Ulkige Tipps aus dem «Zuger Hausbuch» von 1940

So verjagen Sie Schwaben aus der Küche

Das Zuger Hausbuch bot früher Tipps und Tricks für junge Eheleute.

(Bild: fotolia/Montage: wia)

Frisch vermählte Zuger Paare erhielten früher das «Zuger Hausbuch» geschenkt. Von der Schwangerschaft bis hin zum Pelzkauf wurde darin alles abgehandelt, was die geneigte Hausfrau wissen musste. Wir haben geblättert, gestaunt und geschmunzelt, und uns dabei in eine unkompliziertere Zeit gewünscht.

Das heutige Leben ist schwer. Da wird erwartet, dass man massig Geld verdient, drei Mal die Woche ins Fitnesscenter geht, weiss, wie man vegan kocht, Kinder artgerecht grosszieht, die Steuererklärung termingerecht erledigt. Man muss Rotweinflecken aus dem weissen Calvin-Klein-Hemd bringen und dabei auch noch ein faltenloses Gesicht vorweisen.

Früher, da war das Leben viel leichter. Vor allem für unsere Zuger Vorfahren. Frischvermählte hierzulande erhielten nämlich nach der Heirat ein Exemplar des Zuger Hausbuchs geschenkt. Und dort steht so ziemlich alles drin, was man im Leben wissen musste. Auf der Suche nach Einfachheit führen auch wir uns das Buch von 1940 zu Gemüte. Und merken: Auch wenn wir heute nicht mehr so genau wissen müssen, aus welchen Stoffen die Mitgift genau zu bestehen hat oder wie man Hirnschnitten kocht, so sind einige der Tipps und Tricks noch heute nützlich. Und der mütterliche Ton, in dem das Zuger Hausbuch gehalten ist, hat gar etwas Tröstliches. Wer sonst erklärt einem geraderaus, dass das Austragen von Sonntagskleidern bei Haushaltsarbeiten stillos sei und den Geschmack verderbe?

Achtung, liebe Hausfrau. Die Aufmachung zuhause ist genauso wichtig wie das Styling auf der Strasse.

Achtung, liebe Hausfrau. Die Aufmachung zuhause ist genauso wichtig wie das Styling auf der Strasse.

(Bild: Zuger Hausbuch)

Verkehrt ist sicher auch nicht die Ansicht der Autoren, dass man gar keine riesige Kleiderauswahl haben muss, um adrett daherzukommen. «In erster Linie kommt es darauf an, dass Kleidung und Trägerin zueinander passen und einen sichern persönlichen Stil verraten.»

Modische Entwarnung gibt’s für den Zuger Mann, denn «dessen hauptsächlichstes Modestück ist die Krawatte». Den ganzen Hipstermist können Sie also vergessen. Naja, ausser die schmale Wollkrawatte natürlich. Ein Zeichen, dass die heutige Modewelt noch nicht vollständig zugrunde gehen wird.

Was sich jede Frau wünscht!

Über Mode hat das Zuger Hausbuch tatsächlich so einiges zu sagen. So etwa über den Pelz: «Pelz ziert, alle Lebensalter! Die Wünsche jeder Frau sind edle Pelze.» Liebe Herren, jetzt wissen Sie es. Auf den nächsten Geburtstag gibt’s totes Tier für die Herzallerliebste. Und dieser soll zu relativ flachem Schuhwerk getragen werden, wie wir weiter lesen können.

«Der hohe Absatz gilt allgemein nicht nur am sportlichen Schuh als stillos und unpassend.» Vier Zentimeter Maximalhöhe schlägt man vor, und betont: «Es ist ein Unding, dem Fuss zuzumuten, dass er sich nach der modisch betonten Form richten soll.» Weise Worte. Doch nicht nur über die Mode, auch über die zwingende Schönheit der Frau weiss das schlaue Buch einiges zu berichten. Schliesslich ist jeder modernen Frau bekannt, «wie wichtig es ist, schlechtes Aussehen und frühes Altern zu verhüten».

Nun möchten Sie natürlich wissen, wie das geht, so ganz ohne Botox und Black Masks. Ganz leicht. Im «Ratgeber der modernen Hausfrau», wie das Zuger Hausbuch in seiner Ausgabe aus den 60er Jahren genannt wird, bietet man gleich mehrere Tipps und Tricks. Von der Notwendigkeit eines Deodorants über die Vorbeugung des Doppelkinns durch richtiges Lesen bis hin zur Vermeidung unnötigen Schlenkerns der Arme beim Gehen ist alles mit dabei. «Drücken Sie lieber die Ellbogen ganz ungezwungen ein wenig an den Körper», so lautet der Tipp im letzten Fall. Probieren Sie das mal. Kein Wunder, braucht man da ein gutes Deo.

