Zuger Finanzmedium expandiert nach Asien

Alles, was den Lifestyle-Banker interessiert

Claude Baumann, Mitgründer des Finanzportals finews.ch.

(Bild: zvg. Montage)

Vor neun Jahren gründeten drei Journalisten in Zug ein News-Portal für die Finanzbranche. Bis heute wuchs die Seite zu einem heimlichen Riesen an und expandiert sogar nach Asien. Der Gründer Claude Baumann verrät das Rezept. Spoiler: Es gibt keine geheimen Tricks.

Das Online-Portal finews.ch mit Sitz in Zug ist ein heimlicher Kraftprotz: Während die meisten Schweizer Online-Medien akrobatische Sparübungen vollziehen, expandierte das Branchenmagazin für Banken und Versicherungen im letzten Jahr nach Asien. Der Grund für die Expansion scheint keineswegs blosser Optimismus zu sein, die Zahlen des Fachmagazins sprechen für sich: 240’000 User pro Monat surfen durchschnittlich auf der deutsch- und englischsprachigen Seite und rufen das Portal rund 550’000-mal auf, wobei die User dadurch 1,2 Millionen Page Impressions generieren.

Der Gründer von finews.ch Claude Baumann erzählt im Interview, wie man die Konkurrenz aussticht und was einem gute Kontakte zu Schweizer Banken in Hongkong helfen.

zentralplus: Google hat bereits Algorithmen, die besser und schneller News schreiben als Menschen. Hand aufs Herz, Claude Baumann: Gibt’s Roboter in Ihrer Redaktion? 

Claude Baumann: Nein, Roboter haben wir nicht, würden wir wahrscheinlich auch nicht in Betracht ziehen. Das ist vermutlich genau der Unterschied von uns zu anderen Plattformen. Die anderen wirken oft ein wenig computergeneriert. Wir wollen wirklich einen persönlichen Content haben, der auf unserem eigenen Wissen und unseren Erfahrungen basiert.

zentralplus: Einen Kommentar über eine problematische Bemerkung des Euro-Gruppenchefs Jeroen Dijsselbloem übertitelt finews.ch mit «Mr. Euro über Geld, Schnaps und Frauen». Das klingt gar nicht nach trockenen Wirtschaftsnachrichten.

Baumann: Man muss die Texte natürlich entsprechend aufbereiten, damit sie attraktiv sind für die Leser. Aber nicht so, dass es banal oder primitiv wirkt. Es soll durchaus eine gewisse spielerische Komponente haben, man soll schon neugierig werden.

zentralplus: Und auch ein bisschen seinen Lifestyle wiederfinden?

Baumann: Ja, es geht auch um einen gewissen Lifestyle. Das macht es eben auch spannend, dass man wirklich die ganze Palette an Themen, die die Finanzwelt interessiert, abdeckt. Wir wollen also nicht nur fachlich schreiben, sondern eben auch etwas machen – wenn ein Film wie «The Wolf of Wallstreet» in die Kinos kommt, dann decken wir das auch ab. Oder auch wenn eine Bankerin Miss Schweiz wird. Das gehört für uns auch dazu. Aber immer auf eine seriöse fundierte Art, wenn auch ab und zu mit einem Augenzwinkern.

zentralplus: Finanznachrichten mit einem Augenzwinkern. Ist das Ihr Geheimnis?

Baumann: Wir haben immer gesagt, wir müssen in die Qualität investieren. Das heisst vor allem in gute Journalisten. Und mit diesen Journalisten auch gute Inhalte produzieren und nicht der Verlockung nachgeben, einfach Agenturmeldungen abzuschreiben. Wir müssen auch nicht alles abdecken. Wir können Mut zur Lücke beweisen und sagen: Wir machen lieber bloss diese zehn Themen. Die machen wir dafür gut und auf unsere Art.

zentralplus: Zur Gründungszeit von finews.ch 2008 interessierten sich wahrscheinlich besonders viele Leute für Finanzthemen. War die Gründung eine Reaktion auf die Finanzkrise?

Baumann: Nein, gar nicht. Ich war Journalist bei der «Weltwoche» und habe mich dort auf Wirtschaftsthemen spezialisiert. Irgendwann habe ich mir dann überlegt, wieso es eigentlich kein Branchenportal für Banken gibt. Ich habe dann zwei Journalisten gefragt, ob sie das gut finden würden, und wir haben mit einem Webentwickler zusammen das Portal gegründet.

zentralplus: Und gleich darauf zwölf hochkarätige Journalisten bei «cash», dem «Handelsblatt» und bei «Bloomberg News» abgeworben?

Baumann: Nein, bis dahin dauerte es noch eine Weile. Nach einer gewissen Zeit haben wir angefangen, Studenten anzustellen. Wir haben aber gemerkt, wenn wir wirklich inhaltlich gut sein wollen, dann müssen wir erfahrene Journalisten haben. Vor ein paar Jahren haben wir dann angefangen, nur noch erfahrene Journalisten einzustellen. Wir sind inzwischen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zusammen ein eingespieltes Team. So kann man den grossen Output stemmen.

zentralplus: Woher kommen denn die Storys?

Baumann: Einerseits von den offiziellen Pressemitteilungen, die wir redigieren, damit sie für unsere Leser attraktiv werden. Anderseits haben wir ein Beziehungsnetz, das wir jeden Tag aktivieren. Und so kommen wir an unsere Primeure ran. Dann internationale Medien und Fachmedien.

zentralplus: Sie haben Ihren Sitz in Zug, obwohl das grösste Büro in Zürich ist. Steueroptimierung?

Baumann: Nein, überhaupt nicht. Zug ist gerade im Bereich Rohstoffhandel und Hedgefonds ein sehr wichtiges Pflaster, und wir pflegen sehr viele Kontakte in Zug. Ausserdem sind zwei Gründungsmitglieder Zuger.

zentralplus: Gute Kontakte gehören zum Geschäftsmodell von finews.ch. Nun expandieren Sie nach Asien. Geht das gut?

Baumann: Wir haben in Singapur 2015 eine Firma gegründet und das Portal finews.asia 2016 aufgeschaltet. Wir wollen dort nicht gleich eine Redaktion mit zehn Leuten aufbauen, das Risiko soll immer überschaubar bleiben. Wir haben aber den Vorteil, dass Schweizer Banken in Asien sehr präsent sind und wir viele Kontakte aus der Schweiz auch für das asiatische Portal benutzen können. Und die vorhandenen Kontakte öffnen uns natürlich auch wichtige Türen in Singapur oder Hongkong.

zentralplus: Ist das die Zukunft für den Online-Journalismus? Dass man auch online vermehrt auf spezialisierte Medien setzt, anstatt alles abdecken zu wollen?

Baumann: Ich denke schon. Breitere Medien wird es wahrscheinlich immer geben. Aber ich denke, man kann sich heute nur behaupten, wenn man sich auf ein Gebiet fokussiert und das dafür so gut wie möglich abdeckt. Das gibt dem Medium auch eine schärfere Kontur von aussen.

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