Zuger Personalverbände schlagen Alarm

Brisanter Antrag: Streicht der Kantonsrat die Familienzulagen?

Schelte für Andreas Lustenberger: Im Kantonsrat kam der ALG-Vertreter nicht gut weg.

(Bild: Kilian Bannwart)

Den Staatsangestellten soll die kantonale Familienzulage gestrichen werden. Diese sei ein «Zuger Finish», also ein unnötiger Luxus, fanden die Befürworter der Streichung in der vorberatenden Kommission des Kantonsrats. Der Regierungsrat und die Personalverbände wehren sich.

An der nächsten Kantonsratssitzung wird über eine Änderung des kantonalen Personalgesetzes abgestimmt. Brisant: Der Paragraph 52, der eine kantonale Familienzulage von jährlich 2200 Franken vorsieht, soll gestrichen werden.

Der Lehrer-Verein, der Verband Zuger Polizei und der Staatspersonalverband haben deshalb einen gemeinsamen Protestbrief an alle Zuger Kantonsratsmitglieder verschickt, und die Medien ebenfalls informiert. Sie ersuchen die Kantonsräte dringend, den Antrag auf Streichung abzulehnen.

Gegen die Streichung

Darin teilen sie mir, dass die drei Personalverbände am 22. Mai an der regelmässigen Aussprache mit der Zuger Regierung von diesem Plan erfahren haben. «Wir sind entschieden gegen diese Streichung», sagt Barbara Kurth, Präsidentin des Lehrerinnen und Lehrervereins Kanton Zug (LVZ) auf Anfrage. Finanzdirektor Heinz Tännler habe den Verbänden die «Hiobsbotschaft» überbracht, aber klargemacht, dass der Regierungsrat dagegen ist.

«Von einer Streichung der Familienzulage wären nicht nur die rund 700 kantonalen Angestellten betroffen.»
Barbara Kurth, Präsidentin LVZ

«Per Exgüsi will man uns nun die Familienzulage streichen», sagt die LVZ-Präsidentin gegenüber zentralplus. Von einer Streichung wären laut Kurt nicht nur die rund 700 kantonalen Angestellten betroffen. «Dazu kommen schätzungsweise ähnliche viele Angestellte der Gemeinden und weiterer Institutionen, die sich nach dem Personalgesetz richten.»

Die hohen Wohnkosten im Kanton Zug seien besonders für Familien mit ihrem höheren Platzbedarf eine grosse Herausforderung. Die Familienzulage leiste diesbezüglich ein Beitrag für den nötigen Ausgleich.

Personalverbände nicht konsultiert worden

Die Personalverbände fühlen sich ausserdem übergangen. Man sei überrascht, dass man nicht informiert oder angehört wurde, heisst es im Brief an die Parlamentarier. Denn das Personalgesetz schreibe vor, dass den Personalverbänden bei Themen, welche das Personal direkt betreffen, ein Mitspracherecht gewährt werden müsse.

Auch manche Bürgerliche skeptisch

Hans Christen (FDP) präsidierte die ad-hoc-Kommission zum Personalgesetz. Der Kantonsrat und ehemalige Zuger Stadtrat sagt auf Anfrage, er könne wegen des Kommissionsgeheimnisses nicht mitteilen, wer den Antrag auf Streichung der Familienzulage einbrachte. «Dieser Antrag ist jedoch wie ein Blitz platziert worden», erklärt Christen. Es sei bei der Beratung gar nicht darum gegangen. Er kenne das Personalgesetz nicht auswendig. «Doch wenn dort ein Anhörungsrecht der Personalverbände festgeschrieben ist, müsste man das eigentlich respektieren.» Wahrscheinlich werde die Sache deshalb ausgesetzt bis zur zweiten Lesung, denkt Hans Christen.

Der Vorschlag der vorberatenden Kommission sei überraschend und nicht nachvollziehbar, da der Regierungsrat lediglich eine redaktionelle Änderung von Paragraph 52 beantragt hatte, um Abgrenzungsfragen und Unklarheiten zu klären. «Eine inhaltliche Änderung wurde nicht beantragt und war auch nicht beabsichtigt.« Der Regierungsrat lehne die Streichung der Familienzulage denn auch ab.

«Dieser Antrag ist wie ein Blitz platziert worden.»
Kommissionspräsident Hans Christen (FDP)

Ein Kommissionsmitglied verlangte Aufhebung

Laut dem im Netz aufgeschalteten Bericht der vorberatenden ad hoc Kommission, die am 31. März tagte, wollte ein – ungenanntes – Mitglied der 15-köpfigen Kommission unter dem Vorsitz von Hans Christen (FDP) es nicht bei einer präzisierenden redaktionellen Änderung dieses Paragraphen bewenden lassen und sprach sich für die Aufhebung einer solchen Zulage aus.

