Luzerner steht im Final des Elite Model Look

Juso-Mitglied auf dem Sprung zum Nachwuchsmodel

Schert sich nicht um Normen: Léon Schulthess aus Luzern, Finalist beim Elite Model Look Contest.

(Bild: jal)

Léon Schulthess hat es in den Final eines der renommiertesten Nachwuchsmodel-Wettbewerbe des Landes geschafft. Gleichzeitig engagiert sich der Luzerner in einer Partei, die explizit gegen die Stereotypen in den Hochglanzbroschüren der Modewelt ankämpft. Für den 18-Jährigen ist das kein Widerspruch.

Léon Schulthess sitzt bereits fünf Minuten vor dem vereinbarten Termin, vor sich einen Cappuccino, am Jeanshemd unter dem beigen Mantel eine Sonnenbrille, die Locken fallen ihm sanft in die Stirn. Er fällt nicht auf im alternativen Kosmos des Alpineum. Doch bald wird der Luzerner vor tausenden Leuten in Zürich über den Laufsteg stolzieren. Schulthess steht im Final des Elite Model Look Contest. Zehn Frauen und sechs Männer kämpfen diesen Donnerstag um den Titel, der die Türen zur glitzernden Modewelt öffnen soll.

Gisele Bündchen, Cindy Crawford oder Alessandra Ambrosio – sie alle starteten ihre Karriere beim Elite Model Look Contest. Auch bei Schweizer Topmodels wie Ronja Furrer, Nadine Strittmatter oder Manuela Frey stand der Anlass am Anfang ihrer Laufbahn.

Ins Finale katapultiert

Wenn Léon Schulthess erzählt, wie es zu seiner Teilnahme am Elite Model Look gekommen ist, spürt man seine Neugier und auch ein wenig seinen Stolz. Freunde haben ihn letzten Sommer auf die Idee gebracht. Schulthess spielte bei der letzten Produktion von Musical Fever einen Lord mit streng zurückgebundenen Haaren. «Als meine Kollegen für einmal mein ganzes Gesicht sahen, sagten sie mir, ich hätte Model-Potenzial.» Doch Schulthess winkte ab, vergass die Bemerkung.

«Ich entspreche nicht dem klassischen Männertyp.»

Der Gedanke liess ihn aber nicht mehr los. Im Januar bewarb er sich bei mehreren Modelagenturen. Option in Zürich lud ihn ein und schlug ihm vor, beim Elite Model Look mitzumachen. Dort kam er direkt ins Finale, ohne Casting. «Ich bin an diesem einen Tag in Zürich in den Final geschleudert worden», sagt Léon Schulthess. «Doch ich mag es, ins kalte Wasser geworfen zu werden – schliesslich habe ich nichts zu verlieren.»

Scheu vor der grossen Bühne hat der Kantischüler keine. Er spielt seit der Primarschule Theater, in Kürze wirkt er bei der neuen Produktion von Ecco rondo mit. «Ich gebe mich gerne in andere Charaktere rein und spüre die Reaktionen des Publikums.»

Léon Schulthess bei einem der Shootings im Vorfeld des Contests.

Léon Schulthess bei einem der Shootings im Vorfeld des Contests.

(Bild: Thomas Buchwalder)

Nebst dem Theater engagiert sich Schulthess bei den Luzerner Jungsozialisten – jener Partei notabene, die sich gegen idealisierte Frauen- und Männerbilder zur Wehr setzt. Wie geht das zusammen mit der Hochglanz-Modewelt, die vor Oberflächlichkeit, Photoshop und schönen Menschen nur so strotzt? «Das beisst sich nicht», entgegnet Schulthess. «Ich entspreche auch nicht dem klassischen Typen, also der Vorstellung eines muskulösen, starken Mannes.» Dass er nun trotzdem für den Elite-Final qualifiziert ist, zeigt seiner Meinung nach, dass nicht die gesamte Modewelt Stereotypen vermarktet.

Und wenn er einen Auftrag für eine Kampagne erhalten würde, hinter der er nicht stehen könnte? Schulthess zögert. «Wenn es eine richtig grosse Kampagne wäre, müsste ich wohl schon kurz überlegen, aber ich würde es wohl eher nicht machen.» Mit seinem Gesicht für eine Botschaft zu werben, die seinen Überzeugungen widerspricht, das wäre ihm wohl doch unangenehm.

