«Abi und Abi» aus der Chamer Badi

Es geht auch anders: Ausbruch aus dem Fritten-Dasein

Das «Chomer Bier» im Konfitürenglas.

(Bild: wom)

Was vor zehn Jahren begann, ist zu einem echten Gastro-Tipp geworden: Im Bad Hirsgarten in Cham läuft’s. Das grösste Problem sei die zu kleine Küche, erklären die Betreiber. Die Erfolgsgeschichte war aber so gar nicht geplant.

Das Hirsi liegt im Herzen Chams an prominenter Lage zwischen Schloss St. Andreas und Villette-Park. Ein kleines Badehäuschen mit Umkleide und Kiosk schirmt den offenen Badebereich von der Hirsiwiese ab. Vor der Badi stehen einige rote Tischchen mit Blick vom Villette-Park über Buonas bis zur Rigi. Es riecht nach Fischchnusperli und Sonnencreme.

Vor zehn Jahren entschieden sich zwei junge Köche, diese kleine Oase einen Sommer lang zu bewirten. Wenn man die beiden selbständigen Badiwirte heute mit den jungen Spunden auf dem Foto von damals vergleicht, scheint das alles schon eine Ewigkeit her.

Wo das Bier blubbert und gluggert

Im Lorzenpark, zwei Kilometer landeinwärts, stehen zwischen Teslawerkstatt und International School in einem verlassenen Winkel des grünlich bronzenen Neubaus mehrere stählerne Tanks, in denen es ab und an fröhlich gluggert und blubbert. «Das grösste Problem, das wir heute im Hirsi haben, ist die viel zu kleine Küche», erklärt Roger Wyss den ungewöhnlichen Treffpunkt weit ab vom See.

«Wir beide lieben es, zu kochen.»
Roger Wyss

Wyss hat kurz geschorenes Haar, einen gesunden Teint und wache Augen. Aus dem schlaksigen Jungen vom Foto ist ein selbstbewusster junger Mann geworden. «Wir beide lieben es, zu kochen, und suchen nach Wegen, uns kreativ auszutoben.» In den ersten Jahren haben sie noch verschiedene Menüs serviert. Doch mit der vorhandenen Infrastruktur liess sich der Andrang nicht mehr bewältigen.

Vor zehn Jahren, als alles begann: links Erol Karadags, rechts Roger Wyss.

Vor zehn Jahren, als alles begann: links Erol Karadags, rechts Roger Wyss.

(Bild: wom)

Zwei Jungs wagen was

Das Foto auf Erol Karadags Handy zeigt drei Halbstarke, die stolz mit einem meterlangen Hecht posieren. Links der noch etwas untersetzte Erol, rechts der schlaksige Roger. «Abi und Abi», wie man sie damals nannte. Dazwischen ein Freund, mit dem sie fischen waren.

«Anfangs dachten wir, wir würden das vielleicht zwei Saisons machen.»
Erol Karadags

Die beiden haben gerade ihre Kochlehre abgeschlossen. Roger im Casino und Erol im Ochsen in Zug. Zu dieser Zeit spielten sie mit dem Gedanken, an die Hotelfachschule in Luzern zu gehen oder die Ausbildung zum Gastronomiekoch zu machen. Als dann die Gemeinde Cham ihrer Bewerbung auf das Pachtrecht des Hirsi stattgab, liessen beide die Schule links liegen und konzentrierten sich auf ihre neu gewonnene Selbständigkeit. «Anfangs dachten wir, wir würden das eine, vielleicht zwei Saisons machen», lacht Karadag zehn Sommer später.

Hopfengestopftes Indian Pale Ale aus Cham

Die silbernen Tanks an der Lorze sind der neuste Freilaufstall für die Entdeckerlust der beiden. «Jetzt haben wir einen neuen Weg gefunden, aus dem Coca-Cola-, Fritten- und Eis-am-Stiel-Dasein auszubrechen», freut sich Karadag. Unter dem Namen «Abi&Abi» haben die beiden kurzerhand ihre hauseigene Brauerei eröffnet. Hopfengestopftes Indian Pale Ale und fruchtiges «Banana Joe» gären in den stählernen Tanks (zentralplus berichtete).

