Mein erstes Mal... als Wasserballer

So fühlen sich Ohrenwärmer im Wasser an

Mit hübscher Kappe: Tod durch Ertrinken riskiert.

(Bild: mam)

Wasserball ist kein Sport für Weicheier. Man schwimmt, rauft und spielt Ball – alles gleichzeitig. Wenn man als Neuling am Plauschturnier einen früheren Profi zu vertreten hat, kommt’s knüppeldick. Motto unseres Selbstversuchs im Zugersee: Foulen, wo nötig und nicht absaufen, wenn möglich.

Wasserball ist ein Sport, der im 19. Jahrhundert von aggressiven und nimmermüden Rugby-Spielern aus England erfunden wurde. Die stiegen nach dem Spiel ins Wasser, um sich dort noch ein wenig weiterzubalgen.

Genau das will ich heute auch. Denn der Sommer ist nicht nur die Hochsaison der Grümpelturniere für Freizeitkicker, sondern auch die richtige Jahreszeit für Laien, die sich in diesem Wasserport für Raubeine versuchen wollen. Am Schwimmfest in Zug will ich herausfinden, ob die Teilnahme an einem Wasserballturnier in Unterägeri (siehe Box) etwas wäre, das man Bekannten empfehlen kann.

Mein Bekannter Cyrill Stäger hat aus Arbeitskollegen und Wasserball-Cracks ein Team fürs Plauschturnier geformt. Einer davon – ein früherer ungarischer Profi – ist im dritten Spiel des Turnieres nicht mehr mit von der Partie. Ich soll ihn nun vertreten.

Karikatur zu den Anfängen des Sports.

Karikatur zu den Anfängen des Sports.

(Bild: zvg)

Badekappe mit Ohrenwärmern

Davor habe ich Bammel. Ich hab noch nie Wasserball gespielt, aber schon zugesehen. Die Spieler crawlten die ganze Zeit und im Affenzahn das Spielfeld rauf und runter – ganz so, als würden sie von einem Schwarm Piranhas gejagt. Zumindest dann, wenn sie gerade nicht damit beschäftigt waren, sich gegenseitig unter Wasser zu drücken.

Egal. Erst muss ich mir die Wasserballer-Badekappe aufsetzen, die zwei dicke Ohrdeckel hat. Ich sehe darin ziemlich doof aus, doch die Vorrichtungen haben ihren Nutzen, wie ich noch erfahren werde.

Skulptur dient als Ersatzbank

«Wo ist hier hinten und wo vorne?», fragt ein 20-Jähriger neben mir, während er mit seiner Kappe kämpft. Wenigstens bin ich nicht der einzige Anfänger hier. Betont langsam gleite ich in die Fluten des Zugersees, der sich nach einer Woche Dauerregen wie flüssiges Eis anfühlt.

Als ich endlich in Harmonie mit dem Wasser und der Natur bin, hat das Spiel schon begonnen – ohne mich. Also erst mal auf dem Ersatzbänkli Platz nehmen – in diesem Fall die begehbare Skulptur von Roman Signer, auf der man seeseitig gut stehen kann.

«Bleib einfach hinten»

«Wenn Melanie müde ist, gehst du rein», weist mich mein Bänklinachbar an. Auch er ist ein mittelalterlicher Grünschnabel, der aber immerhin schon zwei Spiele auf dem Buckel hat.

Bald zeigt Mitspielerin Melanie an, dass sie ausgewechselt werden will. Ich erkundige mich nach meinen Aufgaben. «Bleib einfach hinten und pass auf die beiden Meitli auf, die beim Gegner spielen», sagt sie. Vertrauen klingt anders.  

Kampf mit allen Mitteln

Leider hat die gegnerische Mannschaft mittlerweile gewechselt und ein Meitli durch einen durchtrainierten Twen ersetzt. Er ist ein Kasten von Mann und offenbar mit dem Spiel vertraut. Sobald ich zu ihm schwimme, um ihn zu decken, dreht er sich einfach wie eine Schlange weg und ist schnell meterweit entfernt. Dann hämmert er unserm Goalie den Ball an die Torumrandung.

Drei Tage Fest und Wasserballturnier in Unterägeri

Die zweite Gelegenheit, um sich in seiner Freizeit im Wasserball zu versuchen, bietet sich am kommenden Wochenende beim Birkenwäldli in Unterägeri. Freitags veranstaltet der ortsansässige Schwimmclub Frosch ein Turnier für Firmenmannschaften, samstags findet ein Plauschturnier statt und sonntags dann ein Masters-Turnier mit «richtigen» Wasserball-Mannschaften.

«Steh näher beim Gegner», blafft mich ein 15-jähriger Kamerad an. Klar, solange ich den Gegenspieler mit einer Hand berühre, weiss ich, wann er hinter mir wegschwimmt. Kaum habe ich die Anweisung des Jungspundes ausgeführt, bricht vor mir das zweite Meitli durch. Ich setze zum Sprint meines Lebens an und erwische sie noch am Fussgelenk. Sie verliert die Kontrolle über den Ball. Das ist zwar regelwidrig, doch der Schiedsrichter hats nicht gesehen.

Unter Wasser

Die doofen Ohrdeckel schützen nicht nur das Gehör vor Schlägen, sie ermöglichen auch ein exzellentes Hören auf dem Spielfeld. «Hey», schreit der Jungspund und wirft mir den Ball zu. Er ist so gross wie ein Volleyball, aber ein bisschen schwerer. In der Hand festklemmen wie einen Handball kann ich das Spielgerät zwar nicht. Trotzdem will ich den Ball ganz entspannt annehmen und elegant weiterleiten. Doch mein Gegenspieler – es ist wieder der Kraftprotz – rückt mir sofort auf die Pelle und stösst mich zurück.

Das ist im Gegensatz zu meinem Halten vorher erlaubt. Ich bringe nur einen jämmerlichen Kinderwurf mit zwei Händen zustande, bevor mich der Kraftprotz auf den Grund des Sees schickt, wo ich ein paar kräftige Schlucke Seewasser nehme.

Einfache Dinge werden schwer

Als das Spiel endet, bin ich so vertieft, dass ich nicht weiss, wer gewonnen hat. «Klar, wir», triumphiert Melanie. Es war gar nicht so anstrengend, denke ich mir, obwohl alles ein bisschen zu schnell ging.

Doch was unglaublich ist: Der einfachste Ballwurf wird zum Ding der Unmöglichkeit, wenn man dabei gleichzeitig noch schwimmen und raufen muss. So schwer hab ichs mir nicht vorgestellt.

Ego aufpoliert

Zugegeben: Ich hab mich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Und war sogar mit meinem Foul zufrieden, weil ich so einen Angriff stoppen konnte. Aber als ich dann auf der Rössliwiese hinter dem Grillstand die Werbeplane einer Zuger Metallbaufirma entdecke, fühle ich mich auch ein kleines bisschen angesprochen: Wir unterstützen stahlharte Sportler, steht dort.

Stahlhart, das bin ich nun auch. Und nächstes Wochenende, wenn in Unterägeri das nächste Plauschturnier auf dem Programm steht, bin ich wohl wieder dabei. Immerhin hat meine Mannschaft in Zug das Plauschturnier ohne Punktverlust gewonnen und mein Ego mächtig aufpoliert…

 

Wasserballspiel am Zuger Schwimmfest.

Match im Mastersturnier am Zuger Schwimmfest.

(Bild: mam)

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