Zuger Arbeitsvermittlung steht schlecht da

Warum Zuger Arbeitslose im Schnitt länger arbeitslos sind

Gianni Bomio ist Präsident des Zuger Vereins für Arbeitsmarktmassnahmen (VAM): ««Ein Konzept, wie es weitergehen soll, ist noch nicht ausgearbeitet – im Herbst wissen wir definitiv mehr».»

(Bild: zvg)

In Zug werden Arbeitslose offensichtlich langsamer an eine neue Stelle vermittelt als anderswo in der Schweiz. Dies weist eine Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) aus, in der die Regionale Arbeitsvermittlung in Zug (RAV) abgeschlagen auf den hinteren Plätzen liegt. Warum bloss?

Das Arbeitsamt des Kantons Uri liegt auf Platz eins, das von Zug auf Platz 20 – wenn es darum geht, wie lange Leute im Kanton arbeitslos sind. Das enthüllt eine Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), die der «Tagesanzeiger» veröffentlichte.

Die Statistik hat dabei auch miteinberechnet, wie viele Personen länger als ein Jahr keine Arbeit finden. Wie viele Arbeitslose am Ende ausgesteuert werden. Und wie viele Arbeitslose sich innert 12 Monaten seit der letzten Arbeitslosigkeit wieder beim regionalen Arbeitsamt melden.

Objektiv messbare Zahlen also, bei denen die Regionale Arbeitsvermittlung Zug nicht nur deutlich schlechter abschneidet als etwa der strukturschwache Kanton Uri. Die RAV Zug hat sich bei dieser «Wirkungsmessung» der Arbeitsämter in der Schweiz durch das Seco im Vergleich zum Vorjahr auch noch um drei Prozentpunkte verschlechtert.

Was ist da los? Schliesslich müsste doch gerade das Zuger Arbeitsamt aufgrund der florierenden Wirtschaft und aufgrund des Ausbildungsgrads der Arbeitspersonen im Kanton Zug weit besser dastehen.

zentralplus fragte nach bei Gianni Bomio, dem Generalsekretär der Zuger Volkswirtschaftsdirektion und gleichzeitig Präsident des Vereins für aktive Arbeitsmassnahmen (VAM) in Zug.

zentralplus: Herr Bomio, wie erklären Sie sich das schlechte Abschneiden des RAV Zug?

Gianni Bomio: Ich möchte vorausschicken, dass der Kanton Zug nach wie vor im schweizerischen Durchschnitt eine sehr tiefe Arbeitslosigkeit aufweist. Wir führen dies auch auf die gute Arbeit des RAV Zug zurück. Das RAV Zug hat dabei in den vergangenen drei Jahren die Zahl der von ihm vermittelten Stellen erfreulicherweise von 1’339 im Jahr 2014 auf 1’558 im Jahr 2016 gesteigert. Zudem sank die Zahl der Stellenzuweisungen, womit den Arbeitgebern in der Region nur valable stellensuchende Kandidaten auf die von ihnen gemeldeten Stellen zugewiesen werden konnten. Diese Kennzahlen werden von den Wirkungsindikatoren des Seco, welche die von Ihnen angesprochene Rangliste ergeben, nicht berücksichtigt.

«Der Kanton Zug hat eine deutlich höhere Zahl von älteren stellenlosen Personen über 50.»

Gianni Bomio, Generalsekretär der Zuger Volkswirtschaftsdirektion

zentralplus: Gut, Herr Bomio. Aber nochmals: Warum liegt das Zuger RAV in der Seco-Statistik auf den hinteren Plätzen?

Bomio: Zum einen hat der Kanton Zug eine deutlich höhere Zahl von älteren stellenlosen Personen über 50. Diese machen 33 Prozent aller stellenlosen Personen aus, welche erfahrungsgemäss länger arbeitslos sind als jüngere Personen. Zum anderen erfolgt die Beratung von stellenlosen Personen auf der Basis von möglichst einvernehmlichen Absprachen und durch verhältnismässig wenig Druck auf die Arbeitslosen. Andere Kantone fahren hier eine deutlich härtere Linie und sind deshalb bei den Wirkungsindikatoren besser geratet.
 
zentralplus: Trotzdem: Der Kanton Uri liegt auf Platz eins der Statistik. Müsste Zug nicht mindestens ebenso gut bei der Stellenvermittlung von Arbeitslosen dastehen wie der strukturschwache Kanton? Zumal Zug ja über einen hohen Qualifikationsstandard bei den Arbeitskräften verfügt.

«Ein Vergleich des Kantons Zug mit dem Kanton Uri ist nicht oder nur bedingt möglich.»

