FDP-Bundesratskandidaten auf Stippvisite in Zug

Der Staatsmann, die Dialogfrau und der Charmeur

Die Drei im Zuger Parkhotel: Ignazio Cassis (links), Isabelle Moret und Pierre Maudet.

(Bild: woz)

Eigentlich ist es die Bundesversammlung in Bern, die darüber befindet, wer den zurücktretenden Bundesrat Didier Burkhalter ersetzt. Der exklusive Auftritt der Freisinnigen Ignazio Cassis, Isabelle Moret und Pierre Maudet in Zug hatte deshalb etwas von einem politischen Schaulaufen. Ein unterhaltsamer Event, der Unterschiede deutlich machte.

Man wähnte sich im Zuger Parkhotel wie auf einer spätsommerlichen Cocktail-Party, so beschwingt und leicht waren die Begegnungen der Gäste. Küsschen hier, Küsschen da. Alle schienen bester Dinge zu sein. Anstatt der Cocktails in der Hotellobby und später im Saal wurden politische Kandidaten und -innen der Extraklasse serviert. Ganz exklusiv.

In Zug – wie auch in Basel und Fribourg – präsentierten sich jene drei Freisinnigen, die den überraschend zurückgetretenen Didier Burkhalter als Bundesrat ersetzen sollen und sich deshalb am 20. September zur Wahl im Parlament stellen.

Modisch bewusst

Das Trio Pierre Maudet, Isabelle Moret und Ignazio Cassis bewies bei diesem politischen Schaulaufen schon rein äusserlich sehr unterschiedliche Konturen. Der 56-jährige Tessiner zeigte sich modisch im hellen Sommeranzug mit hellbraunen Halbschuhen.

Die 46-Jährige Moret aus dem Kanton Waadt wusste ihrerseits durch ihr edles, rotes Lederjäckchen und ihr irgendwie tiefsinnig wirkendes, dunkelblaues Baumwollkleid zu gefallen. Der 39-jährige Maudet, der aufgrund seiner Grösse nicht zu übersehende Jungspund aus Genf, sah dagegen so aus, als ob er gerade einer Regierungsssitzung entflohen sei – so gesprächig, stressbefreit und jovial kam er rüber.

«Frau und Mutter zu sein ist eine Lebenserfahrung.»

Isabelle Moret, FDP-Nationalrätin

Überrascht war man dann aber vor allem, dass die blonde Juristin und Nationalrätin überhaupt nicht auf ihren Frauenbonus pocht. «Frau und Mutter zu sein, ist eine Lebenserfahrung», stellte sie klar. In der Politik komme es auf Kompetenzen und Fähigkeiten an. Darüberhinaus sei sie sehr «dialog- und kompromissfähig».

Ist dies aber vielleicht der Grund, warum FDP-Frauen Schwierigkeiten haben, sich gegen ihre männlichen Kollegen durchzusetzen, wenn es um den Bundesrat geht? «Es wird schwer werden», räumte Moret denn selbst ein.

«Ich fühle mich hier in Zug wie zuhause in Genf – beide Kantone sind schliesslich Geberkantone im NFA.»

Pierre Maudet, Genfer FDP-Staatsrat

Was ihren Genfer Parteikollegen anbelangt, wurde sofort klar, dass er – o là là! – ein Meister des Worts ist. «Ich fühle mich hier in Zug wie zuhause in Genf – beide Kantone sind schliesslich Geberkantone im NFA.» Sagte es und schon hatte er die Lacher im dicht gedrängten Publikum auf seiner Seite.

Als ihn die Moderatorin Nadine Jürgensen dann auch noch mit Monsieur le Président aus «Fronkreisch» verglich, sprich: mit Emmanuel Macron, war klar: Der Sicherheits- und Wirtschaftsdirektor aus Genf hat den welschen Charmeur perfekt drauf. Den Charmeur mit Esprit. Aber reicht das für einen Bundesratssitz?

Den Dritten im Bunde liess das alles irgendwie kalt. Klar konturiert und souverän überraschte Ignazio Cassis mit seiner Rolle als Bundesrat, die er einnähme, würde er denn gewählt. «Ich möchte vor allem ein liberaler Bunderat sein und nicht ein Tessiner Bundesrat.» Worte, die verblüfften, kennt man doch die Tessiner als sehr stolze, eingefleischte Zeitgenossen.

«Das Tessin hat kein Anrecht auf einen Bundesrat.»

Ignazio Cassis, FDP-Nationalrat

Doch der studierte Mediziner und Arzt sezierte dann gekonnt staatsmännisch den Sinn dessen heraus, was er eigentlich meinte. «Das Tessin hat kein Anrecht auf einen Bundesrat, ebensowenig wie jeder andere Kanton. Das italienische Sprachgebiet dagegen sehr wohl.»

Auch als es um die liberalen Werte ging, punktete der «Bianconero» gegenüber dem Genfer und der Lausannerin. Denn mit seinem Diktum für «Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt» konnte er am klarsten umreissen, was für ihn wahre Liberalität bedeutet: Eine Wirtschaft, die keine zu «engen Korsette» tragen muss. Und ein Gemeinwesen, das vom Staat nicht gegängelt wird. Moret warb für Eigenverantwortung, Maudet für Wirtschaft mit Regeln.

«Ich gehe davon aus, dass es am Ende zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Herrn Cassis und Frau Moret kommen wird.»

Matthias Michel, Zuger Volkswirtschaftsdirektor

Und selbst als ihn die Moderatorin noch auf seine umstrittene Homestory mit jenem verflixten blauen Sofa in seinem Wohnzimmer ansprach, wusste der Tessiner humorvoll zu kontern: «Meine Frau hat zu mir gesagt: Nein, wir kaufen uns kein neues Sofa!» Verkündete es und hatte nun ebenfalls die Lacher auf seiner Seite.

«Ich gehe davon aus, dass es am Ende zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Herrn Cassis und Frau Moret kommen wird», prognostizierte Zugs Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel wie gewohnt diplomatisch. Andere Zuger Freisinnige wie Regierungsratskollege Urs Hürlimann tippten auf Cassis. Und auch für den Stadtzuger Finanzchef Karl Kobelt wirkt der Tessiner als der Favorit. In Zug wäre Cassis denn wohl gewählt. Doch das letzte Wort hat Bern.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Roman Haeberli
    Roman Haeberli, 22.08.2017, 11:13 Uhr

    Frau & Mann, Tessiner & Welsche. Wären Ueli Maurer, Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard gemeinsam abgetreten, hätte die Bundesversammlung viel mehr Spielraum und müsste sich nicht mit solchen Dingen beschäftigen. Die Parlamentarier könnten sich darauf konzentrieren, was wirklich zählt. Nämlich: Wer ist am Fähigsten.

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