liegen jetzt aber schon im Altpapier», sagt sie. «Manchmal ist sich das Parlament einig, manchmal nicht. Dieses Mal scheint man sich ziemlich einig zu sein. Also stimme ich Ja», sagt ein anderer.

Sogar Politiker mit wenig Interesse

Dass die Leute nur wenig Interesse an der bevorstehenden Abstimmung zeigen, ist das eine. Die Vorlagen scheinen aber so staubtrocken zu sein, dass sie sogar bei lokalen Politikern bereits in Vergessenheit geraten sind.

«Schulhaus Staffeln, Ombudsstelle und … lassen Sie mich überlegen. Sagen Sie’s mir!»

Ein Mitglied des Grossen Stadtrates

So kann sich nicht einmal ein Grossstadtrat – der zufällig unterwegs war – auf die Schnelle an alle drei Vorlagen erinnern. Obwohl er sein Stimmcouvert bereits eingeworfen hat, wie er sagt.

Die Abstimmung über den Kredit für das Schulhaus Staffeln in Littau sowie die Änderung betreffend die städtische Ombudsstelle kann die Person spontan nennen, doch bei der dritten Vorlage hapert es. «Schulhaus Staffeln, Ombudsstelle und … lassen sich mich überlegen. Sagen Sie’s mir!», sagt das Parlamentsmitglied lachend.

Kosten von 60’000 Franken

Doch weshalb setzt die Stadt die Abstimmung über wohl nur schwach mobilisierende Vorlagen an einem Datum an, an dem keine anderen Abstimmungen anstehen? Muss die Stadt nicht auch davon ausgehen, dass die Stimmbeteiligung wohl ziemlich tief ausfällt?

 «Der Bund gibt oft erst drei bis vier Monate vor dem Abstimmungstermin bekannt, ob er eine Abstimmung durchführt.»

Urs Achermann, Stadtschreiber Luzern

Ein Urnengang in diesem Umfang kostet die Stadt Luzern jedes Mal immerhin rund 60’000 Franken. Dies sagt Thomas Zumbühl, Leiter Abstimmungen und Wahlen bei der Stadt Luzern, auf Anfrage.

Hätte man die Vorlagen also nicht zu einem anderen Zeitpunkt zur Abstimmung bringen können?

Städtische Planung muss vorangehen

«Wir müssen uns an gesetzliche Fristen halten», sagt Stadtschreiber Urs Achermann. Das bedeutet, dass nach einem Parlamentsentscheid innerhalb eines halben Jahres eine Vorlage dem Volk vorgelegt werden muss. Das Problem sei, dass der Bund manchmal erst drei oder vier Monate vor einem Abstimmungstermin entscheide, ob er tatsächlich einen Urnengang durchführt.

«Wir haben kaum Spielraum, was die Gestaltung des Abstimmungskalenders betrifft», so Achermann weiter. Die Stadt müsse die Abstimmungen so früh wie möglich festsetzen, egal, was Bund und Kanton machen, führt er aus.

Im konkreten Fall müsse vor allem die weitere Planung des Schulhausbaus zügig vorangehen, erklärt Thomas Zumbühl.

«Wenn wir erst im März einen Entscheid hätten, würde dies das ganze Projekt massiv behindern», sagt er. Die nächste Abstimmung findet am 3. März 2018 statt.

Keine Anrufe bei der Stadt

Dass die Themen kaum bewegen, erkenne man bei der Stadt durchaus, sagt Abstimmungschef Zumbühl. Denn bisher habe sich niemand aufgrund fehlender oder unvollständiger Wahlcouverts bei der Stadt gemeldet.

Normalerweise erhalte man in den Tagen nach der Zustellung der Stimmunterlagen jeweils etwa zehn Anrufe von Bürgern. «Die Themen scheinen nicht zu bewegen», so Zumbühl.

Urnenbüro bietet wenig Personal auf

Auch Zumbühl rechnet mit einer eher tiefen Stimmbeteiligung. «Zwischen 35 und 40 Prozent werden es letztlich wohl in etwa sein», schätzt Zumbühl. Deshalb habe man bewusst nur wenig Personal für den Urnenbürodienst aufgeboten, sagt er. Dadurch können wir die Kosten tief halten.

Gemäss Zumbühl kann eine Abstimmung mit vielen Vorlagen und vor allem einer hohen Stimmbeteiligung im Extremfall den Steuerzahler bis 300’000 Franken kosten.

Darüber wird am 26. November abgestimmt:

1. Änderung der Gemeindeordnung (Revision des Finanzhaushaltsrechts im Rahmen der Einführung des sogenannten Harmonisierten Rechnungslegungsmodells 2, HRM2).

Die Änderung der Gemeindeordnung ist notwendig, damit sich die Stadt Luzern übergeordnetem kantonalem Recht anpassen kann. HRM2 wurde 2008 von der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren beschlossen und wird seither in allen Kantonen eingesetzt. HRM2 orientiert sich an internationalen Standards der Rechnungslegung. Sämtliche Kantone und Gemeinden müssen sich daran orientieren und ihre Gesetze entsprechend anpassen.

Das Parlament stimmte der Vorlage mit 37 zu 6 Stimmen zu.

2. Änderung der Gemeindeordnung (Anpassung des Verfahrens bei der Prüfung von Beanstandungen von städtischen Mitarbeitenden bei der Ombudsstelle).

Die städtische Ombudsstellte vermittelt bei Konflikten zwischen der Stadt und den Bürgern sowie zwischen der Stadtverwaltung und ihren Angestellten. Der Zugang zur Ombudsstelle für Angestellte der Stadt soll im Zuge der Änderung der Gemeindeordnung vereinfacht werden.

Das Parlament stimmte der Vorlage mit 43 zu 0 Stimmen zu.

3. Kredit von 53,7 Mio. Franken für den Neubau des Schulhauses Staffeln (Littau) als Kindergarten und Primarschulanlage mit Dreifachturnhalle.
 
Das Parlament stimmte dem Kredit mit 43 zu 0 Stimmen zu.

Wieso muss überhaupt abgestimmt werden?

Bei den zwei Vorlagen über die Änderung der Gemeindeordnung ist ein Volksentscheid zwingend, da es sich dabei gewissermassen um die Verfassung der Stadt handelt. Eine Änderung benötigt somit analog zur Bundesverfassung immer die Zustimmung des Volkes.

Die Abstimmung über den Schulhauskredit muss dem Volk deshalb vorgelegt werden, weil städtische Ausgaben von mehr als 15 Millionen Franken ebenfalls zwingend das Einverständnis des Stimmvolkes benötigen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von David L
    David L, 11.11.2017, 16:51 Uhr

    Die Sache ist doch, dass sowieso alle Vorlagen durchkommen werden.
    Ombudsstelle für Beamte interessiert den Normalbürger nicht (und die Politiker die allesamt damit einverstanden sind offenbar auch nicht). Bei der HRM2 mehr oder weniger das selbe.
    Und auch um das Schulhausprojekt muss wohl kaum gezittert werden, wenn sich die Parteien derart einig sind und es keinerlei öffentlichen Anstoss gibt.
    Ich prophezeie max. 35% Stimmbeteiligung und Zustimmungsraten von 80%+ zu allen drei Vorlagen.

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