Sogar die Krabbe macht Männchen um die Aussicht zu geniessen.

Sogar die Krabbe macht Männchen um die Aussicht zu geniessen.

(Bild: wom)

In kühlen Champagnerflaschen steht bereits ein ansehnlicher Stock des edlen Gebräus im Lagerraum. «Chomer Braukunst» steht stolz auf dem Wappen, das den Chamer Bären zwischen zwei Pfeilen aus Hopfen und Malz zeigt. Darunter die kleine Zahl 888. «Abi&Abi ist die achthundertachtundachtzigste Brauerei der Schweiz. Als wir das bei unserer Anmeldung erfuhren, war für uns beide klar, dass unser Bier unter einem guten Stern steht.»

Eine herbe Mischung macht’s

Auch den eigenen Eistee setzen sie hier für ihre Gäste an. Eine herbe Mischung aus Ingwer, Zitronengras und Grüntee für besonders schwüle Tage. «Wir finden einfach, es macht einen riesigen Unterschied, ob man in seiner Badi mit Massenware abgespiesen wird oder die Möglichkeit hat, originelle und natürliche Produkte zu entdecken.»

Zurzeit kann man die Chamer Brauerei noch unterstützen, indem man einer von 888 Bierpaten wird. Das ist ein bisschen wie Entwicklungshilfe für das sympathische KMU anstelle darbender Entwicklungsländer.

Techno und Paella am See

Auch in der Küche haben sich die beiden Freiräume geschaffen und sind damit in bester Gesellschaft mit der Badi Trubikon auf der anderen Seeseite (zentralplus berichtete). Mit grossen Gas-Woks laden sie jeden Donnerstag bei schönem Wetter zu Paella am See. Hier habe sich bereits eine starke Stammkundschaft etabliert. Doch den beiden Chamern ist das alles nicht genug. Zweimal im Sommer richten sie in ihrer Badi mit dem Verein Mx-Project das Openair «Tech am See» aus.

Hier gurgelt das «Chomer Bier» vor sich hin.

Hier gurgelt das «Chomer Bier» vor sich hin.

(Bild: wom)

«Das erste offizielle Outdoorfestival basierend auf elektronischer Musik im Kanton Zug», so die eigene Einschätzung auf ihrer Webseite. In Erol Karadags breites Gesicht schleicht sich ein verschmitztes Lächeln, wenn er davon erzählt: «Von Jahr zu Jahr wird der Andrang grösser auf diesen kleinen Geheimtipp. Wir machen uns schon Gedanken, wie wir dem Andrang beim nächsten Mal gerecht werden können.»

Für Chamer ein Stück Heimat

Wer sich in Cham bei hohen Temperaturen einen schönen Tag machen will, findet im Hirsi eine Badi mit Charme und abwechslungsreichem Umschwung. Wer gerne viel Platz hat, setzt sich auf die ausladende Hirsiwiese oder lässt eine Frisbeescheibe über das weite Grün segeln. Wer’s gerne heimelig und überschaubar mag, gesellt sich in die Badi selbst. Für Familien mit Kindern gibt es einen kleinen Nichtschwimmerbereich. Für alle, die bereits schwimmen können, zwei Flösse im See, die auf einen ausgedehnten Schwumm einladen. Für viele Chamer definitiv ein Stück Heimat, dem Abi und Abi immer wieder Leben einhauchen.

Eine Paellia wie ein Mandala.

Eine Paellia wie ein Mandala.

(Bild: wom)

Und wenn Sie wissen wollen, ob sich ein Besuch in der Badi lohnt: Hier geht es zum Badewetter.

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