Von verdienten – und unverdienten Noten

Zuger Politiker zeigen ihre Schulzeugnisse

In Betragen hatte er nicht immer «Gut»: Zugs Bildungsdirektor Stephan Schleiss.

(Bild: zvg)

Tausende Zuger Kinder haben diese Woche ihre Zeugnisse bekommen. Da ist so manche Träne wegen schlechter Schulnoten geflossen, aber auch so mancher Batzen als Belohnung. Doch Schulzeugnisse sind nicht alles. Das zeigen auch die Malheurs, die heutige Zuger Politiker mit ihren Noten früher hatten.


Vroni Straub ist Stadträtin und Leiterin des Schuldepartments in der Stadt Zug. Sie war offensichtlich schon immer eine ehrliche Haut. Auch was Schulnoten angeht. Sie reklamierte beim Lehrer sogar wegen einer zu guten Note. Unglaublich. Ein Vorbild an «Political Correctness». Und nicht nur das, wie sie erzählt:

«Am 31. Januar 1974 – ich war in der 4. Primarklasse – bekam ich mein Semesterzeugnis. Ich vergesse diesen Tag nicht mehr, weil an diesem Tag meine Ehrfurcht und mein Glaube an die Zeugnisse einen starken Dämpfer erlitten.

Ich war eine gut durchschnittliche Schülerin – meine Stärken lagen in Deutsch. Im Mündlichen erhielt ich eine glatte 6 und im Aufsatz eine 5. Mit dem Fach Rechnen/Geometrie stand ich dagegen etwas auf dem Kriegsfuss.

Die Sätzlirechnungen interessierten mich deshalb nicht wegen der rechnerischen Aufgabe – wenn überhaupt, dann nur wegen des spannenden Inhalts. Beispielsweise: Barbara ist 25 Jahre jünger als ihre Mutter. In 12 Jahren wird Barbara halb so alt sein wie ihre Mutter. Wie alt ist Barbara heute?

«Ehrlich, wie ich bin, trabte ich sofort zum Lehrer und beschwerte mich.»

Vroni Straub, CSP-Stadträtin, Stadt Zug

Mich machte die Beziehung zwischen Barbara und ihrer Mutter neugierig, und wie die beiden wohl aussahen. Das Alter von Barbara war mir eigentlich egal.

Karl Kobelt (zweiter von links) und Vroni Straub-Müller mit ihren Stadtratskollegen.

Karl Kobelt (zweiter von links) und Vroni Straub-Müller mit ihren Stadtratskollegen.

(Bild: fam)

Und so war ich sehr erstaunt, dass ich im Rechnen schriftlich eine 5,5 erhielt. Ehrlich, wie ich bin, trabte ich sofort zum Lehrer und beschwerte mich. Diese Note hätte ich wirklich nicht verdient. Er hätte sich wohl vertan – um mindestens eine ganze Note.

Der Lehrer runzelte die Stirn, schaute in seinem geheimnisvollen Notenbüchlein und stellte fest, dass er tatsächlich beim Abschreiben eine Linie verrutscht war. Er wollte aber die Note in meinem Zeugnis partout nicht mehr ändern. Das mache ja nichts – es sei jetzt halt schon so.

Bis heute steht nun in meinem Zeugnis eine Note, die ich nicht verdient habe. Und statt mich zu freuen, hat mich das jahrelang geärgert. Heute bin ich darüber hinweg.»

 

Karl Kobelt, Finanzchef der Stadt Zug und möglicher Nachfolger von Stadtpräsident Dolfi Müller, ist immer sehr gern in die Schule gegangen. Schwer vorzustellen, dass es nicht so gewesen ist. In Physik war er aber gar keine Leuchte. Dafür glänzte er in anderen Fächern. Kein Wunder also, dass er heute Finanzchef von Beruf ist.

«Die Noten waren für mich Ansporn und Lohn zugleich.»

Karl Kobelt, Finanzchef der Stadt Zug, FDP

«Mit Stolz erfüllte mich die erzielte Bestnote in Mathematik zum Abschluss der Primarschule. Auch die Sechs in Geschichte im Maturazeugnis hat mich sehr gefreut, zumal wir mündlich geprüft wurden und vorgängig nicht bekannt war, zu welchen Zeitepochen oder historischen Ereignissen die Fragen gestellt wurden.

Enttäuschend war dagegen meine Schlussnote in Physik, wo ich über eine Drei nicht hinaus kam. Insgesamt war ich ein recht guter Schüler und ging gern in die Schule. Die Noten waren für mich Ansporn und Lohn zugleich.»


