Luzerner Treibhaus-Leiter Fabian Fuchs geht

«Telefonanrufe mitten in der Nacht sind immer seltener»

Fabian «Fesch» Fuchs gönnt sich noch ein Getränk im Treibhaus-Garten, bald ist er weg.

(Bild: jwy)

Er ist die Ruhe selbst, auch wenn er Horden von Teenies zu bändigen hat. Fabian Fuchs hat drei Jahre lang den Luzerner Jugendschuppen Treibhaus geleitet. Bevor er geht, verrät der 31-Jährige, wie er zu den neuen Nachbarn ein gutes Verhältnis aufgebaut hat.

Die Luzerner Jugendkultur bekommt ein neues Gesicht: Corinne Imbach übernimmt das Luzerner Treibhaus ab dem 1. August (zentralplus berichtete). Die letzten drei Jahre hat der 31-jährige Fabian «Fesch» Fuchs das städtische Haus mit ruhiger Hand geleitet, ohne dabei öffentlich gross in Erscheinung zu treten.

Es war für das Treibhaus keine einfache Zeit: Mit der Emmi-Überbauung gab es neue Nachbarn in direkter Seh- und vor allem Hördistanz. Sorgen um Lärmklagen waren berechtigt. Dass gröbere Konflikte ausblieben, ist auch Fabian Fuchs zu verdanken. Er leitet das Kulturhaus seit Sommer 2014 – und übergibt nun an seine Nachfolgerin.

zentralplus: Erst Booker im Südpol, dann drei Jahre Treibhaus. Was kommt jetzt?

Fabian Fuchs: Zuerst sechs Monate Zivildienst bei der Caritas. Das ist mit ein Grund, wieso ich im Treibhaus aufhöre. Ich habe jetzt fertig studiert und keine Ausrede mehr, das weiter hinauszuschieben. Danach gehe ich ein halbes Jahr auf Reisen.

zentralplus: Ein Break also, ohne zu wissen, was kommt?

Fuchs: Ja, ich finde es für solche Häuser wichtig, dass es Wechsel gibt. Ich hatte vier Jahre geplant, dem Haus und mir zuliebe. Jetzt sind’s halt drei. Und ich bin überzeugt, dass es sehr gut kommt mit Corinne Imbach. Sie ist qualifiziert und bringt frischen Wind.

«Ich bin nicht so gut organisiert, ich tu nur so.»

zentralplus: Bleiben Sie der Luzerner Kultur erhalten?

Fuchs: Eher nicht. Ich kann es mir nicht mehr vorstellen, nach gut sieben Jahren im Südpol und Treibhaus wieder in so einem Haus zu arbeiten. Es gibt andere interessante Sachen. Wo es mich hintreiben wird, ist aber noch ungewiss.

zentralplus: Was war der grösste Unterschied zwischen Südpol und Treibhaus?

Fuchs: Ein grosser Unterschied ist der Auftrag. Das Treibhaus ist ein Lernfeld und hat nicht den gleichen Druck und Anspruch. Hier geht’s um Beteiligung und ums Machen, das fand ich nach viereinhalb Jahren Südpol erfrischend. Man muss den künstlerischen Wert nicht immer messen und rechtfertigen, sondern kann auch einfach mal ausprobieren. Auch finanziell; wir haben einen Budgetposten, der Scheitern zulässt. Das ist für Jugendliche und junge Erwachsene bei ihren Projekten wichtig.

Das Treibhaus und seine Kulturköpfe

Das Treibhaus wurde 2004 eröffnet – als Nachfolger des ehemaligen Jugendkulturhauses «Wärchhof». Urs Emmenegger leitete das Treibhaus anfangs, es folgten Martina Aregger und auf Sommer 2014 Fabian Fuchs. Nun übernimmt die 30-jährige Corinne Imbach. Sie ist mit ihrer Firma «Kultur Kopf» selbstständig und OK-Präsidentin des Luzerner Festes (zentralplus berichtete).

Das Treibhaus läuft: Besucherzahlen (2016: 14’200) und Umsatz (rund 1,1 Millionen Franken) steigen. 143 Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren waren letztes Jahr im Haus engagiert. Von der Stadt erhält das Treibhaus jährlich gut eine halbe Million Franken Unterstützung. Mit dem Erfolg nimmt auch der Aufwand für Sicherheit, Nachbarschaftspflege und Lärmmassnahmen zu.

zentralplus: Konzerte werden unwichtiger, Partys beliebter. Ist das auch ein Grund, wieso Sie aufhören?

Fuchs: Nein, gar nicht, das entwickelt sich in Wellen. In den letzten Monaten hatten wir sehr gute Konzerte. Seit Anfang Jahr laufen Konzerte recht gut, Partys sind hingegen etwas rückläufig.

zentralplus: Sie haben mit den neuen Nachbarn eine schwierige Phase des Treibhauses mitgemacht. Ist es Ihr grösster Erfolg, dass der Betrieb trotzdem weiterging?

