Reaktionen auf den Etikettenschwindel

Nach Gerichtsurteil: Manor nimmt «Lozärner Bier» aus Verkauf

Blau-weiss, aber nicht aus Luzern: das «Lozärner Bier».

(Bild: jwy)

Würden Sie ein Bier verkaufen, das die Kunden täuscht? Nein, sagt man bei Manor und nimmt das «Lozärner Bier» aus dem Verkauf. Bei anderen Verkaufsstellen und Restaurants bleibt das Bier trotz Urteil des Gerichts in den Verkaufsregalen und Getränkekarten. Allerdings reagiert auch Coop.

Trübe Aussichten für das «Lozärner Bier»: Das Luzerner Kantonsgericht wirft dem Unternehmen mit Sitz in Littau Etikettenschwindel vor. Das Lagerbier täuscht den Konsumenten nicht nur mit dem Namen, sondern auch mit seiner blau-weissen Aufmachung. Denn dass der Gerstensaft in Wirklichkeit in Schaffhausen gebraut wird, erfährt der Durstige nicht, wenn er zum Lagerbier greift (zentralplus berichtete).

Die Konkurrenz – etwa das Luzerner Bier und Soorser Bier – freut’s. Wen wundert’s: Sie brauen ihr Bier auch tatsächlich in der Region und haben wenig zu befürchten (zentralplus berichtete).

«Wir haben das Bier provisorisch aus dem Verkauf genommen.»

Manor

Das Ansehen des «Lozärner Bier» ist ramponiert, davon zeugen viele wenig schmeichelhafte Kommentare auf der Facebook-Seite von zentralplus nach dem Urteil. «Ich ziehe ein Hahnenwasser dem ‹Lozärner Bier› vor», war noch eine der freundlicheren Aussagen.

Coop und Manor reagieren

Auch die Verkaufsstellen reagieren jetzt. Bei Coop hat man Kenntnis vom Gerichtsentscheid, man stehe mit der Brauerei in Kontakt, sagt ein Sprecher auf Anfrage. «Bei unseren Kundinnen und Kunden erfreut sich das ‹Lozärner Bier› grosser Beliebtheit, es wird jedoch in Kürze in den Coop-Verkaufsstellen nicht mehr als regionale Spezialität gekennzeichnet.» Zu «allfälligen weiteren Schritten» würden die Gespräche zurzeit noch laufen, so Coop.

Anders bei Manor, wo man vor der Anfrage von zentralplus nichts vom Gerichtsentscheid wusste. Das Unternehmen nimmt nun aber das «Lozärner Bier» gar vorläufig aus dem Regal. «Diesen Fall, von dem wir allerdings bisher keine Kenntnis hatten, nehmen wir sehr ernst. Wir haben das Bier provisorisch aus dem Verkauf genommen, bis uns alle Informationen vorliegen und wir eine Entscheidung treffen können, ob wir das Produkt definitiv streichen oder nicht», schreibt Manor auf Anfrage.

Bei Coop wird das «Lozärner Bier» in Zukunft nicht mehr als regional gekennzeichnet, es bleibt aber in den Regalen.

Bei Coop wird das «Lozärner Bier» in Zukunft nicht mehr als regional gekennzeichnet, es bleibt aber in den Regalen.

(Bild: zvg)

Ein weiterer Verkäufer in Luzern sagt hinter vorgehaltener Hand, er habe die Kundschaft schon vor dem Gerichtsentscheid immer wieder darauf hingewiesen, dass das «Lozärner Bier» nicht aus Luzern stamme. Vielen sei das jedoch egal – und solange er Kundschaft für das Bier habe, werde es auch nicht aus dem Verkauf genommen.

Bis heute erfolgreich

Das 2009 gegründete «Lozärner Bier» war bis dato eine Erfolgsgeschichte: Bereits zwei Jahre nach der Gründung landete es in den Regalen von Grossverteilern wie Coop und Manor, auch etliche Restaurants sprangen auf. Heute schenken alleine in der Stadt Luzern rund zwei Dutzend Restaurants das «Lozärner Bier» aus, in der ganzen Innerschweiz sind es etliche mehr. Dies zeigte eine Karte auf der Webseite des Unternehmens mit allen Verkaufsstellen – in der Zwischenzeit wurde sie interessanterweise von der Webseite genommen.

«Wir werden den weiteren Verlauf beobachten und dementsprechend reagieren.»

