Safari durch verwilderte Zuger Politiker-Webseiten

«Wählen Sie mich 2011 in den Nationalrat!»

Viele Zuger Politiker haben eine eigene Webseite. Doch so richtig darum kümmern tun sich die wenigsten. Der Wahlkampf scheint zu lange her zu sein.

(Bild: wia Montage)

Ein Internetauftritt ist wie ein Garten, der gehegt und gepflegt werden muss. Bloss scheinen einige Zuger Politiker völlig vergessen zu haben, dass sie überhaupt Gartenbesitzer sind. So wuchert es mancherorts nur so von alten Infos, und manch einer hat noch nicht gemerkt, dass der Wahlkampf schon längst vorbei ist. Und auch der vorletzte.

Zuger Politiker können sich noch etwas zurücklehnen. Erst nächstes Jahr wird wieder gewählt. Erst dann muss man sich um Medienpräsenz bemühen. Noch sitzt man im sicheren Hafen der laufenden Legislatur. Das merkt man auch den Webseiten an, welche die einzelnen Regierungsräte und nicht wenige Kantonsräte in eigener, politischer Sache gegründet haben.

Von den Zuger Regierungsräten etwa haben alle Mitglieder eine Webseite. Auf den ersten Blick sind diese ziemlich aktuell gehalten. Tatsächlich geben sich einige redlich Mühe, ihr virtuelles Gärtchen zu pflegen.

Wer ist jetzt wirklich Landammann?

So erfährt man etwa auf Urs Hürlimanns Webseite, wo man ihn in der kommenden Zeit antreffen kann. Ausserdem verfasst er mindestens einmal im Monat einen politischen Blogeintrag.

Etwas weniger eifrig bewirtschaften andere ihre Plattform. Etwa Manuela Weichelt-Picard, auf deren Seite noch nicht erkennbar ist, dass sie seit anfangs Jahr als Frau Landammann fungiert. Das passt insofern, da bei Heinz Tännlers Persönlich-Rubrik noch immer zu lesen ist: «Seit 2015 Landammann des Kantons Zug».

Wo finden wir den Herrn Hürlimann? Keiner weiss es.

Wo finden wir den Herrn Hürlimann? Keiner weiss es.

(Bild: Screenshot)

Auch Stephan Schleiss scheint ein häufiger Gast auf der eigenen Webseite zu sein. Der letzte von ihm verlinkte Zeitungsartikel datiert vom 21. August. Ulkig finden wir indes die Verlinkung seiner Webseite auf den eigenen Wikipedia-Artikel.

Als wäre die Welt 2014 stehen geblieben

Dass der Wahlkampf schon oder noch weit weg ist, sieht man bei Sicherheitsdirektor Beat Villiger am besten. Noch immer kann man bei ihm das Thema «Wahlen 2014» anwählen. Klickt man darauf, gelangt man auf die Danksagung für die Wahl. Die letzte veröffentlichte Rede stammt ebenfalls von 2014. Und beim Regierungsratsfoto lacht uns statt Martin Pfister Peter Hegglin entgegen. Dieser ist seit notabene eineinhalb Jahren im Ständerat zu verorten.

Und der Neue? Martin Pfister scheint in seinem Amt als Gesundheitsdirektor voll eingespannt zu sein. Dies jedenfalls lassen die immer selteneren Blogeinträge auf seiner Webseite vermuten. Der letzte stammt vom Februar dieses Jahres.

Nach dem Wahlkampf die Sintflut, ist das Motto

Ein paar veraltete Fotos, Danksagungen von 2014, eine vergessene Frau Landammann. Da kann man ein Auge zudrücken. Lustiger wird’s jedoch, durchforstet man die Webseiten der Kantonsräte. Einige der Räte scheinen vor lauter Erleichterung über ihre Wahl vor drei Jahren vergessen zu haben, dass ihre Webseite – vor allem, weil sie ja gewählt wurden – aktuell sein müsste.

Wer will heute auf Pirmin Andermatts Webseite Sätze lesen wie «Fit für Baars Zukunft – Pirmin Andermatt in den Gemeinderat» oder «Ich will in den Gemeinderat Baar, weil…» Auch alle weiteren Daten und Medienberichte, die der amtierende Baarer Gemeinderat und Kantonsrat veröffentlicht hat, datieren auffällig stark ums Datum der letzten Wahlen. Nach dem Wahlkampf die Sintflut, war hier wohl das Motto.

Die Zukunft ist jetzt. Pirmin Andermatt sitzt schon längst im Gemeinderat.

Die Zukunft ist jetzt. Pirmin Andermatt sitzt schon längst im Gemeinderat.

(Bild: Screenshot)

Werbung für die letzte Wahl? Nö, die vorletzte

Nun gut, die Wahlen 2014 sind auf mancher Webseite also noch immer ein Thema. Doch es kommt noch viel besser. Etwa, wenn CVP-Kantonsrätin Monika Barmet auf ihrer Startseite mit folgendem Blogeintrag aufwartet: «Für eine erfolgreiche Schweiz braucht es politische Entscheide, die lösungsorientiert, konstruktiv und respektvoll sind. Mit Herz nach Bern!» Der Eintrag stammt von 2011, also von den vorletzten Nationalratswahlen.

Das Datum, dieser miese Verräter.

Das Datum, dieser miese Verräter.

(Bild: Screenshot)

 

Barmet ist nicht die Einzige, die mit ihren Updates gröber in Verzug geraten ist. Auf Kantonsrat Karl Nussbaumers Webseite kann der Besucher ein PDF downloaden, um den SVPler «auf meinem Weg nach Bern mit einem ideellen oder finanziellen Beitrag» zu unterstützen.

