Tobias Furer sprintet wieder in Zuger Staffel

«Es fühlt sich gut an, wenn man schnell ist»

Bereit zum Start über 4 × 100 Meter: Am Wochenende nimmt der Zuger Tobias Furer an den Team-Europameisterschaften in Finnland teil.

(Bild: woz)

Tobias Furer ist Schweizermeister über 110 Meter Hürden. Am Wochenende startet der 29-jährige Zuger bei den Team-Europameisterschaften in Finnland mit der Schweizer 4×100-Meter-Staffel. Der ehemalige Sport- und Geografiestudent erzählt über Leiden und Leidenschaft eines Sprinters.

10,69 Sekunden braucht Tobias Furer über 100 Meter. Das ist megaschnell. Aus der Sicht eines Normalsterblichen. Er ist damit nämlich «nur» eine Sekunde langsamer als der Superstar und Weltrekordler Usain Bolt aus Jamaika. Kaum zu glauben. Und doch ist Bolt rund zehn Meter vor ihm im Ziel.

Die Leichtathletik ist in der Tat alles andere als eine leichte Sportart. Obwohl man nur laufen, werfen oder springen muss. Wer aber wirklich schnell sein möchte, muss nicht nur Talent haben, sondern auch viel trainieren.

Der Zuger Tobias Furer, der beim Sportamt Aarau arbeitet, stählt seinen 1,85 Meter grossen und 82 Kilo schweren Körper sechsmal pro Woche. Und zwar mit allem Möglichen.

«Lauf-ABC»

«Normalerweise trainiere ich eineinhalb bis zwei Stunden täglich», sagt Furer. Dazu gehört immer ein intensives Aufwärmen, Gymnastik, Lauftraining, Koordinationsübungen. Auch das sogenannte «Lauf-ABC» sei Teil des Trainings – sprich: spezielle Schrittfolgen und Frequenzen, die bestimmte Formen des Laufens imitieren und automatisieren. Zum Beispiel, die Oberschenkel beim Laufen hochkatapultieren und das schnell hintereinander. Skipping nennt sich das im Fachjargon. Auch ein Besuch im Kraftraum ist regelmässig angesagt. Ebenso wie Sprungkrafttraining.

«Am Ende des Trainings ist man immer glücklich.»

Tobias Furer, Zuger Sprinter

Doch diese tägliche Mühsal scheint dem Modellathleten nichts auszumachen. Im Gegenteil. «Der Aufbau ist hart und am Anfang kommt einem das Training nicht immer so gelegen – aber am Ende des Trainings ist man immer glücklich», versichert Furer und lächelt.

Wobei er als Hürdenläufer besonders abgehärtet sein muss, weil er jeweils über 1,07 Meter hohe Hürden 110 Meter weit im Affentempo rennen muss. 13,66 Sekunden lautet seine Bestzeit. Er ist amtierender Schweizermeister. «Diesen Titel will ich auf jeden Fall im Juli verteidigen», lautet sein Ziel Nummer eins.

«Topp» lautet der Befehl, wenn Tobias Furer den Staffelstab in die Hand des nächsten Läufers übergibt.

«Topp» lautet der Befehl, wenn Tobias Furer den Staffelstab in die Hand des nächsten Läufers übergibt.

(Bild: woz)

Indes – am Wochenende frönt er erst einmal einer ganz anderen läuferischen Leidenschaft. Der Mann vom LK Zug nimmt nämlich in Vaasa (nein, mit dem traditionellen Wasa-Lauf hat dies nichts zu tun!) an der Team-Europameisterschaft in Finnland teil. Und zwar über 4×100 Meter. «Die Schweiz ist 2014 wieder in die First League aufgestiegen, und wir wollen dieses Niveau auf alle Fälle halten», sagt Furer.

Staffel als Team-Event

Dem Zuger macht das Laufen in der Staffel besonders Spass, weil es den einzigen Team-Event in der harten Einzelkämpferexistenz eines Leichtathleten verkörpert. «Zusammen mit anderen macht das Training mit der Staffel viel Spass», sagt der ehemalige Sport- und Geografiestudent, der an der Universität Basel studierte. Dabei hilft das Laufen mit dem Staffelstab offenbar auch, um immer wieder die Körperhaltung beim Sprinten zu optimieren – insbesondere die Armarbeit. Ein ähnlich positiver Effekt quasi, wie ihn die Stöcke beim Walking erzeugen.

«Mir ist der Staffelstab noch nie aus der Hand gerutscht.»

Tobias Furer, LK Zug

Aber ist Staffellauf nicht jene Disziplin, wo den Läufern in der Hitze des Gefechts, selbst den Allerbesten, bei der Übergabe plötzlich das Staffelholz aus den Händen gleitet – und der Traum von der Bestzeit und einer Medaille in Sekundenbruchteilen perdu ist? Bei keinem vergleichbaren sportlichen Malheur steht ein Athlet wohl hinterher blöder da. Wobei das «Staffelholz» heutzutage aus leichtem Aluminium gefertigt ist. 

Furer grinst. «Mir ist der Staffelstab noch nie aus der Hand gerutscht», meint er selbstbewusst. Es sei letztlich alles eine Frage des Trainings. Und so manche Pannen-Staffel, der so etwas passiere, sei nicht selten spontan zusammengewürfelt. Ohne besondere Vorbereitung. Deshalb könne so ein Missgeschick eben auch passieren.

Leichtathletik: «Nichts für Warmduscher»

Wenn er in seiner Staffel rennt, gilt: Sobald der hintere Läufer nahe genug am nächsten Läufer dran ist, ruft dieser «topp». «Das bedeutet dann, dass der vordere Läufer seine Hand nach hinten ausstrecken und den Staffelstab im Anlaufen übernehmen soll», beschreibt Furer. Bisher habe das bei ihm immer geklappt. Schön, so ein «fliegendes Quartett».

Trotzdem – warum tut man sich heutzutage noch so eine brotlose Kunst wie Leichtathletik an? Angesichts der Tatsache, dass inzwischen selbst drittklassige ATP-Tenniscracks pro Jahr locker 100’000 Dollar einstreichen und auch Fussballer in der Schweizer Super League (?!) nicht schlecht verdienen? In der Leichtathletik verbuchen schliesslich nur die absoluten Top-Stars bei den Diamond(!)-League-Veranstaltungen einträgliche Sümmchen.

«Essen kann ich eigentlich alles. Ich mag vor allem selbst gemachtes Sushi.»

Tobias Furer

«Die Leichtathletik ist sicher ein knallhartes Business und nichts für Warmduscher», ist sich Furer bewusst. Nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass kaum Leistungen in einer anderen Sportart derart «messbar» seien. Und das über Jahrzehnte hinweg. Noch heute etwa ist bekannt, dass schon Armin Hary 1960 in Rom bei den Olympischen Spielen 10,0 Sekunden über die 100 Meter gespurtet ist.

Mit 15 einen Muskelabriss

Auch die Verletzungsgefahr ist nicht gerade gering. «Ich hatte als Fünfzehnjähriger mal einen Muskelabriss und konnte ein ganzes Jahr lang keinen Sport treiben», erzählt Furer. Selbst heute noch schmerze ihn diese Verletzung hin und wieder.

Und dennoch lässt er sich durch solche Leiden seine Leidenschaft für die Leichtathletik nicht verderben. «Es fühlt sich einfach gut an, schnell zu sein», beschreibt Furer, was der Kick für einen Leichtathleten bedeutet. Es sei auch ein schönes Gefühl, zu wissen, jemandem locker hinterherrennen zu können, der einem gerade die Tasche gestohlen habe. Ausserdem sei Leichtathletik eine schöne Sommersportart. Wobei Top-Leichtathleten in warmen Gefilden besonders gut gedeihen. Siehe Usain Bolt.

Seinen Lebenswandel muss Furer wegen der Leichtathletik übrigens nicht drastisch einschränken. Nur Alkohol trinkt er keinen während der Saison. «Essen kann ich eigentlich alles. Ich mag vor allem selbst gemachtes Sushi.» Sagt’s und lächelt ganz relaxt. 

 

Er hat seine Ziele fest im Blick: der 29-jährige Zuger Leichtathlet.

Er hat seine Ziele fest im Blick: der 29-jährige Zuger Leichtathlet.

(Bild: woz)

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