Millionensubventionen in Chamer Frauental

Streit um unrentables Kraftwerk im Naturschutzgebiet

Das Kleinkraftwerk Frauental hat keine Konzession, sondern wird gemäss uralten Rechten von den Wasserwerken Zug genutzt.

(Bild: PD)

Die Wasserwerke Zug (WWZ) wollen viel Geld in ein kaum rentables Kleinkraftwerk investieren, das gerade einmal 200 Haushalte mit Strom beliefert. Auch der Bund soll Millionen an Subventionen bezahlen. Dumm nur: Das Kleinkraftwerk beim Kloster Frauental liegt in einem Naturschutzgebiet. Nun erwächst Opposition.

«Dank einem altertümlichen Recht dürfen Kraftwerke Bäche fast trockenlegen – ohne Konzession. Obendrein gibt’s üppige Subventionen», schreibt der «Beobachter». Illustriert ist die Geschichte mit einem Foto des moosüberwucherten Wehrs des Kraftwerks Frauental. Dieses staut südlich des Klosters die Lorze im Naturschutzgebiet.

Das Kleinkraftwerk ist sichtlich in die Jahre gekommen. Uralt ist auch das Recht der Wasserwerke Zug (WWZ), dort Energie mit Wasserkraft zu gewinnen. Die WWZ würden die Lorze nicht etwa mit einer Konzession, sondern dank einem «ehehaften» – privaten – Recht aus vormodernen Zeiten nutzen, schreibt die Wochenzeitschrift. Rund 150 Kleinkraftwerke in der Schweiz nutzten noch solche Wassernutzungsrechte.

«Die heutigen Rechteinhaber müssen sich nicht einmal ans geltende Umweltrecht halten.»
Michael Bütler, Umweltjurist

Im Widerspruch zum Gewässerschutzrecht

Der WWF hat ein Gutachten erstellen lassen, welches die Grundlage dieser Rechte in öffentlichen Gewässern klären sollte. Einer der Verfasser, der Umweltjurist Michael Bütler, sagt auf Anfrage von zentralplus, diese seien nicht mehr zeitgemäss und widersprächen dem geltenden Gewässerschutzrecht. Doch Bütler räumt ein, dass kein Gericht das bisher bestätigt habe.

Noch keine Baubewilligung

Die Zuger Baudirektion hat den Wasserwerken Zug (WWZ) noch keine Baubewilligung für die Erneuerung des Klein-Kraftwerks Frauental erteilt. «Das Verfahren ist immer noch hängig», sagt Mediensprecher Freddy Trütsch. Eine Bewilligung hat der Kanton aber für das Erneueurngsprojekt beim Klein-Kraftwerk Hammer erteilt, das sich ebenfalls in Cham befindet.

Es handle sich um «eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung von Energieerzeugern». Die Rechte seien ursprünglich an Gewerbebetriebe, zum Beispiel Mühlen, vergeben worden. «Die heutigen Rechteinhaber müssen sich nicht einmal ans geltende Umweltrecht halten», sagt Bütler.

Geringste Restwassermengen

Kraftwerke, welche eine neue Konzession beantragen oder erneuern wollten, müssten die Vorgaben des Gewässerschutzgesetzes einhalten und deutlich mehr Restwasser abgeben als das Minimum, wovon die Tiere und Pflanzen profitierten. Die «ehehaften Anlagen» aber dürfen unbefristet nur geringste Restwassermengen abgeben. So auch das Kraftwerk Frauental an der Lorze.

Das Erneuerungsprojekt der Wasserwerke ist daher unter Beschuss. Die WWZ Energie AG plant die Erneuerung des Oberwasserkanals sowie der Stauwehre und hat dazu ein Bauprojekt eingegeben. Dank Bundesgeldern in der Höhe von vier Millionen Franken soll gleichzeitig eine Fischwanderhilfe beim Maschinenhaus gebaut werden.

«Die besonders schützenswerte Natur beim Frauental muss Vorrang haben.»
Barbara Gysel, Präsidentin WWF Zug

Einspruch von Umweltschutzverbänden

Die Umweltverbände WWF und Aqua Viva haben gegen das Bauprojekt Einspruch erhoben. «Wir fordern, dass die vermeintlich unendlichen ehehaften Nutzungsrechte befristet werden und die weitere Nutzung nur mit einer rechtmässigen Konzession genehmigt wird. Die besonders schützenswerte Natur beim Frauental muss Vorrang haben», sagt Barbara Gysel vom WWF Zug auf Anfrage von zentralplus. «Der Kanton Zug müsste diese Rechte schon lange durch befristete Konzessionen ersetzen, wie es andere Kantone bereits gemacht haben.»