Schön werden ist kein Zuckerschlecken. Hier einfetten, dort anpressen, Brust raus, und bitte nicht am Pickel rumdrücken!

Schön werden ist kein Zuckerschlecken. Hier einfetten, dort anpressen, Brust raus, und bitte nicht am Pickel rumdrücken!

(Bild: Zuger Hausbuch 1960)

Nun, genug der Eitelkeiten. Wenden wir uns dem Haushalt zu, dem Kerngebiet jeder Frau. Das Buch hilft mit der Auswahl leckerer Rezepte, wobei Hirn und Herz eine Hauptrolle spielen. Und wir meinen nicht bei der liebevollen Umsetzung der Mahlzeiten, sondern bei deren Zutaten.

Käseschnitten? Von wegen. Früher gab’s zum Znacht Hirnschnitten für die ganze Familie.

Käseschnitten? Von wegen. Früher gab’s zum Znacht Hirnschnitten für die ganze Familie.

(Bild: Zuger Hausbuch)

In der Ausgabe von 1940 liegt dem Buch sogar ein dünnes Heftchen bei, das den Umgang mit rationierten Lebensmitteln thematisiert. Denn die im Buch niedergeschriebenen Rezepte seien der jungen Hausfrau während der Kriegszeit «mit sieben Siegeln verschlossen». Sparsamkeit gehe vor, und es brauche Kenntnisse, Sorgfalt und Genauigkeit, um eine gesunde Kost auf den Tisch zu stellen. «Tun Sie frohen Mutes Ihr Möglichstes», so die Devise. Und dann richtet sich das Wort an den Hausherrn. Die Botschaft auf gut Deutsch: Tun Sie nicht schwierig und motzen Sie nicht die ganze Zeit übers aufgetischte Essen.

Denn: «Auch in guten Zeiten ist die junge Hausfrau ängstlich auf ihre Kochkunstprobe in der ersten Zeit ihrer Ehe.» Darum solle der Mann doch bitte ein «vergnügtes Gesicht» aufsetzen und sich mit einfachen Gerichten zufrieden geben. – Auch wenn es halt mal nur eine gute Suppe gebe.

Geschätzter Hausherr. Nun stellen Sie sich doch nicht so kompliziert an.

Geschätzter Hausherr. Nun stellen Sie sich doch nicht so kompliziert an.

(Bild: Zuger Hausbuch, Zusatz während der Kriegszeit)

Das Hausbuch erzieht Eheleute nicht nur bezüglich ihres Essverhaltens, sondern berät auch bei der Auswahl einer Wohnung. So solle darauf geachtet werden, dass sich die Wohnung «nicht in unmittelbarer Nähe von Fabrikschornsteinen» befindet. Ausserdem wolle nicht jeder in der Nähe des Friedhofs wohnen, ebenso nicht dicht neben einem Schlachthaus.

Den Industrieschornstein muss man heute zwar suchen, aber neben dem Schlachthaus wollen wir immer noch nicht wohnen.

Den Industrieschornstein muss man heute zwar suchen, aber neben dem Schlachthaus wollen wir immer noch nicht wohnen.

(Bild: Zuger Hausbuch)

Und die Zuger Haushaltsbibel erklärt der Frau von gestern, wie sie die Schwaben und die Russen von der Küche fernhält. Bitte wie? Offener Rassismus im harmlos anmutenden Zuger Hausbuch? Eine vertiefte Recherche auf Google zeigt jedoch auf, dass es sich bei Schwaben und Russen um nichts anderes als um Schaben handelt. Was im Prinzip nicht weniger rassistisch ist.

Offener Rassismus im Haushaltsbuch? Wir vermuten es.

Offener Rassismus im Haushaltsbuch? Wir vermuten es.

(Bild: Zuger Hausbuch)

Nun, auch wenn wir die Schaben heute nicht mehr Russen nennen und das Hirn in den meisten Haushalten doch eher selten aufgetischt wird, so erstaunt es doch, wie viele der Passagen im Zuger Ratgeber aus der Kriegszeit noch heute Bestand haben. Vom unkomplizierten Umgang während der Schwangerschaft: Verlangt die Schwangerschaft nun besondere Rücksichten in der Lebensführung? Vorausgesetzt, dass die Lebensweise vernünftig war und keine übermässigen Anforderungen an die Frau stellte, lautet die Antwort: Nein. Die Schwangerschaft wird auf wenigen Seiten abgehandelt, ebenso das Wochenbett und die Erziehung des Kindchens. Und auch in anderen Bereichen lehrt uns das Zuger Hausbuch einen gesunden Pragmatismus. Vergessen Sie nicht: Fehlt Ihnen mal die Butter, verwenden Sie einfach Quark. So geht das.

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