Eine Bakterienart muss völlig neu bewertet werden

Forscher entdecken Revolutionäres im Rotsee und Zugersee

Nicht nur die erwarteten Bakterien waren voll mit dem 13C, sondern auch lange, fadenförmige Vertreter daneben.

(Bild: zvg.)

Ein internationales Forscherteam entdeckt im Zugersee und im Luzerner Rotsee, dass das Klimagas Methan gar nicht so abgebaut wird, wie bisher gedacht.

Bakterien bauen in Süsswasserseen einen grossen Teil des klimaschädlichen Methans ab, bevor es in die Atmosphäre gelangen kann. Jetzt zeigt eine Studie im Luzerner Rotsee und im Zugersee, dass dabei nicht die bekannten Methanfresser die Hauptarbeit leisten, sondern eine bisher nur von Trinkwasseruntersuchungen bekannte, fädige Bakterienart. Dies teilte am Mittwoch das EAWAG mit. (Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz)

Sinkt totes organisches Material in einem See oder im Meer auf den Grund, entsteht beim Abbau der Biomasse Methan. Ein Teil davon gelangt über die Wasseroberfläche in die Atmosphäre, wo es als Klimagas wirkt. Ein anderer Teil wird im freien Wasser von Bakterien abgebaut. Nun hat eine internationale Forschergruppe herausgefunden, dass nicht nur die „klassischen Methanfresser“ an diesem Prozess beteiligt sind, sondern auch bisher in der Umwelt kaum untersuchte, fadenförmige Bakterien der Gattung Crenothrix. Soeben haben sie ihre Studie im Journal der Internationalen Gesellschaft für mikrobiologische Ökologie (ISME) publiziert. 

Zufällig entdeckt

Auf die Crenothrix-Bakterien sind die Wissenschaftler durch Zufall gestossen: Im Luzerner Rotsee und im Zugersee haben sie mit dem Labeling-Verfahren versucht, den Methanabbau noch besser quantifizieren zu können. Dabei werden Methanmoleküle mit «schweren» 13C-Atomen markiert. Wird das gekennzeichnete Methan dann von Bakterien aufgenommen, können diese dank eines Massenspektrometers unter dem Mikroskop gezielt sichtbar gemacht werden. «Typischerweise sind das kleine runde Zellen», sagt Jana Milucka vom beteiligten Max Planck Institut in Bremen. Doch diesmal, so Milucka, waren nicht nur diese Bakterien voll mit dem 13C, sondern auch lange, fadenförmige Vertreter daneben. «Das war sehr überraschend für uns, denn bis dahin hatten wir nicht einmal gewusst, dass diese fadenförmige Bakterien in der Natur so häufig vorkommen. Erst da begannen wir ihre Bedeutung für die natürliche Elimination von Methan zu untersuchen», sagt die Forscherin.

Bisher nur als Brunnenfäden bekannt

Geologe Carsten Schubert von der Eawag, gilt als Spezialist für den bakteriellen Methanabbau im Wasser. Auch für ihn kam der Befund aus den beiden Innerschweizer Seen überraschend. Die sehr grossen, fädigen Crenothrix-Bakterien seien zwar schon lange bekannt, doch eigentlich nur aus Trinkwassersystemen. Dort sind sie lästig, weil sie sich so stark vermehren können, dass Rohre, Sandfilter und Siebe verstopfen. Crenothrix-Bakterien wurden darum auch als «Brunnenfäden» bezeichnet. Im Seewasser wurden sie bisher nicht nachgewiesen, weil nicht spezifisch danach gesucht wurde und weil sie mit molekulargenetischen Methoden schwierig zu entdecken seien. «Wir haben wohl ihre Rolle im biogeochemischen Kreislauf völlig unterschätzt», räumt Schubert jetzt ein. Denn inzwischen haben die Forschenden nicht nur nachgewiesen dass die Brunnenfäden fester Bestandteil im Plankton von Süsswasserseen sind, sondern dass sie dort sogar die Hauptmethanoxidierer sein können.

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