Fuchs: Ja, aber nicht allein meiner. Es wurde sehr gute Vorarbeit geleistet von Stadt, Treibhaus und Theater-Pavillon. Am Anfang war es etwas harzig. Aber durch den Dialog, den wir führten und immer noch führen, hat sich das zu einem sehr konstruktiven Verhältnis gewandelt.

zentralplus: Wie muss man sich das vorstellen? Stehen Sie in regelmässigem Austausch?

Fuchs: Wir informieren die Nachbarn sehr aktiv. Wir sagen ihnen jeden Monat, was hier läuft und an welchen Abenden es etwas lauter werden könnte. Als wir eine neue Musikanlage erhielten, sagte ich ihnen: «Hören Sie mal hin und geben Sie mir Feedback.» Zudem laden wir die Nachbarn jedes Jahr einmal zum Essen ein, sodass sie die beiden Häuser näher kennenlernen.

zentralplus: Wie kommt das an?

Fuchs: Sie schätzen das und sind uns grundsätzlich gut gesinnt. Sie geben wertvolles Feedback, daraus können wir lernen.

zentralplus: Telefonanrufe mitten in der Nacht sind also selten?

Fuchs: Immer seltener, weil wir dran arbeiten. Aber wir haben ein Notfalltelefon in der Nacht, da können sie anrufen.

zentralplus: Der Aufwand für Nachbarn und Sicherheit nimmt zu, wie spüren Sie das?

Fuchs: Finanziell schlägt die Sicherheit schon zu Buche. Hier mussten wir aufstocken und haben das Budget letztes Jahr etwas überzogen. Wenn wir hier 500 Jugendliche und junge Erwachsene an einer Party haben, müssen wir die bändigen können. Dazu braucht’s Sicherheitspersonal. Aber das ist es uns wert.

Fabian Fuchs geht, Corinne Imbach kommt. Aber diese Köpfe im Treibhaus bleiben.

Fabian Fuchs geht, Corinne Imbach kommt. Aber diese Köpfe im Treibhaus bleiben.

(Bild: jwy)

zentralplus: Mit dem Theater-Pavillon entstand hier ein kleines Kulturzentrum. Gibt das dem Ganzen mehr Gewicht?

Fuchs: Völlig, wir spannen zusammen und sind zusammengewachsen. Ich hätte vom Theater-Pavillon gerne eine Treppe direkt in den Garten. Es ist doch komisch, dass wir jetzt eine Mauer gegenüber haben. Aber das habe ich nicht mehr geschafft, das übergebe ich vielleicht Corinne.

zentralplus: Kommen sich die beiden Häuser nie in die Quere?

Fuchs: Doch, auch. Es kommt vor, dass unsere Gäste ihnen in die Quere kommen. Wenn sie eine Aufführung haben und bei uns um 22 Uhr 200 Teenies vor der Türe anstehen. Aber sie sind diesbezüglich sehr kulant.

«Solche Jobs sind der Luxus, das muss man mega schätzen.»

zentralplus: Was bleibt haften aus drei Jahren Treibhaus?

Fuchs: Die Verjüngung. Da haben wir sehr gut gearbeitet und sind dem Konzept wieder treuer geworden. Mit 26 faulst du raus, ohne Diskussion, das steht so in den zivilrechtlichen Verträgen. Wir haben wieder mehr Ü16-Partys, wir haben zwar etwas an Qualität eingebüsst, dafür erreichen wir mehr Leute. Hier können Jugendliche veranstalten, ohne grossen künstlerischen Anspruch. Aber es ist doch cool, als 18-Jähriger Verantwortung zu übernehmen und eine Party für 400 Leute zu organisieren.

zentralplus: Sie wirken als ruhiger, organisierter Mensch – stand das nie im Kontrast zum wilden Haufen hier?

Fuchs: Das meinen die Leute nur, ich bin nicht so gut organisiert. Ich tu nur so, ich bin ein ziemlicher Chaot (lacht). Ich versuche aber immer die Contenance zu behalten. Man merkt es mir auch nicht an, wenn ich betrunken bin.

zentralplus: Im Gegensatz zu anderen Vertretern der Kultur hat man Sie nie als laute Stimme wahrgenommen. Suchen Sie nicht gern das Rampenlicht?

Fuchs: Das ist mein Naturell, ich habe auch schon Angst vor dem Foto (lacht). Ich hasse solche Sachen.

zentralplus: Wirft Sie denn nichts aus der Bahn?

Fuchs: Innerlich kann es schon auch mal brodeln, aber ich lasse es nicht so raus … ausser beim Töggelen, da raste ich aus. Sonst lasse ich alles zu Hause raus. Das hat mir meine Freundin auch schon vorgeworfen.

zentralplus: Was wird Ihnen fehlen?

Fuchs: Solche Jobs sind der Luxus, das muss man mega schätzen. Du hast so viele Vorteile: flexible Arbeitszeiten, Entscheidungsspielraum, ein Umfeld mit guten Leuten. Das werde ich vermissen.

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