Lieber Ausgang statt Fitness

Was fasziniert ihn dann am Modeln? «Um die Modelwelt ranken sich viele Mythen, oft auch negative. Da möchte ich mir gerne selber ein Bild davon machen.» Junge Leute, die Drogen und Watte in sich reinstopfen, um das Hungergefühl zu verdrängen, Missgunst und enormer Konkurrenzdruck: Solche Gerüchte schrecken Léon Schulthess nicht ab, sondern wecken vielmehr sein Interesse. «Ich gehe keineswegs völlig naiv an die Sache ran, sondern zähle auf meinen gesunden Menschenverstand. Ich würde mich nie runtermagern oder zu etwas zwingen lassen.»

«Ich esse gerne mal was Süsses oder gehe in den McDonald’s.»

Bodyshaming, die Angst, nicht den Schönheitsidealen zu entsprechen, kennt Léon Schulthess aus seinem direkten Umfeld nicht. Auch persönlich hatte er nie ein Problem mit seinem Körper. Nur seine Grösse – seit dem Kindergarten überragt er den Rest der Klasse – störte den 1,90 Meter grossen Luzerner lange.

Inzwischen ist das kein Thema mehr. Schulthess achtet auf seine Ernährung und seinen Körper. «Ich bin aber kein Fanatiker. Ich esse gerne mal was Süsses oder gehe in den McDonald’s.» Sport hingegen sei eher nicht so sein Ding, das Fitness-Studio nicht sein Zuhause. «Da gehe ich lieber in den Ausgang», sagt er und lacht.

Als eitel würde er sich nicht bezeichnen. Zwar schaut er gerne Fotos von sich an und macht auch mal mit Freunden private Foto-Shootings. «Ich lege Wert auf mein Aussehen, ja.» Die Hose muss zur Jacke passen, authentisch soll es sein, sein Stil ein Ausdruck seiner Persönlichkeit. Vor dem Spiegel brauche er morgens aber keine Ewigkeit. «Zähne putzen, Frisur richten und fertig – für mehr bin ich am Morgen meist zu faul.»

Prince und Gaga

Dass er sich nicht an den gängigen Schönheitsidealen orientiert, zeigen seine zwei grössten Idole: der letztes Jahr verstorbene Musiker Prince sowie die Sängerin Lady Gaga. «Das sind zwei Persönlichkeiten, die sich stets gegen Normen wehren, etwas zu sagen haben und enormes Talent besitzen», begründet Schulthess. Da blitzen sie wieder auf, die Werte der Juso: Dass alle Menschen gleich sind, dass niemand diskriminiert werden soll, dass jeder sein soll, wie er ist.

Mag neue Welten und andere Rollen: Léon Schulthess bei einem Fotoshooting.

Mag neue Welten und andere Rollen: Léon Schulthess bei einem Fotoshooting.

Obwohl Léon Schulthess sich für Mode interessiert und gerne Modeskizzen zeichnet, hängen in seinem Schrank keine Designerstücke. Das lässt nur schon das Portemonnaie des Gymnasiasten nicht zu.

Auch seine Pläne für die Zukunft hat er erst skizziert. Nach der Matura an der Kanti Musegg nächsten Sommer folgt ein Zwischenjahr mit dem obligaten Zivildienst. Und für danach «habe ich Träume»: Schulthess möchte nach England oder Amerika und eine Filmschauspiel- oder Modedesignschule besuchen. Sollte das nicht klappen, könnte er sich ein Studium im Bereich Theaterpädagogik vorstellen. Doch allzu weit mag er noch nicht denken. «Vor zwei Jahren noch wollte ich Archäologe werden. Es kann sich also noch viel ändern.»

Besonders, wenn er am Donnerstag in Zürich gewinnen sollte. Dann reist der Stadtluzerner im Herbst ans internationale Elite Model Look Final – und steht womöglich bald häufiger im Rampenlicht, als er es in den letzten Jahren auf der Theater- und Politbühne erlebt hat.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 29.08.2017, 17:26 Uhr

    Was um Gottes Willen ist falsch am klassischen Männertyp?
    Das Androgyne zu Jaggers und Bowies Zeiten waren Botschaften. Heute deucht mich, das vielleicht verleugnen wolle, das es Weiblein und Männlein gibt und das genau dies de Reiz ausmacht, aber heute müssen beide so aussehen, das es erst nach genauerer Untersuchung ersichtlich ist wessen Geschlecht jemand angehört

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  • Profilfoto von Roman Haeberli
    Roman Haeberli, 29.08.2017, 08:37 Uhr

    Fotogen zu sein, ist für eine politische Karriere bestimmt kein Nachteil. Was noch lange nicht heisst, dass man es auch drauf hat.

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