Öko-Trend gerät in Luzern ins Stottern

Läden ohne Verpackungen: Bilanz ist durchzogen

Auch Pasta gibt es ohne Verpackungen zu kaufen. Gesehen bei Unverpackt Luzern.

(Bild: bas)

Luzern hat, woran andere erst arbeiten. Der «Quai4» und «Unverpackt Luzern» bieten umweltbewusste Zeitgenossen gleich zwei Möglichkeiten, abfallfrei einzukaufen. Doch wird das Angebot überhaupt genutzt? zentralplus hat nachgefragt.

Zu Beginn dieses Jahres wurde Luzern von einer regelrechten Öko-Welle erfasst. Mit dem Unverpackt-Laden an der Zürichstrasse und dem neu eröffneten Quai4-Markt im Tribschenquartier ermöglichen neuerdings gleich zwei Läden das verpackungsfreie Einkaufen. Diese Läden erhielten im Vorfeld einen breiten Zuspruch, auf Facebook türmten sich die Likes. Viel haben sich insbesondere umweltbewusste Luzerner von diesen Trend-Läden erhofft. Entsprechend gross müsste in diesen ersten Monaten nach den Eröffnungen auch der Andrang in den Läden gewesen sein. Könnte man zumindest meinen. Ein erstes Resümee der Betreiber fällt aber gemischt aus.

Trendbarometer schlägt aus

Milan Nevický betreibt seit drei Monaten den Unverpackt-Laden an der Zürichstrasse (zentralplus berichtete). Es ist das erste Geschäft in Luzern, das vollumfänglich auf unverpackte Lebensmittel setzt. Insofern kann das Fazit über die ersten drei Monate auch als Trendbarometer gesehen werden, wie die Luzerner auf das neue, verpackungslose Geschäftsmodell reagieren (siehe Box). Und dieses zeigt nicht nur nach oben.

«Ich warte jetzt mal ab, was in den nächsten Monaten passiert. Ich habe Geduld und bin zuversichtlich.»
Milan Nevický, Betreiber Unverpackt Luzern

«Zwar sind die Kunden da, aber ich habe mehr erwartet», sagt Nevický. Viele hätten im Vorfeld grosses Interesse signalisiert, fanden die Idee super. Nur widerspiegeln sich diese Vorschusslorbeeren jetzt nicht in den Kundenzahlen. Da sieht er noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten. War der lange herbeigesehnte Laden für die Luzerner bloss ein einfaches Mittel, um mit einem Like auf Facebook seinen Freunden mitzuteilen, dass einem etwas an der Umwelt liegt? Ist das Konzept schlicht zu kompliziert oder ist man nicht gewillt, der Umwelt zuliebe die Gewohnheiten zu ändern?

Wie funktioniert verpackungsfreies Einkaufen?

Die Detailhändler bestellen ihre Waren in Grossgebinden. Im Fall von Unverpackt Luzern wiegen diese 20 bis 25 Kilogramm. Die Kunden kaufen anschliessend die offenen Produkte in selbst mitgebrachten Tupperwares oder anderen Behältern. Für diejenigen, die spontan vorbeischauen, hat es diverse Stoffsäckchen zum Wiedergebrauch oder Glasbehälter, die gekauft werden können. Unverpackt Luzern bietet über 250 verschiedene Produkte an, das Sortiment reicht von Gemüse, Gewürze, Pasta und Kosmetikartikel bis zu Putz- und Duschmittel. Bei Quai4 sind rund 100 Produkte ohne Verpackung im Angebot, darunter Reis, Teigwaren, Nüsse und Trockenprodukte.

Nevický ist sich nicht sicher, woran es liegt, dass die Kunden nicht zahlreicher kommen. «Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch, vielleicht müsste ich mehr Werbung machen. Vielleicht braucht es aber einfach mehr Zeit», so der Ladenbesitzer. Ans aufgeben denkt er aber nicht. «Ich warte jetzt mal ab, was in den nächsten Monaten passiert. Ich habe Geduld und bin zuversichtlich. Schlecht angelaufen ist es nicht.»

Die «Abfüllerei» läuft, ist aber nur sekundär

Auch im Quai4-Markt, der zur Wärchbrogg gehört, hat man Anfang Jahr mit einem Umbau eine Abfüllstation geschaffen. Kunden können da direkt und ohne Verpackung einkaufen. Anders als bei Unverpackt Luzern betrifft das verpackungsfreie Angebot im Luzerner Tribschenquartier aber nur einen Teil des Geschäftes. Denn die «Abfüllerei» verfolgt nebst dem ökologischen Gedanken insbesondere auch einen sozialen: Im Quai4 werden Menschen mit psychischer Beeinträchtigung angestellt (zentralplus berichtete). «Dank der Abfüllerei haben die Mitarbeitenden noch mehr Kundenkontakt. Die Feedbacks diesbezüglich waren sehr positiv», sagt Noël Wirth, Leiter Detailhandel der Wärchbrogg. Und das sei fast das Wichtigste.

Ausserdem habe die Wärchbrogg dank der Abfüllerei sowie den Brot- und Käsetheken neue Stellen schaffen können. «Das war aber nur möglich, weil sich auch die Verkaufszahlen positiv entwickelt haben. Wir haben seit dem Umbau einen deutlichen Kundenzuwachs und eine erfreuliche Umsatzsteigerung verzeichnet», so Wirth.

Der Vorteil des Kundenstamms

Warum das Geschäft an der Zürichstrasse schlechter laufe als das eigene, darüber will Noël Wirth nicht mutmassen. «Aus der Ferne eine Theorie aufzustellen, wäre falsch.» Der Quai4-Markt hätte sicher den Vorteil, dass der Laden bereits vor dem Umbau gut gelaufen sei. «Zudem haben wir mit verhältnismässig wenig Mitteln das ganze Einkaufserlebnis freundlich und frisch umgestaltet. Dies goutieren unsere Kunden.» Der Erfolg könne also nicht alleine dem verpackungsfreien Geschäft zugeschrieben werden. 


«Obwohl wir auch beim Standort Baselstrasse an eine Abfüllerei denken, ist es momentan noch zu früh für Veränderungen.»
Noël Wirth, Leiter Detailhandel der Wärchbrogg

Wo Erfolg zu finden ist, gedeihen auch Expansionspläne meist hervorragend. Wirth aber wiegelt ab: «Obwohl wir auch beim Standort Baselstrasse an eine Abfüllerei denken, ist es momentan noch zu früh für Veränderungen. Ausserdem ist die Situation dort aufgrund der Ladenfläche etwas komplizierter.» Auch am Alpenquai will man vorerst beim Bewährten bleiben.

Es scheint, als ob die Euphorie über die verpackungslosen Läden in Luzern etwas abgeklungen wäre. Zumindest die ersten paar Monate lassen nicht nur optimistisch in eine verpackungsfreie Zukunft blicken.

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