Die Gemeinde und ihre selbstgemachte schwarze Null

Baar muss seine Millionen verstecken

Weil in Zug ein neues Gesetz eingeführt wurde, dürfen Gemeinden keine grossen Gewinne mehr ausweisen. Bloss, wohin mit dem Geld, wenn man es doch hat?

(Bild: Montage wia)

Die Gemeinde Baar prognostiziert fürs kommende Jahr eine schwarze Null. Kein Grund zur Euphorie also. Dennoch senkt Baar gleichzeitig die Steuern, und mehr Lohn fürs Personal gibt’s überdies. Bitte? Wie kann denn das sein? Der scheinbare Widerspruch hat einen guten Grund. Und der kommt von oben.

Fürs Jahr 2018 kündigt die Gemeinde Baar einen Ertragsüberschuss von 73’600 Franken an. Das ist ja nicht grad rosig, mag sich der gemeine Bürger denken. Und der Eindruck verbessert sich auch nicht, wenn man auf die Laufende Rechnung der kommenden Jahre blickt. Dort wird beim Jahresergebnis der kommenden fünf Jahre jeweils eine ernüchternde Null prognostiziert. Was ist mit dem hübschen Wohlstand passiert, den Baar in den letzten Jahrzehnten erlangt hat?

Keine Panik, findet der Baarer Finanzchef Hans Steinmann. «Die präsentierten Zahlen bedeuten nicht, dass es so knapp aufgegangen ist mit den Finanzen.» Und weiter: «Nur ist es so, dass die Gemeinde Baar künftig keinen grossen Ertrag mehr vorweisen darf.» So die Weisung von oben, vom Kanton. Per 2018 tritt nämlich das Finanzhaushaltsgesetz in Kraft. Und damit auch die Schuldenbremse.

Auch für schuldenfreie Gemeinden hat die Schuldenbremse Auswirkungen

Dieses soll dafür sorgen, dass verschuldete Gemeinden innert acht Jahren eine ausgeglichene Rechnung vorweisen können. Ja, aber hä? Die Gemeinde Baar hat ja gar keine Schulden. Richtig. Dennoch gilt die Regel der ausgeglichenen Rechnung auch für wohlhabendere Gemeinden. Kurz gesagt: Weg mit dem Gewinn! Oder wie es Steinmann sagt: «Wenn wir Geld horten, kommen wir dem Gesetz nicht nach. Wir müssen einen Grossteil investieren.»

«Ohne unsere ausserordentlichen Aufwände könnten wir einen Gewinn zwischen neun und zehn Millionen vorweisen.»

Hans Steinmann, Baarer Finanzchef

Und den hätte die Gemeinde Baar durchaus vorzuweisen. Steinmann sagt: «Wir haben bewusst in verschiedenen Bereichen ausserordentliche Aufwände getätigt. Ohne diese könnten wir einen Gewinn zwischen neun und zehn Millionen vorweisen.»

Runter mit den Steuern!

Ausserordentliche Aufwände, das klingt zwar negativ, ist es aber mitnichten. So hat der Gemeinderat für kommendes Jahr nämlich die Senkung des Steuerfusses von 56 auf 53 Punkte beschlossen. «Damit können zirka fünf Millionen des Ertrags abgebaut werden», sagt Steinmann. Was jedoch, wenn es der Gemeinde Baar nächstes Jahr doch nicht mehr gut geht? Muss man die Steuern dann sofort erhöhen? «Nein. Mit der aktuellen finanziellen Situation können wir ohne Weiteres eine solche Steuersenkung vorschlagen für die kommenden fünf Jahre. Denn auch die Firmen müssen sich darauf verlassen können, dass nicht schon nächstes Jahr die Steuern wieder erhöht werden.»

Rauf mit dem Lohn!

Als weitere Massnahme hat die Gemeinde Baar zudem – auch das dürfte viele freuen – einen Lohnzuschlag für sämtliche Mitarbeitenden veranlasst. «Sicher ist der Grund dafür das neue Gesetz, doch soll diese Erhöhung auch als Anerkennung gelten für unsere Verwaltung. Diese arbeitet nämlich sehr effizient. Im kantonalen Vergleich haben wir die tiefsten Personalkosten», sagt Steinmann.

Last, but not least will die Baarer Exekutive einen Teil des Ertrags in Vorfinanzierungen stecken. So etwa in die geplante Erweiterung des Schulhauses Sternmatt 1. Durch den Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibungsmethodik werde die heutige Generation von Abschreibungen entlastet und die kommende Generation bedeutend stärker zur Kasse gebeten. «Die Gemeinde Baar budgetiert deshalb Vorfinanzierungen, um die kommende Generation von hohen Abschreibungen zu entlasten», so Steinmann.

So sieht der Finanzplan der Gemeinde Baar für die nächsten fünf Jahre aus.

So sieht der Finanzplan der Gemeinde Baar für die nächsten fünf Jahre aus.

(Bild: zVg)

Vorläufig ist die Eigenkapitalquote tiptop

Wie steht’s eigentlich um die Eigenkapitalquote der Gemeinde Baar? Diese muss nämlich laut neuem Gesetz mindestens 80 Prozent betragen. «Diesbezüglich stehen wir gut da mit aktuell 93 Prozent.» In den kommenden Jahren werde die Eigenkapitalquote voraussichtlich gar noch steigen. «Das kann sich jedoch in fernerer Zukunft wieder ändern. Etwa, wenn wir mehrere Grossprojekte wie etwa Schulhäuser umsetzen müssen. Diese werden wir nicht aus dem eigenen Sack zahlen können.» Ergo: Die Gemeinde muss mehr Fremdkapital aufnehmen.

«Als Unternehmer bin ich mir halt andere Freiheiten gewöhnt.»

Hans Steinmann, Baarer Finanzchef

Hand aufs Herz: Findet Steinmann das neue Gesetz sinnvoll? «Die Schuldenbremse bringt sicher dann Vorteile, wenn Gemeinden effektiv Schulden haben. Die müssen sich genauer überlegen, wofür sie künftig wie viel Geld investieren wollen.» Baar sei jedoch in den letzten zwanzig Jahren sehr haushalterisch mit den Finanzen umgegangen und habe zudem Glück mit guten Steuerzahlern gehabt. «Als Unternehmer bin ich mir halt andere Freiheiten gewöhnt», ergänzt Steinmann diplomatisch.

Eine 0 ist nicht nichts

Doch sei es wohl nicht ganz einfach, der Bevölkerung beizubringen, dass Baar finanziell gut dasteht, wenn die künftigen Jahresergebnisse bloss eine 0 aufweisen. «Wir müssen der Bevölkerung klarmachen, dass wir im Prinzip ein sehr gutes Resultat erzielt haben, das Geld jedoch in die drei Bereiche Steuersenkung, Lohnzuschlag und Vorfinanzierung investiert wurde.»

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Baar hat zwar nach wie vor Geld auf der hohen Kante, darf dieses jedoch nicht zur Schau stellen. Was wiederum einen positiven Effekt auf die Steuerzahler und Gemeindemitarbeiter hat. Vorläufig jedenfalls.

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