«Von meinem Gefühl her wird die Linke, ebenso ein Teil der CVP und der FDP, dagegen sein. Das reicht aber nicht für die Ablehnung.»
Alois Gössi, SP-Kantonsrat und Fraktionschef

Der Kanton Zug sei einer von sehr wenigen Kantonen, die eine solche Zulage zusätzlich zu den Kinderzulagen nach dem bundesrechtlichen Familienzulagengesetz überhaupt noch ausrichteten, argumentierte die Person. Ausserdem würden letztere Zulagen im Kanton Zug das bundesrechtlich vorgesehene Minimum übersteigen und der Kanton Zug zahle mit den altersabhängigen Zulagen von 300 Franken bis 350 Franken eine der höchsten Kinderzulagen landesweit.

Acht Kommissionsmitglieder dafür, drei dagegen

Weitere Mitglieder unterstützten laut dem Bericht diesen Vorschlag und wiesen darauf hin, dass das Vorhandensein von Kindern zudem zu Abzügen von 500 Franken bei der Bundessteuer berechtige.

Die Kommission hat dem Antrag auf Streichung des Familienzulage-Paragraphen mit 8 gegen 3 Stimmen zugestimmt. Ein Gegenantrag des Finanzdirektors Heinz Tännler auf Beibehaltung war chancenlos. Der Kommission gehören 12 Bürgerliche und 3 Linke an; es ist deshalb trotz Kommissionsgeheimnises unschwer zu erraten, wie die Abstimmung verlief.

Stawiko verlangt Streichung ebenfalls

Eine Streichung empfiehlt ebenso die Staatswirtschaftskommission (Stawiko). Sie folgte mit 3 Ja- zu 2 Nein-Stimmen ohne Enthaltung dem Antrag der vorberatenden Kommission auf Streichung von Paragraph 52 im Personalgesetz.

«Die Begründung der Kommission, dass die Mitarbeitenden des Kantons Zug schon hervorragende Leistungen erhielten und der Zuger Finish hier nicht nötig sei, stimmt so nicht», sagt Barbara Kurth. Bei den Familienzulagen handle es sich nicht um einen «Zuger Finish». «Denn die Mehrheit der Kantone kennt vergleichbare Sozialzulagen.»

Die Präsidentin des Lehrervereins ist im Hinblick auf die Debatte pessimistisch. «Im Rahmen der Sparhysterie befürchten wir, dass die Familienzulagen gestrichen werden könnten. Das wäre sehr stossend.»

Gössi prognostiziert knappes Ja

SP-Kantonsrat Alois Gössi hat den Brief an die Kantonsräte ebenfalls unterschrieben. Er hat mehrere Hüte auf, denn er arbeitete in der ad-hoc-Kommission zum Personalgesetz mit, zugleich ist er Präsident des Verbands der Zuger Polizei. «In dieser Frage bin ich deshalb ein Interessenvertreter», sagt Gössi auf Anfrage. Dem Verband gehören rund 260 Polizisten und Sicherheitsleute an, Präsident ist traditionell ein Aussenstehender.

Gössi denkt, dass der Antrag auf Streichung der Familienzulage am nächsten Donnerstag knapp angenommen werden könnte. «Von meinem Gefühl her wird die Linke, ebenso ein Teil der CVP und der FDP, dagegen sein. Das reicht aber nicht für die Ablehnung.»

Kleine Anfrage eingereicht

SP-Fraktionschef Alois Gössi und ALG-Fraktionschef Anastas Odermatt haben eine Kleine Anfrage an den Regierungsrat eingereicht. Sie möchten konkrete Zahlen und Fakten über die Familienzulagen. Denn diese fehlten in der vorberatenden ad-hoc-Kommission. Die Antwort der Regierung stehe noch aus, sollte aber wahrscheinlich diese Woche folgen, so SP-Kantonsrat Gössi gegenüber zentralplus.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Olivier Röllin
    Olivier Röllin, 30.05.2017, 09:27 Uhr

    Das ist mal wieder typisch für unsere bürgerlichen Politiker. Allenthalben spricht man von der effizienten Verwaltung, den guten Services, der Kundenorientierung der Behörden. Dahinter stehen die Verwaltungsangestellten, die einen guten Job machen. Aber das Personal ist heute ja nicht mehr die «wertvollste Ressource» sondern nur noch Manipulationsmasse. Dieselben Sparpolitiker, die mal rasch für eine Milliarde einen Stadttunnel bauen wollten, die weiterhin mit Steuergeschenken der Wirtschaft in den Hintern kriechen, die mit unsinnigen politischen Vorstössen einen Rattenschwanz an Arbeiten in der Verwaltung nach sich ziehen, die selber aber auf nichts verzichten wollen, realisieren nicht, dass sie am Schluss dem Standort Zug schaden.
    Sie sollen zuerst mit gutem Beispiel voran gehen und das Mittagessen während der Kantonsratssitzungen selber zahlen oder die Sitzungs- und Kommissionsentschädigungen herabsetzen. Wer nur bei anderen spart, verliert seine Glaubwürdigkeit!

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