Restaurant «Wilhelm Tell»

2014 zog das Unternehmen an seinen Standort im Littauerboden. Doch dem Versprechen, dort auch tatsächlich Bier zu brauen, kamen die Verantwortlichen bis heute nicht nach. Das «Lozärner Bier» wird heute in den Kantonen Schaffhausen und Bern gebraut, was ihm nun zum Verhängnis wird.

Restaurants sind überrascht

Bei verschiedenen Luzerner Restaurants, die «Lozärner Bier» ausschenken, hatte man vom Gerichtsentscheid noch gar keine Kenntnis. Etwa beim Schiffsrestaurant «Wilhelm Tell»: «Wir haben bis jetzt noch keine Mitteilung über einen allfälligen Gerichtsentscheid erhalten. Wir werden den weiteren Verlauf beobachten und dementsprechend reagieren», schreibt Inhaber Edi Räber.

«Falls die Nachfrage sinkt, werden wir uns überlegen, ob wir die Biersorte wechseln.»

Mövenpick-Restaurant

Bei anderen ist der Gerichtsentscheid zwar Thema. Aber auf die Frage, ob man mit gutem Gewissen ein Bier ausschenken könne, das den Kunden täusche, wollen sich viele nicht äussern. Man habe sich noch keine Gedanken darüber gemacht, heisst es etwa im Restaurant «Reussbad».

Das Restaurant «Old Swiss House» sieht keinen Bedarf, etwas zu ändern, wie Inhaber Philipp Buholzer auf Anfrage sagt. Solange das Bier gut sei – und das treffe in diesem Fall zu –, halte man am «Lozärner Bier» fest. Besonders das Weissbier schätze er sehr (gebraut von der Berner Brauerei Aare Bier).

Und seitens Mövenpick-Restaurant heisst es, man werde nun beobachten, wie der Markt auf den Entscheid reagiere und ob das Bier von der Bevölkerung weiterhin gut angenommen werde. «Falls die Nachfrage sinkt, werden wir uns überlegen, ob wir die Biersorte wechseln wollen», so eine Sprecherin.

Partner reagieren gelassen

Auch an wichtigen Events war das «Lozärner Bier» in den letzten Jahren als Partner oder Sponsor präsent, etwa an der Luga, dem kantonalen Musikfest, beim Spitzen-Leichtathletik auf der Allmend oder an den Freilichtspielen, die aktuell auf Tribschen laufen. Wie steht man da zum Gerichtsentscheid?

Beim Spitzen-Leichtathletik am 11. Juli trat das «Lozärner Bier» als Sponsor auf und schenkte dort sein Bier dem Publikum aus. Die Verantwortlichen wollen zum Gerichtsfall jedoch keine Stellung beziehen.

Auch bei den Freilichtspielen, die noch bis Ende Juli «Stadt der Vögel» zeigen, fungiert «Lozärner Bier» als Sponsor. Christoph Risi, verantwortlich für die Luzerner Freilichtspiele, hat schon vor dem Gerichtsentscheid gewusst, dass das «Lozärner Bier» nicht in Luzern gebraut wird. Im Unterschied zu einem Restaurant sei für ihn bei einer temporären Veranstaltung die Herkunft des Biers kein «Killerkriterium». Vielmehr sei man, gerade in der Kulturszene, auf gute Sponsoring-Deals angewiesen.

Interessant ist, dass der Ruf des «Lozärner Bier» einiges schlechter zu sein scheint als sein Geschmack. Ein Facebook-User und bekennender Biertrinker schrieb kürzlich, dass er das «Lozärner» um Längen besser und interessanter finde als das «Luzerner Bier». Beim zentralplus-Biertest schwangen kürzlich beide Luzerner Biere oben aus.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Beni Stocker
    Beni Stocker, 27.07.2017, 09:23 Uhr

    Eigentlich erstaunlich, dass das ganze Theater mehrere Jahre gedauert hat. Die Situation war ja längst sonnenklar und es ist deshalb schon erstaunlich dass einzelne Gastronomen oder grosse Events sich überhaupt auf ein solches Produkt eingelassen haben und offensichtlich immer noch daran festhalten. Kein Mensch käme auf die Idee, Kernser Pasta aus Stans zu verkaufen … oder ein Baarer Bier aus dem Jura.

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  • Profilfoto von Daniel Huber
    Daniel Huber, 26.07.2017, 07:47 Uhr

    Immerhin Manor ist konsequent. Dass ein Beizer weiterhin Bier dieses Bschissanbieters ausschenkt, hat wohl viel mit Bequemlichkeit zu tun. Verträge könnten unter diesen Bedingungen wohl aufgelöst werden, der Brauer hat sich ja schuldig gemacht.

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