Bomio: Bei der Rekrutierung und dem Einsatz von Beratern auf dem RAV Zug wird grosses Gewicht auf Fachkompetenz und Sozialkompetenz gelegt. Sämtliche Mitarbeitende in diesem Bereich verfügen über einen HR-Abschluss oder langjährige Erfahrung bei Regionalen Arbeitsvermittlungszentren. Bei Kantonen mit einem sehr kleinen Arbeitsmarkt und kleinen Stellenlosenzahlen wie dem Kanton Uri können kleinste Veränderungen im Bestand der stellenlosen Personen zu grossen Ausschlägen bei den Indikatoren führen. Damit ergeben sich von Jahr zu Jahr grosse Schwankungen im Ranking. Ein Vergleich des Kantons Zug mit dem Kanton Uri ist deshalb nicht oder nur bedingt möglich.  
 
zentralplus: Wo hat das RAV Zug denn aus Ihrer Sicht am meisten Probleme, zumal es sich gegenüber dem Vorjahr noch verschlechtert hat?

«Die Stellenzuweisungen erfolgen massgeschneidert, was in der Regel zu einer etwas längeren Dauer der Arbeitslosigkeit führen kann.»

Bomio: Der tiefste Wert unter den Wirkungsindikatoren ist jener der Langzeitarbeitslosigkeit. Wir gehen davon aus, dass dies, wie gesagt, auf die hohe Zahl von älteren, stellenlosen Personen zurückzuführen ist. Auch der Wirkungsindikator der Bezugsdauer ist relativ tief. Hingegen weist das RAV Zug einen guten Wert bei den Wiederanmeldungen auf. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Stellenzuweisungen massgeschneidert erfolgen, was in der Regel zu einer etwas längeren Dauer der Arbeitslosigkeit führen kann. Aber auch dazu, dass die vermittelten Personen viel seltener wieder ihre neue Stelle verlieren als in anderen Kantonen. Leider wird dieser Wirkungsindikator vom Rating-System deutlich weniger berücksichtigt als die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit.

Die Regionale Arbeitsvermittlung Zug (RAV) in der Herti steht im Vergleich zu anderen kantonalen Arbeitsämtern nicht so gut da.

Die Regionale Arbeitsvermittlung Zug (RAV) in der Herti steht im Vergleich zu anderen kantonalen Arbeitsämtern nicht so gut da.

(Bild: woz)

 
zentralplus: Liegt das RAV Zug in der Statistik vielleicht deshalb nicht so weit vorne, weil die Erfahrung und der Druck, für Arbeitslose neue Stellen suchen zu müssen, nicht so gross sind aufgrund der Vielzahl in Zug angebotener Arbeitsplätze?

Bomio: Im Kanton Zug als internationalem Wirtschaftsstandort ist die Zahl der Personen, die aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit eine grosse Auswahl an Stellen hätten, unserer Meinung nach geringer als in anderen Kantonen, die über einen traditionellen Arbeitsmarkt mit hohem Binnenanteil verfügen. Das heisst: Spezialisten sowie Führungskräfte haben oft deutlich weniger Möglichkeiten, ausgeschriebene Stellen zu finden, als Personen, die in einem breiten Branchenumfeld tätig sind.  
 
zentralplus: Hat das schlechte Abschneiden des Zuger RAV also auch mit der Zahl der vielen Ausländer zu tun, die periodisch kommen und gehen?

«Stellenangebote und Arbeitsmarktmassnahmen für Expats sind nicht immer breit vorhanden.»

Bomio: 43 Prozent der stellenlosen Personen im Kanton Zug sind Ausländer. Wir schätzen, dass im RAV Zug unter den rund 2’600 stellensuchenden Personen ca. 250 Expats zu finden sind. Stellenangebote und Arbeitsmarktmassnahmen für solche Personen sind nicht immer breit vorhanden. Wir klären deshalb zurzeit ab, ob diese Personengruppe eine längere Arbeitslosigkeit verzeichnet als andere Gruppen.

zentralplus: Wie gehen Sie da vor?

«Generell gilt: Je jünger und je besser ausgebildet Personen sind, umso kürzer ist die Stellenlosigkeit.»

Bomio: Da der Begriff Expats nicht klar definiert ist, ist das schwierig. Generell gilt: Je jünger und je besser ausgebildet Personen sind, umso kürzer ist die Stellenlosigkeit. Wenn solche Personen auch noch in einem Berufsfeld gearbeitet haben, das über eine hohe Zahl von offenen Stellen verfügt, wird ihre Chance für eine rasche Rückkehr in den Arbeitsmarkt besser. Hier ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Ausländerinnen und Ausländern sowie Schweizerinnen und Schweizern.

zentralplus: Und welche Lehren zieht das RAV Zug jetzt aus dieser Statistik?

Bomio: Die Volkswirtschaftsdirektion und der VAM sind zurzeit daran, zu überprüfen, ob die Abläufe und Angebote kurz- und mittelfristig im RAV Zug angepasst werden müssen, damit bei einer gleich guten Performance in punkto Stellenvermittlungen und -zuweisungen die Wirkungsindikatoren künftig verbessert werden können.

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