Beat Villiger, Zuger Sicherheitsdirektor, hat seine Zeugnisse irgendwo im Keller versteckt und will darüber nichts Konkretes verraten. Nur durch eine «Hausdurchsuchung» der Zuger Polizei könnte man sie wohl aufstöbern. Wobei der CVP-Politiker überzeugt ist, dass Zeugnisse wichtig und richtig sind. Und dennoch ist für ihn klar: Zeugnisse sind nicht alles im Leben. Klingt beruhigend.

«Es ist aber auch tröstlich zu wissen, dass ein Zeugnis kein zuverlässiger Gradmesser für Glück und Erfolg im Leben ist.»

Beat Villiger, Sicherheitsdirektor, CVP

«Weder führt ein sehr gutes Zeugnis zwangsläufig in den Traumberuf, noch bedeutet ein schlechtes Zeugnis Misserfolg im Leben»: Sicherheitsdirektor Beat Villiger.

«Weder führt ein sehr gutes Zeugnis zwangsläufig in den Traumberuf, noch bedeutet ein schlechtes Zeugnis Misserfolg im Leben»: Sicherheitsdirektor Beat Villiger.

(Bild: mbe.)

«Man bewahrt ja nur gute Zeugnisse auf! Zeugnisse sind richtig und wichtig. Es ist aber auch tröstlich zu wissen, dass ein Zeugnis kein zuverlässiger Gradmesser für Glück und Erfolg im Leben ist.

Weder führt ein sehr gutes Zeugnis zwangsläufig in den Traumberuf, noch bedeutet ein schlechtes Zeugnis Misserfolg im Leben. Denn wer kennt nicht das Erstaunen beim Klassentreffen, wenn ausgerechnet derjenige arbeitslos ist, dem man eine grosse Karriere vorausgesagt hatte – oder wenn sich der Klassenkamerad mit den schlechtesten Noten erfolgreich im Leben durchgesetzt hat.»

 

Sein Regierungsratskollege Stephan Schleiss von der SVP, der ja Zuger Bildungsdirektor ist, hat regelrechte «Strebernoten» vorzuweisen, wie sein Zeugnis anno 1984 beweist. In Sachen Hausaufgabendisziplin gab es von den Lehrern allerdings nur ein «Befriedigend Gut». Und auch sein Vater schimpfte mit ihm einmal, wie er sich erinnert:

«In einem einzigen Schuljahr, der fünften Klasse, hatte ich aber beim Betragen nicht durchgehend Gut.»

Stephan Schleiss, Zuger Bildungsdirektor, SVP

«Die Zeugnisse waren für mich eigentlich immer Lust, weil ich mit den Noten nie Probleme hatte. In einem einzigen Schuljahr, der fünften Klasse, hatte ich aber beim Betragen nicht durchgehend «gut».

«Die Zeugnisse waren für mich eigentlich immer Lust»: Zugs Bildungsdirektor Stephan Schleiss.

«Die Zeugnisse waren für mich eigentlich immer Lust»: Zugs Bildungsdirektor Stephan Schleiss.

(Bild: mbe.)

Da hat dann mein Vater mit mir geschimpft, und auch der Verweis auf die doch ansprechenden Noten nutzte nichts. In sechsten Klasse war dann aber wieder alles im Lot.»

 

Frau Landammann Manuela Weichelt «ging immer gerne in die Schule und hatte Freude am Lernen». Ihre Noten waren immer gut. Das ist wohl keine Überraschung, wenn man wie sie nun erste Frau im Kanton Zug ist. Einmal kam sie in der Schule allerdings auf eine sehr spezielle, ja geradezu abwegige Idee:

«In bester Erinnerung ist mir mein erster Schultag als Erstklässlerin in Romanshorn. Was die Noten in den einzelnen Fächern betrifft, hatte ich nirgends grössere Schwierigkeiten. Ich kam überall gut mit.

Entsprechend entspannt nahm ich jeweils meine Zeugnisse entgegen. Auch meine Eltern waren zufrieden mit mir.

Als Teenager entwickelte ich ein Interesse für Geschichte und Staatskunde und schrieb eine Abschlussarbeit zum Thema «Die Rolle der katholischen Kirche im zweiten Weltkrieg».

Dies war insofern erstaunlich, als ich doch reformiert war. Für die Arbeit bekam ich eine  5,5 und war mächtig stolz. Meine alten Zeugnisse sind – trotz intensiver nächtlicher Suche – unauffindbar.»

Herzig: Manuela Weichelt als Zweitklässlerin.

Herzig: Manuela Weichelt als Zweitklässlerin.

(Bild: Privat)

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