Wie hält sich Heinz Tännler bloss so jung?

Weiter kann sich der Besucher retrospektiv die Inserate derjenigen Politiker anzusehen, die Nussbaumer gern im Nationalratsamt gewusst hätten. So etwa Heinz Tännler, der auf dem Foto noch deutlich frischer aussieht als heute. Ist ja schliesslich auch schon sechs Jahre her.

Auf Karl Nussbaumers Webseite erblicken wir einen frischen Heinz Tännler, der für Nussbaumers vergangenen Wahlkampf einsteht.

Auf Karl Nussbaumers Webseite erblicken wir einen frischen Heinz Tännler, der für Nussbaumers vergangenen Wahlkampf einsteht.

(Bild: Screenshot)

Auch bei Alois Gössi, seines Zeichens SP-Kantonsrat, liegt viel virtueller Staub. Auf der Startseite unter «Aktuell» sind vier Einträge zu verorten. Die obersten beiden stammen – das geht ja noch – von 2015. Der dritte, ein Leserbrief, stammt aus dem Jahr 2011 und der letzte, ein sehr kryptischer Eintrag, ebenfalls von 2011, lautet: «Unter Politik / Vorstösse ist eine Motion vom 2. November 2011 zu Abgangsentschädigungen bei Regierungsräten aufgeführt». Aha. Ein Hinweis, dass wir uns besser auf die Webseite des Kantons begeben sollen? Ein aus Versehen veröffentlichter Entwurf? Man weiss es nicht.

Huch, sind wir hier auf einer Trauerseite?

Die Webseite des ehemaligen Kantonsratspräsidenten Moritz Schmid sieht aus, als sei sie in den frühen Tausenderjahren zum letzten Mal updatet worden. Da erstaunt es beinah, dass der letzte veröffentlichte Beitrag nicht von 2002, sondern von 2012 stammt.

Die Zuger Kantonsrätin Silvia Thalmann-Gut betreibt die Todesanzeige unter den Politikerwebseiten. Schwarz dominiert, ausserdem ein prächtiges, dämmriges Bergpanorama. Auch ihre Interpretation der Rubrik «Aktuell» ist eine eigene. Der letzte «Aktuell»-Eintrag ist über drei Jahre her. Und auch sonst erfährt man auf ihrer Seite kaum etwas über die CVPlerin.

Huch, sind wir auf einer Trauerseite gelandet? Nicht doch. Auf Silvia Thalmanns Webseite.

Huch, sind wir auf einer Trauerseite gelandet? Nicht doch. Auf Silvia Thalmanns Webseite.

(Bild: Screenshot)

Auch der mittlerweile parteilose Willi Vollenweider verfügt über eine Webseite, die es in sich hat. Die ganze Webseite bedürfte der dringenden Aufmerksamkeit eines Webmasters, so wirr ist sie. Nicht zuletzt deshalb, weil neben der Politik auch andere Themen wie etwa das Hobbyfunken auf der Seite Platz finden.

Wie andere hat auch Vollenweider auf seiner Seite Wahl-Inserate platziert, um in den Gemeinderat gewählt zu werden. Wir gehen davon aus, dass es sich um Inserate aus dem Jahr 2014 handelt, und Vollenweider nicht bereits ans Wahljahr 2018 denkt. Item. Für den auf der Seite noch immer währenden Wahlkampf hat Vollenweider schweres Geschütz aufgefahren und wirbt mit Zitaten von niemand Geringerem als Josef Stalin und Adolf Hitler!

Willi Vollenweider wirbt in seinem Wahlkampf-Inserat mit dem Zitat Adolf Hitlers.

Willi Vollenweider wirbt in seinem Wahlkampf-Inserat mit dem Zitat Adolf Hitlers.

(Bild: Screenshot)

Nicht alle sind eingerostet

Doch nicht alle Webseiten der Kantonsräte sind eingerostet. Einige der Politiker pflegen ihr Image sehr bewusst und auch geschickt. So etwa der SP-Kantonsrat Zari Dzaferi, dessen letzte Einträge auf der schlichten, professionell gestalteten Seite vom 20. Juli dieses Jahres stammen.

Etwas überladener, aber ebenfalls aktuell, gehts bei Andreas Lustenberger zu. Die angepriesenen «News» verdienen ihren Namen. Und auch Tweets hat der Grün-Alternative eingebettet. Noch überladener ist die Seite des SVP-Kantonsrats Beni Riedi. Twitter, Facebook, Youtube-Kanal und Einzahlungsmöglichkeit: All das erreicht der Besucher, ohne auch nur einmal klicken zu müssen.

Wir bitten um einen Crashkurs

Und weil wir finden, die Älteren könnten hierbei von den Jungen profitieren, empfehlen wir, die nächste hitzige Debatte um 200 investierte oder eingesparte Franken bleiben zu lassen und stattdessen einen Crashkurs in Sachen Internetauftritt durchzuführen.

Und auch falls das nicht passiert, sind wir dennoch guten Mutes, dass sich der virtuelle Fleiss der Politiker bald wieder beweisen wird. Schliesslich ist ja nächstes Jahr wieder Wahlkampf.

Immerhin ein Pflänzli gedeiht hier. Philip C. Brunner arbeitet offenbar an seiner Webseite.

Immerhin ein Pflänzli gedeiht hier. Philip C. Brunner arbeitet offenbar an seiner Webseite.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Roman Haeberli
    Roman Haeberli, 23.08.2017, 14:37 Uhr

    Mir ist es lieber, die Regierungsräte arbeiten, statt nur ihre Websites auf Vordermann zu bringen.

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