Abgesehen von der rechtlichen Lage kritisieren die Umweltverbände das Vorhaben in erster Linie aus ökologischen Gründen. Das Bauvorhaben sei ein unverhältnismässiger Eingriff in mehrere nationale Schutzgebiete. Das Kraftwerk liegt laut einem Faktenblatt des WWF in der «Reusslandschaft», die von nationaler Bedeutung ist. Die Wehranlagen sowie ein Teil der Restwasserstrecke der unteren Lorze liegen zudem in einer Aue von nationaler Geltung. Gleichzeitig tangiere das Kraftwerk ein national geschütztes Flachmoor sowie ein kantonales Waldreservat.

Die abgeschnittene Lorze im Auengebiet. Auch nach 80 Jahren Wasserkraftnutzung soll sie keine angemessene Restwassermenge erhalten.

Die abgeschnittene Lorze im Auengebiet. Auch nach 80 Jahren Wasserkraftnutzung soll sie keine angemessene Restwassermenge erhalten.

(Bild: PD)

Lebensraum für stark bedrohte Fischarten

Der Kanton Zug sei dazu verpflichtet, diese Gebiete bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederherzustellen. «Die Lorze ist Lebensraum für stark bedrohte Fischarten wie die Nase, die Barbe und den Schneider. Auch der Lachs und die Seeforelle sind früher in der Lorze vorgekommen», sagt Barbara Gysel.

Durch das Kleinwasserkraftwerk werde der Fluss in den Naturschutzgebieten massiv beeinträchtigt. Auch wirtschaftlich mache das Projekt wenig Sinn. Das Kraftwerk versorgt laut Gewässerexperte Daniel Heusser vom WWF nur 200 Haushalte mit Strom. «Die Stromausbeute beträgt nicht mal ein Gigawatt/Stunde.»

Rentabilität: Baudirektion gleicher Meinung?

Laut den Einsprechern sei das Projekt auch wegen der «horrenden» Produktionskosten unrentabel. Laut dem «Beobachter» ist auch die Baudirektion Zug dieser Meinung. Die Zeitschrift bezieht sich auf ein ihr vorliegendes Dokument, ohne dieses genauer zu bezeichnen. Die Baudirektion stehe dem Erneuerungsprojekt tendentiell positiv gegenüber.

Die Direktion befürchte finanzielle Konsequenzen für den Kanton, wenn dieser die ehehaften Wasserrechte aufhebt. Die Besitzer müssten enteignet und durch die öffentliche Hand entschädigt werden. Es sei fraglich, ob es dafür ein öffentliches Interesse gebe. Das Bundesgericht anerkenne schliesslich die ehehaften Rechte.

Eine Baubewilligung wurde noch nicht erteilt, die Sache ist noch hängig (siehe Kästchen).

Wasserwerke Zug anderer Meinung

Für die Wasserwerke ist die fundamentale Opposition des WWF nicht nachvollziehbar, wird Sprecher Robert Watts zitiert. Generell würden die WWZ-Wasserwerke, bedingt durch die grosse Nachfrage nach lokal und CO2-frei erzeugtem Strom, kostendeckend betrieben.

Kritisiert werden die Zuger Wasserwerke von den Umweltschützern aber auch wegen der Abholung von Subventionen für ihr Bauprojekt. «Die WWZ Energie AG profitiert gemäss dem aktuellen Energiegesetz von Fördergeldern und der KEV-Vergütung», schreibt der WWF Schweiz. «Mehrere Bundesmillionen sollen in die Fischgängigkeit investiert werden und der Strom wird von der Swissgrid für 22,5 Rappen/KWh abgenommen. Für einen Bruchteil der Bundessubventionen könnten das Kraftwerk abgebrochen, die Aue und das Gewässer aufgewertet und sogar noch mehr Strom produziert werden.»

Das Kleinkraftwerk Frauental beim gleichnamigen Kloster liegt im Naturschutzgebiet.

Das Kleinkraftwerk Frauental beim gleichnamigen Kloster liegt im Naturschutzgebiet.

(Bild: mbe.)

Wirtschaftliche Interessen wichtiger?

Den Umweltjuristen Michael Bütler würde es nicht erstaunen, wenn die Zuger Baudirektion beim Frauental-Kraftwerk einen Entscheid zugunsten der Wasserwerke fällen würden. Bütler zu zentralplus: «Die politischen Behörden wenden das Umweltrecht oft nicht konsequent an, weil sie die wirtschaftlichen Interessen als wichtiger erachten.»

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon