Ein Luzerner Erzliberaler weibelt für mehr Steuern

Die politische Pirouette des Damian Hunkeler

FDP-Kantonsrat Damian Hunkeler nimmt die Billettsteuer ins Visier. (Bild: gwa)

Gegen die eigenen, tiefsten Überzeugungen zu handeln, ist schwierig – genau diese Erfahrung macht der Luzerner FDP-Kantonsrat Damian Hunkeler in diesem Frühjahr. Denn er spricht sich öffentlich für die Erhöhung des Steuerfusses aus. Vor einem Jahr klang das noch ganz anders. Wie er seine 180-Grad-Drehung erklärt.

Im Kantonsrat hält er die liberale Flagge hoch und gilt als eiserner Verfechter der freien Marktwirtschaft. In seinen Voten im Kantonsrat wird dies Mal für Mal deutlich ersichtlich. Bei den politischen Gegnern provoziert er dafür öfters rollende Augen. Und er ist vehementer Verteidiger tiefer Steuersätze. Doch für die kommende Abstimmung legt er eine glatte Kehrtwende hin: FDP-Parlamentarier Damian Hunkeler weibelt derzeit gegen das SVP-Referendum und für die Erhöhung des Steuerfusses von 1,6 auf 1,7 Einheiten (zentralplus berichtete) – die Vorlage hat grossen Einfluss auf den finanzpolitischen Handlungsspielraum des Kantons (zentralplus berichtete).

«Keine Denkverbote»

Das war im Frühling vor zwei Jahren noch ganz anders. Auf «Vimentis» gab er als Kantonsratskandidat an, er sei klar dafür, dass die auf zwei Jahre befristete Steuerfusserhöhung von 1,5 auf 1,6 wie geplant wieder aufgehoben werden müsse. Der Kanton solle stattdessen Massnahmen auf der Ausgabenseite ergreifen, um das defizitäre Budget zu beheben. Und noch im Sommer 2016 sagte Hunkeler im Kantonsrat: «Keinesfalls bieten wir Hand zu weiteren Steuererhöhungen.»

Für Damian Hunkeler wäre die einzige Alternative zu einer Steuererhöhung weitere Schulden für den Kanton.

Für Damian Hunkeler wäre die einzige Alternative zu einer Steuererhöhung weitere Schulden für den Kanton.

(Bild: gwa)

Das war in der Eintrittsdebatte über das Sparpaket im Rahmen des Konsolidierungsprogramm KP 17. In seinem Eintrittsvotum forderte das Mitglied der Planungs- und Finanzkommission (PFK) «keine Denkverbote». Die Partei lehne eine Steuererhöhung auch aus dem einfachen Grund ab, weil dies eine fahrlässige Massnahme wäre, proklamierte Hunkeler. Denn «durch ein sehr wahrscheinliches Referendum könnte das Volk diese Steuererhöhung im Frühsommer 2017 ablehnen und diesen Scherbenhaufen wollen wir nicht in Kauf nehmen». Doch es kam alles ganz anders.

Fehlende NAF-Gelder änderten alles

Kurz nach der Debatte unterrichtete Marcel Schwerzmann die verdutzten Kantonsräte und die Öffentlichkeit darüber, dass die Gelder aus dem nationalen Ausgleichsfonds (NAF) bei Weitem nicht im budgetierten Rahmen erfolgen würden – insgesamt 190 Millionen, über drei Jahre verteilt, fehlten plötzlich zusätzlich in der Staatskasse. Schwerzmann wusste dies bereits seit Monaten – und hielt diese dezisive Information zurück. Dafür handelte er sich später einen Rüffel ein (zentralplus berichtete).

Das änderte alles – inzwischen weibeln selbst die aufrechtesten Liberalen für eine Steuererhöhung. Hunkeler verficht die Steuererhöhung gar aktiv, etwa an der Delegiertenversammlung der FDP Anfang April. Er debattierte zusammen mit CVP-Kantonsrätin Inge Lichtsteiner gegen das durch SVP-Kantonsrätin Angela Lüthold und SVP-Kantonsrat Pius Müller vertretene Nein-Lager.

«Zu diesem Zeitpunkt bestand kurzfristig kein Sparpotenzial.»

Damian Hunkeler, Kantonsrat FDP

Wie fühlt sich das an, plötzlich eine Kehrtwende hinzulegen? «Ich hätte mir vor einem halben Jahr tatsächlich nicht vorstellen können, eine Steuererhöhung zu unterstützen», gesteht Hunkeler unumwunden ein. «Natürlich tut es weh, nun bei der Bevölkerung doch höhere Steuern einzufordern.»

Ein Nein schade dem Image

Doch kurzfristig sei es einfach nicht möglich gewesen, zusätzliche Millionen zu sparen. Ausserdem wäre ein Nein zum Budget und damit die Fortsetzung des budgetlosen Zustandes unhaltbar: «Diese Unsicherheit würde dem Image des Kantons schaden. Wir brauchen eine gewisse Konstanz.» Hunkeler sagt, die Planungs- und Finanzkommission habe ihren Job gemacht: «Unsere Aufgabe, über drei Jahre hinweg rund 235 Millionen im Rahmen des KP 17 einzusparen, haben wir erreicht.» Den Vorwurf der Windfahne lässt Hunkeler nicht gelten: «Im Gegenteil, unsere Haltung ist konsequent und schlüssig.»

Die einzige Alternative zur Steuererhöhung seien Schulden: «Zu diesem Zeitpunkt besteht kurzfristig kein Sparpotenzial.» Doch wo sieht Hunkeler mittel- und langfristig weitere Möglichkeiten, Geld auf die hohe Kante zu legen? Schliesslich wird vor allem nach dem Rasenmäherprinzip vorgegangen, sprich, es werden globale Budgets um einen bestimmen Betrag gekürzt. Der Kantonsrat diskutiert selten über konkrete Leistungen wie etwa Stipendien oder Prämienverbilligungen, die eingespart werden sollten.

Hunkeler sieht Regierung in der Verantwortung

Welche Aufgaben sind in den Augen des FDP-Politikers nicht vom Staat zu erfüllen? Hunkeler möchte keine konkreten Beispiele nennen: «Das wird von den Betroffenen sofort emotional bekämpft.» Es sei die Verantwortung des Parlamentes, die Sparentscheide zu treffen – aber die Aufgabe des Regierungsrates, die entsprechenden Sparvorschläge zu unterbreiten. Hunkeler vergleicht die Situation in einer Firma: «Der Kantonsrat ist der Verwaltungsrat, wir legen die Strategie fest. Die Umsetzung ist Sache der Geschäftsleitung, sprich der Regierung.»

Ausserdem sei die politische Umsetzung von handfestem Leistungsabbau, wie beispielsweise der Halbierung der Musikschulbeiträge, die am 21. Mai ebenfalls an die Urne kommen, schwierig. Innerhalb der Planungs- und Finanzkommission habe man bereits in einigen Fällen konkrete Leistungen einsparen wollen. «Doch der verantwortliche Regierungsrat war anderer Meinung und sparte das Geld einfach in einem anderen Bereich innerhalb seines Budgets ein.»

Ist die Finanzstrategie auf Kurs?

Diese Worte finden bei der Regierung wenig Gehör. Denn Regierungsrat Marcel Schwerzmann verweist immer wieder darauf, dass er nicht alleine in der Verantwortung stehe: «Der Gesetzgeber soll sich einigen und Gesetze so machen, dass es weniger Ausgaben gibt», regte Schwerzmann im zentralplus-Steuerduell an. Die beiden Seiten betreiben hier ein munteres Schwarzpeterspiel.

Hunkeler ist trotz der schwierigen finanzpolitischen Lage des Kantons von der derzeitigen Finanzstrategie des Kantons überzeugt: «Ein Blick in die Bücher zeigt, dass Luzern dank der Unternehmenssteuern bei den direkten Bundessteuern zulegen konnte.» Die Zunahme der Steuereinnahmen bei den natürlichen Personen sind für Hunkeler ebenfalls ein Zeichen für den Erfolg der Strategie: «Das beweist, dass der Kanton zahlungskräftige Personen anzieht.»

«Steuererhöhung ist ein soziales Instrument»

Dass die Zahlungen aus dem NAF zurückgehen, sei ein weiteres Indiz dafür, dass der Kanton in der richtigen Spur ist. Weil Luzern an wirtschaftlicher Kraft zulegt, gehen die Zahlungen zurück. Aus Sicht von Hunkeler ein klarer Fehlanreiz: «Bundesbern müsste das komplexe Instrument so anpassen, dass die haushälterischen Kantone nicht bestraft werden.»

Damian Hunkeler sieht trotz schwieriger finanzpolitischer Lage positiv in die Zukunft.

Damian Hunkeler sieht trotz schwieriger finanzpolitischer Lage positiv in die Zukunft.

(Bild: gwa)

Doch zurück nach Luzern: Für Hunkeler ist die Steuererhöhung «ein soziales Instrument, da sie leistungsstarken Steuerzahler stärker belastet». Damit hat es sich dann auch mit den politischen Zugeständnissen – und Hunkeler ist wieder ganz der Alte. Denn der erhöhte Steuerfuss ist für den Kantonsrat lediglich eine mittelfristige Lösung: «Mein Ziel ist es, die Steuern möglichst bald wieder zu senken.» Den Titel «liberaler Vordenker», den gibt Hunkeler lachend zurück: «Das wäre zu hoch gegriffen und etwas gar zu viel der Ehre.»

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