Die wahre Zugerisierung passiert im Aargau

Liebe Zuger Häuslebauer: Euer Traum ist geplatzt

Ein immer unrealistischerer Traum: Auch viele Zuger wollen ein eigenes Reihenhäuschen.

(Bild: lih)

Das Klischee besagt: Wer als Zuger ein Haus bauen will, tut dies in einem der angrenzenden Kantone. Doch was, wenn auch diese kein freies Bauland mehr bieten? Sins meldet stellvertretend: «Wir sind voll hier». Und in Knonau hat der Zuzug der Zuger die Bodenpreise verdoppelt.

Ziehen Zuger tatsächlich in den Aargau, um vor den hohen Wohnpreisen zu flüchten? Jein. «Günstiger» ist nur das halbe Argument. Die andere Hälfte heisst «Wohnen» und zielt ab auf mehr Platz für den gleichen Preis. Sprich: Eigenheim statt Wohnen im Block. Scheinbar ein Traum für viele Zuger.

Wenn aber das Land im eigenen Kanton zu teuer ist, um die eigenen Wohnbedürfnisse zu befriedigen, werden selbst die stolzesten Zuger zu Wirtschaftsflüchtlingen: Neidisch blinzeln sie über die Kantonsgrenze ins Freiamt. Und finden da prompt, was sie suchen. Das eigene Häuschen. Jedenfalls bis vor einigen Jahren.

Zuger Autonummern in Sins

Uschi Ulrich ist Sachbearbeiterin beim Bauamt in Sins und konnte den Trend in den letzten Jahren mitbeobachten. «Über den Daumen gepeilt, sind achtzig Prozent von allen Neuzuzügern, die Hauseigentum wollen, aus Zug», schätzt sie. Während den 20 Bauboom-Jahren seien es sogar mehr gewesen, präzisiert sie. «Das sieht man auch heute noch, wenn man sich die vielen ZG-Nummern in Sins anschaut.»

«Wir sind voll hier.»
Uschi Ulrich, Sachbearbeiterin Bauamt Sins

Heute seien die Zahlen neu zugezogener Zuger eher wieder rückläufig, proportional zum verfügbaren Bauland.  Solches gibt es nun nämlich auch in Sins nicht mehr. «Wir sind voll hier», bringt es Uschi Ulrich auf den Punkt. Sins ist gebaut. Die Neuzuzüger aus Zug bleiben bei rund achzig Prozent stabil, kaufen nun aber eher Eigentumswohnungen oder bestehende Familienhäuser.

Mangelware Land

Daraus folgen zwei Dinge: Für die Zuger heisst das, wer weiterhin Häuschen bauen will, muss tiefer in den Aargau. Für die Sinser heisst das: Was vorhanden ist, wird teurer. Beat Peterhans betreibt ein Immobilienbüro in Sins und bestätigt den Effekt: «Die bestehenden Häuser sind einfach gefragter. So ist das mit Mangelware.»

«Vor zwei Jahren  waren in Oberrüti sicher 50 Prozent unserer Kunden Zuger.»
Beat Peterhans, Immobilienmakler in Sins

Auch er beschreibt den gleichen Prozess. Ist Bauland vorhanden, kommen Zuger und bauen Häuschen. «Vor zwei Jahren  waren in Oberrüti sicher 50 Prozent unserer Kunden Zuger.» Gründe für die hohe Nachfrage sieht er aber nicht nur im Finanziellen, sondern auch in der Qualität: «In Zug muss das Land gut ausgenützt werden, weil es so teuer ist. So, dass man möglichst viele Wohnungen auf einem kleinen Flecken hinbekommt.» Da seien die Wohnungen selbstredend nicht gleich gross wie im Freiamt.

Auch hier kein Platz mehr

Und was wird aus den Zuger Häuslebauern? Es zieht sie tiefer in den Aargau, wo verfügbares Bauland noch nicht eine nostalgische Erinnerung ist. Beispielsweise nach Auw. Jedenfalls bis vor einem halben Jahr. «Wir haben kein Bauland mehr. Wir hatten noch bis vor zirka einem Jahr», erzählt Gemeindeammann von Auw, Paul Leu. Die Zugerisierung hält sich hier in Grenzen. Nur gerade rund zehn Prozent der Neuzuzüger sind aus Zug. So tief in den Aargau wollen die Zuger dann scheinbar doch nicht.

«Der Zuzug aus dem Kanton Zug ist beträchtlich und hat die Bodenpreise verdoppelt»
Matthias Ebnöther, Gemeindeschreiber von Knonau

Etwas eindrucksvollere Zahlen liefert ein anderer Ort, der ebenfalls für Zuger Einfamilienhaus-Fans sehr attraktiv ist: Das Knonaueramt im Kanton Zürich. Matthias Ebnöther, Gemeindeschreiber von Knonau, berichtet, dass auch dort Bauland nur noch sehr beschränkt zur Verfügung steht und sich zudem zu 100 Prozent in Privatbesitz befindet.

«Dieser Trend ist bereits seit mehr als 5 Jahren klar ersichtlich. Der Zuzug aus dem Kanton Zug ist beträchtlich und hat auch Auswirkungen auf die Bodenpreise, welche sich innerhalb der letzten 5 Jahren sicherlich mehr als verdoppelt haben.» Mehr als die Hälfte der Neo-Knonauer kommen aus Zug. Platz für ein Häuschen gibt es aber auch hier nicht mehr viel.

«Land hat seinen Preis und Land wird immer knapper.»
Gabriela Weiss, Immobilienmaklerin

Stichwort: Verdichtung

Wo also gibt es überhaupt noch Bauland in der Nähe von Zug, um den Traum vom Einfamilienhaus zu verwirklichen? Die Wahrheit ist ernüchternd. Gabriela Weiss ist Immobilienmaklerin im Raum Aargau und dem Zürcher Knonaueramt.

«Land hat seinen Preis und Land wird immer knapper. Seit wir die Abstimmung über das Raumplanungsgesetz hatten, wird immer weniger eingezont», sagt sie. Bauland wird also überall immer knapper. Einfamilienhäuser zu einem Preis zu bauen, wie das vor einigen Jahren im Freiamt möglich war, wird also immer schwieriger.

Die guten Stücke sind weg

Die Zukunft liege auch hier im Stichwort Verdichtung, sagt Gabriela Weiss. Wobei das nicht heissen muss, dass nur noch Wohnblocks entstehen sollen. «Doppel-Familienhäuser haben beispielsweise auch eine bessere Ausnutzung als Einfamilienhäuser und sind trotzdem noch sehr grosszügig.» Bauland sei schon noch vorhanden, auch rund um den Kanton Zug. Parzellen aber, die über eine gute Anbindung an ÖV oder Autobahn verfügen, würden immer seltener werden.

Mit ein wenig Kompromissbereitschaft ist der Traum vom eigenen Häuschen also doch noch möglich. Ohne Kompromisse wirds aber entweder teuer. Oder sehr einsam.

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